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NY71T2 - Ihr Denken entscheidet darüber, was Sie sind
Zweite öffentliche Rede in New York, USA, am 18. April 1971



0:25 Wir haben gestern über die Bedeutung von Beziehungen nachgedacht, und darüber, wie wir immer in der Vergangenheit leben. Wir möchten herausfinden, ob es überhaupt möglich ist, unsere Lebensweise radikal zu verändern.
1:04 Wir werden gemeinsam der Frage nachgehen, was im Bewusstsein verborgen ist, in den tieferen Schichten des Geistes, was gemeinhin das Unbewusste genannt wird. Denn es liegt uns daran, in uns selbst, und folglich in der Gesellschaft eine radikale Revolution herbeizuführen. Die physische Revolution, die heutzutage überall in der Welt propagiert wird, führt nicht dazu, den Menschen fundamental zu verändern.
2:12 Und es ist unabdingbar, dass in einer korrupten Gesellschaft, wie sie hier und in Europa und in Indien und anderswo existiert, ein fundamentaler Wandel in eben jener Gesellschaftsstruktur geschieht. Wenn der Mensch selbst korrupt bleibt, in seinen Handlungen, wird er jedwede Struktur beseitigen, wie perfekt diese auch sein mag. Es ist also ein Gebot der Stunde, absolut essentiell, dass er umkehrt.
3:01 Kann dieser Wandel graduell bewirkt werden, über eine gewisse Zeitspanne hinweg, durch allmähliche Errungenschaften, durch einen allmählichen Wandel, oder wird sich dieser Wandel in einem einzigen Augenblick vollziehen? Das werden wir jetzt gemeinsam untersuchen.
3:37 Wir erkennen, dass ein Wandel in uns selbst stattfinden muss. Je sensibler, je wacher und je intelligenter wir sind, desto mehr erkennen wir, dass ein tiefer, bleibender, lebendiger Wandel unumgänglich ist. Der Inhalt des Bewusstseins macht das Bewusstsein aus, beide sind nicht voneinander getrennt. Was in das Bewusstsein eingepflanzt wurde, macht das Bewusstsein aus. Um einen Wandel im Bewusstsein herbeizuführen, sowohl im oberflächlichen wie im versteckten, ist man dafür auf eine die Analyse angewiesen? Ist man auf Zeit angewiesen, oder ein Einwirken der Umgebung, oder sollte der Wandel völlig unabhängig von jeglichem Druck geschehen, von jeglicher Anstrengung, jeglichem Zwang?
5:24 Wissen Sie, es wird nicht einfach sein, dieser Frage nachzugehen, denn sie ist ziemlich umfangreich, und ich hoffe, dass wir beide in der Lage sein werden, das Gesagte zu teilen. Ich weiß nicht recht, wo wir anfangen sollen, wissen Sie es? Sehen Sie, wenn diese Angelegenheit nicht sehr ernsthaft behandelt wird, wenn wir uns nicht wirklich bemühen, mit tiefem Interesse, mit Leidenschaft, fürchte ich, dass wir nicht sehr weit kommen werden. Weit kommen nicht im zeitlichen oder räumlichen Sinn, sondern in uns selbst, in der Tiefe. Dafür benötigen wir außerordentliche Leidenschaft, außerordentlich viel Energie, doch die meisten von uns verschwenden ihre Energie in Konflikten, und um diese ganze Angelegenheit des Daseins zu untersuchen, wird Energie benötigt. Energie stellt sich ein, wenn eine Veränderung möglich ist. Wenn keine Veränderung möglich ist, verkümmert die Energie.
7:24 Wir glauben, dass wir uns unmöglich verändern können, wir akzeptieren die Dinge so wie sie sind, und werden dabei ziemlich mutlos, deprimiert, und unsicher und verwirrt. Eine radikale Veränderung ist möglich, und das werden wir untersuchen. Wenn Sie den Worten des Sprechers nicht genau folgen, sondern seine Worte als Spiegel benutzen, um sich selbst zu beobachten, und um mit Leidenschaft, mit Interesse, mit Lebendigkeit, und mit viel Energie nachzuforschen, dann werden wir möglicherweise an einen Punkt gelangen, an dem offenbar wird, dass der radikale Wandel geschieht, ohne jegliche Anstrengung, ohne jegliches Motiv.
8:58 Wie wir gestern sagten, gibt es nicht nur das oberflächliche Wissen über unser Selbst, sondern es gibt auch den tiefen, versteckten Inhalt unseres Bewusstseins. Wie wird man dem auf die Spur kommen? Wie kann man diesen gesamten Inhalt aufdecken? Sollte das nach und nach, langsam, allmählich geschehen, oder sollte der Inhalt vollkommen aufgedeckt und augenblicklich verstanden werden, wobei der gesamte analytische Prozess ein Ende findet?
10:04 Wir werden jetzt dieses Thema der Analyse untersuchen. Für mich, den Sprecher, ist die Analyse eine Weigerung zu handeln, da eine Handlung immer in der Gegenwart stattfindet. Handlung bedeutet nicht 'getan haben' oder 'tun werden', sondern tun. Die Analyse verhindert ein Handeln in der Gegenwart, denn die Analyse beinhaltet Zeit, sozusagen ein schrittweises Freilegen aller Schichten, wobei jede Schicht untersucht und der Inhalt jeder Schicht analysiert wird. Und wenn diese Analyse nicht vollkommen, vollständig, wahrhaftig ist, dann wird diese Analyse, da sie unvollständig ist, ein Wissen hinterlassen, das nicht allumfassend ist. Dann basiert die darauf folgende Analyse auf diesem Unvollständigen. Können wir all dem folgen?
12:06 Sehen Sie, ich beobachte mich, ich analysiere mich, und wenn meine Analyse nicht vollständig, wahrhaftig ist, dann wird aus dieser Analyse das Wissen, mit dem ich die nächste Schicht analysiere. Dieser Prozess bewirkt, dass jede Analyse unvollständig bleibt, was zu weiteren Konflikten führt und ein Handeln verhindert. Soll ich fortfahren? In der Analyse gibt es den Analysierenden und denjenigen, der analysiert wird, sei der Analysierende nun ein Fachmann oder Sie selbst, der Laie. Es gibt diese Dualität, den Analysierenden, der analysiert, der etwas analysiert, von dem er glaubt, es sei von ihm verschieden. Und der Analysierende, was ist er? Er ist die Vergangenheit, Er ist das angesammelte Wissen von all den Dingen, die er analysiert hat. Und mit diesem Wissen aus der Vergangenheit analysiert er die Gegenwart.
14:05 Dieser Prozess birgt Konflikt in sich, denn es wird nach Entsprechungen gesucht, oder dem Analysierten wird eine Richtung vorgegeben. Und in der Analyse gibt es diesen gesamten Prozess des Träumens. Ich weiß nicht, ob Sie sich jemals damit befasst haben, vielleicht haben Sie auch Bücher darüber gelesen. Das wäre sehr bedauerlich, denn dann wiederholen sie nur, was andere Leute gesagt haben, wie spezialisiert, wie berühmt diese auch sein mögen. Aber wenn Sie nicht all diese Bücher lesen, das tut der Sprecher auch nicht, denn sie sind ziemlich langweilig, dann müssen Sie selbst nachforschen, das wird dann viel spannender, viel origineller, viel direkter und wahrhaftig.
15:30 Im Prozess der Analyse gibt es diese Traumwelt, und wir akzeptieren, dass Träume notwendig sind, da die Fachleute gesagt haben, dass Sie träumen müssen, um nicht verrückt zu werden, und darin liegt eine gewisse Wahrheit. Was sind Träume? All diese Fragen untersuchen wir, da wir versuchen, herauszufinden, ob ein radikaler Wandel möglich ist. Inmitten all dieser Verwirrung, diesem Leid, all dem Haß in der Welt, all dieser Brutalität, in der es kein Mitleid gibt muss man diese Dinge hinterfragen, wenn man es ernst meint. Unser Nachforschen dient nicht nur einer intellektuellen Unterhaltung, sondern wir versuchen wirklich herauszufinden, ob eine Umkehr möglich ist. Wenn Sie die Möglichkeit eines Wandels erkennen, egal, wie wir sein mögen, wie seicht, wie oberflächlich, wie sehr wir uns wiederholen oder andere nachahmen; Wenn wir erkennen, dass ein radikaler Wandel möglich ist, dann haben wir die Energie, um uns zu verändern. Wenn wir diese Möglichkeit bestreiten, wird die Energie vergeudet.
17:34 Wir untersuchen also diese Frage, ob die Analyse tatsächlich einen radikalen Wandel herbeiführen kann, oder ob sie lediglich eine intellektuelle Unterhaltung ist, um ein Handeln zu umgehen. Wie wir sagten, setzt die Analyse voraus, dass wir in die Traumwelt eindringen. Was sind Träume? Wie entstehen diese Träume? Ich weiß nicht, ob Sie das untersucht haben. Wenn Sie es getan haben, werden Sie sehen, dass Träume die Fortsetzung unseres Alltags sind. Was Sie während des Tages machen, all das Unheil, die Korruption, der Hass, die flüchtigen Freuden, die Begierden, die Schuldgefühle, usw, all das findet seine Fortsetzung in der Traumwelt, in der Form von Symbolen, Bildern und Metaphern. Diese Bilder und Metaphern müssen interpretiert werden, wodurch all diese Aufregung und Unwirklichkeit verursacht wird.
19:58 Man fragt sich nie, weshalb man überhaupt träumen sollte. Man hat akzeptiert, dass Träume essentiell sind, ein Teil des Lebens. Wir fragen uns nun, wenn Sie mir folgen, weshalb wir überhaupt träumen? Ist es möglich, beim Einschlafen einen vollkommen stillen Geist zu haben? Denn nur in diesem stillen Zustand wird er sich erneuern, er entleert sich seines gesamten Inhalts, so dass er frisch wird und jung, selbstbestimmt und klar.
21:03 Wenn Träume die Fortsetzung unseres Alltags sind, unseres täglichen Aufruhrs, der Angst, des Sicherheitsstrebens, der Bindungen, dann ist es unumgänglich, dass Träume in ihrer symbolischen Form notwendig sind. Das ist klar, nicht wahr? Man fragt sich, weshalb man überhaupt träumen sollte, weshalb die Gehirnzellen nicht zur Ruhe kommen und die täglichen Geschäfte hinter sich lassen können.
22:07 Um das herauszufinden, versuchsweise, ohne zu akzeptieren, was der Sprecher sagt, tun Sie das bitte um Himmels Willen nie, denn wir teilen gemeinsam, wir erforschen gemeinsam. Um das versuchsweise herauszufinden, können Sie es ausprobieren, indem Sie den ganzen Tag lang vollkommen aufmerksam sind, Ihre Gedanken beobachten, Ihre Motive, Ihre Sprache, wie Sie gehen und wie Sie reden. Wenn Sie in dieser Weise achtsam sind, wird sich das Unterbewusstsein melden, die tieferen Schichten, denn dann haben Sie Zugang zu all den versteckten Motiven, all den Ängsten, und der Inhalt des Unbewussten wird freigelegt. Wenn Sie dann einschlafen, werden Sie feststellen, dass Ihr Geist und mit ihm auch Ihr Verstand außerordentlich still ist, er ruht sich aus, denn Sie haben mit dem, was Sie den Tag über getan haben, abgeschlossen.
24:01 Ich weiß nicht, ob Sie jemals den Tag haben Revue passieren lassen, wenn Sie schlafen gehen. Gehen Sie nicht noch einmal durch, was Sie den Tag über gemacht haben? Sagen Sie nicht, ich hätte das machen, jenes besser lassen sollen? es wäre so besser gesagt gewesen, wenn ich jenes nur nicht gesagt hätte. Das heißt, wenn Sie die Geschehnisse des Tages Revue passieren lassen, versuchen Sie Ordnung zu schaffen. Bitte seien Sie aufmerksam. Sie versuchen Ordnung zu schaffen, bevor Sie einschlafen. Und wenn Sie vor dem Einschlafen keine Ordnung schaffen, versucht das Gehirn Ordnung zu schaffen, während Sie schlafen. Denn das Gehirn funktioniert nur einwandfrei, wenn Ordnung da ist, nicht, wenn Unordnung herrscht. Es ist am leistungsfähigsten, wenn vollkommene Ordnung da ist, sei diese neurotisch oder vernünftig. Folgen Sie all dem? Denn in einer Neurose, einem Ungleichgewicht, herrscht Ordnung, und das Gehirn akzeptiert diese Ordnung.
26:10 Wenn Sie also alle Geschehnisse des Tages Revue passieren lassen, vor dem Einschlafen, dann versuchen Sie Ordnung zu schaffen, so dass das Gehirn keine Ordnung zu schaffen braucht, während Sie schlafen, denn Sie haben das tagsüber getan. Wenn Sie tagsüber in jeder Minute diese Ordnung schaffen, das heißt, wenn Sie alles, was geschieht, genau wahrnehmen, im Außen wie im Innen. Folgen Sie? Das Außen bezieht sich auf die Unordnung um Sie herum, die Grausamkeit, die Gleichgültigkeit, die Herzlosigkeit, den Dreck, das Elend, die Streitereien, die Politiker mit ihren Machenschaften, Sie wissen, was vor sich geht. Und Ihre Beziehung zu Ihrem Mann, Ihrer Frau, zu Ihrem Mädchen oder Jungen, wenn Sie sich tagsüber all dessen gewahr sind, ohne es ändern zu wollen, sich dessen nur bewusst sind. Sobald Sie versuchen, etwas zu ändern, schaffen Sie Unordnung. Doch wenn Sie einfach nur das beobachten, was ist, dann ist das was ist Ordnung.
27:52 Nur wenn Sie versuchen, das was ist zu verändern, entsteht Unordnung, denn Sie möchten mit dem Wissen, das Sie erworben haben, Änderungen herbeiführen. Dieses Wissen ist die Vergangenheit, und Sie versuchen, das, was ist, das nicht die Vergangenheit ist, mithilfe des Erlernten zu verändern. Es gibt also einen Widerspruch, es gibt eine Verzerrung, es gibt Unordnung.
28:31 Ich hoffe, Sie strengen sich ebenso an wie der Sprecher. Darf ich meinen Mantel ausziehen?
29:02 Wenn Sie also während des Tages achtsam sind, Ihre Gedankengänge beobachten, Ihre Motive, die Scheinheiligkeit, das falsche Gerede, eine Sache tun und etwas anderes sagen, etwas anderes denken, die Täuschungsmanöver, die Masken, die Sie tragen, die unterschiedlichen Tricks, derer man sich so bereitwillig bedient. Wenn Sie sich all dessen den ganzen Tag über bewusst sind, müssen Sie vor dem Einschlafen keine Bilanz ziehen, denn Sie schaffen in jeder Minute Ordnung. Wenn Sie dann einschlafen, werden Sie feststellen, dass Ihre Gehirnzellen, die alles gespeichert haben und die Vergangenheit in sich tragen, vollkommen still werden. Ihr Schlaf wird dann etwas vollkommen anderes sein. In diesem Schlaf ist der Geist, wenn wir das Wort Geist benutzen, schließen wir das Gehirn mit ein, das gesamte Nervensystem, alle Neigungen. Der Geist umfasst die gesamte menschliche Struktur. Wenn wir dieses Wort gebrauchen, meinen wir all das, nicht etwas Separates. Darin ist der Intellekt, das Herz, das gesamte Nervensystem mit eingeschlossen. Wenn Sie dann einschlafen, hat der analytische Prozess vollkommen aufgehört. Nach dem Aufwachen sehen Sie die Dinge dann genau so wie sie sind, nicht so, wie Sie sie interpretieren, oder mit Ihrem Wunsch, sie zu verändern.
31:59 Deshalb meint der Sprecher, dass die Analyse ein Handeln verhindert. Und ein Handeln ist unbedingt notwendig, jetzt, um diesen radikalen Wandel herbeizuführen. Also ist die Analyse nicht der Weg. Akzeptieren Sie bitte nicht, was der Sprecher sagt, beobachten Sie es selbst, machen Sie Ihre Erfahrungen, nicht durch mich, sondern beobachten Sie, was die Analyse beinhaltet: Zeit, den Analytiker, und denjenigen, den er analysiert, der Analytiker ist das Analysierte. Und jede Analyse muss vollständig sein, da sonst die nächste Analyse dadurch entstellt wird. So gesehen, ist dieser gesamte Prozess der Analyse, egal ob nach innen gerichtet oder intellektuell, vollkommen falsch. Er ist kein Ausweg. Er mag für eine mehr oder weniger labile Persönlichkeit notwendig sein, und vielleicht sind ja die meisten von uns labil. Doch ist das nicht der Ausweg.
33:56 Wir müssen also einen Weg finden, um unseren gesamten Bewusstseinsinhalt ohne den Analytiker betrachten zu können. Folgen Sie mir? Wissen Sie, es macht großen Spaß, all das zu untersuchen, denn dann haben Sie alles, was je darüber gesagt wurde, vollkommen abgelehnt. Nein, bitte lachen Sie nicht. Denn dann sind Sie auf sich gestellt, und Sie finden es selbst heraus. Es wird authentisch sein, real und wahrhaftig. Es wird von keinem Professor, Psychologen oder Analytiker abhängen.
35:01 Man muss also einen Weg finden, zu beobachten ohne zu analysieren. Ich werde das erläutern. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?
35:22 Nein.
35:24 Dies ist keine Gruppentherapie. Dies ist keine öffentliche Beichte. Der Sprecher analysiert Sie nicht und versucht auch nicht, Sie zu verändern oder Sie zu wundervollen Menschen zu machen, das müssen Sie selbst tun. Und da die meisten von uns Menschen aus zweiter oder dritter Hand sind, wird es sehr schwer sein, alles vollkommen beiseite zu lassen, was uns von professioneller Seite aufgedrängt wurde, sei es religiöser oder wissenschaftlicher Art. Wir müssen selbst dahinterkommen.
36:22 Und wenn die Analyse nicht der Weg ist, und was den Sprecher anbelangt, ist sie es nicht, denn er hat logisch erklärt weshalb, wie ist es dann möglich, den gesamten Bewusstseinsinhalt zu untersuchen oder wahrzunehmen? Und woraus besteht der gesamte Inhalt? Woraus besteht der Inhalt des Bewusstseins? Wiederholen Sie bitte nicht, was andere gesagt haben. Woraus besteht Ihr gesamter Inhalt? Haben Sie ihn jemals angeschaut, haben Sie ihn jemals wahrgenommen? Wenn ja, ist es so, dass er aus all den gespeicherten Ereignissen, Geschehnissen besteht, ob nun angenehmer oder unangenehmer Art, den diversen Glaubensinhalten, Traditionen, den diversen persönlichen Erinnerungen, der Prägung durch die Rasse, die Famlie, der Kultur, in der man aufgewachsen ist, all das ist der Inhalt, nicht wahr? Man kam in Indien als Hindu auf die Welt, als Brahmane usw, mit all den Traditionen und dem Aberglauben, dem Dogma, den Glaubensinhalten, in denen die Kultur von tausenden von Jahren gespeichert ist. Und alles, was jeden Tag geschieht, die Erinnerungen, all die Schmerzen, die Traurigkeit, die Zwischenfälle, die Beleidigungen, das alles wird gespeichert. Aus all dem setzt sich mein Bewusstsein zusammen, wie auch das Ihre. Sie als Katholik, Protestant, leben in dieser westlichen Welt und sind auf der Suche nach immer mehr, nach einer Welt voller Vergnügen, Unterhaltung, Reichtum, mit dem immerwährenden Geräusch des Fernsehers, den Bildern, der Brutalität, das alles sind Sie, das ist Ihr Inhalt.
40:25 Wie kann all das aufgedeckt werden, und ist es so, dass, wenn es offenbar wird, jedes Ereignis, jedes Geschehen, jede Tradition, jede Verletzung, jeder Schmerz, nach und nach untersucht wird, oder ist es möglich, alles als eine Einheit zu sehen? Folgen Sie all dem? Wenn Sie alles stückweise, nach und nach untersuchen, begeben Sie sich in die Welt der Analyse, und dann gibt es kein Ende, Sie werden analysierend sterben. Die Analytiker werden dabei viel Geld an Ihnen verdienen, wenn das für Sie in Ordnung ist. Oder können wir alles als eine Gesamtheit sehen?
41:40 Wir werden herausfinden, was es mit all den Fragmenten auf sich hat, die das Bewusstsein ausmachen, in ihrer Gesamtheit, nicht analytisch. Kommunizieren wir miteinander?
42:03 Ja.
42:08 Wir werden also herausfinden, wie man wahrnehmen kann, ohne jegliche Analyse. Das heißt, wir haben alles betrachtet, den Baum, die Wolke, Ihre Frau, Ihren Mann, das Mädchen oder den Jungen, alles als Beobachter, der beobachtet. Richtig? Bitte schenken Sie all dem ein wenig Aufmerksamkeit. Sie haben Ihren Ärger betrachtet, Ihre Gier oder Ihre Eifersucht, oder was auch immer, als ein Beobachter, der die Gier beobachtet. Der Beobachter ist die Gier, doch Sie haben den Beobachter von der Gier getrennt, da Ihr Verstand auf den analytischen Prozess konditioniert ist. Daher betrachten Sie immer den Baum, die Wolke, alles im Leben als ein Beobachter, der ein Gegenüber beobachtet. Haben Sie das bemerkt? Sie betrachten Ihre Frau mit dem Bild, das Sie sich von ihr gemacht haben. Dieses Bild ist der Beobachter, dieses Bild ist die Vergangenheit, dieses Bild ist im Laufe der Zeit entstanden. Und der Beobachter ist die Zeit, ist die Vergangenheit, ist das angehäufte Wissen von allen Vorkommnissen, Zufällen, Ereignissen, Erfahrungen, usw. Dieser Beobachter ist die Vergangenheit, und er beobachtet das, was er sieht, als ob er kein Teil davon wäre, sondern davon getrennt.
44:42 Nun, können Sie ohne den Beobachter beobachten? D.h., können Sie den Baum betrachten - bitte hören Sie zu - können Sie den Baum betrachten, ohne Vergangenheit, ohne den Beobachter? Denn wenn der Beobachter da ist, gibt es einen Abstand zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten, dem Baum. Dieser Abstand ist Zeit, weil eine Entfernung vorhanden ist. Diese Zeit enthält Eigenschaften des Beobachters, der die Vergangenheit ist, das angehäufte Wissen, der sagt, das ist der Baum, oder das ist das Bild meiner Frau. Nun, können Sie ohne den Beobachter beobachten?
46:10 D.h., können Sie nicht nur den Baum, sondern auch Ihre Frau oder Ihren Mann ohne eine Vorstellung betrachten? Das erfordert eine enorme Disziplin. Ich werde Ihnen etwas aufzeigen: Disziplin bedeutet normalerweise Konformität, Zwang, Nachahmung, Konflikt zwischen dem, was ist und dem, was sein sollte. Daher gibt es in der Disziplin Konflikt: Unterdrückung, Überwindung, Willensausübung, usw, all das ist in diesem Wort enthalten. Doch die Bedeutung dieses Wortes ist lernen, nicht sich anzupassen, keine Unterdrückung, sondern ein Lernen. Und die Eigenschaft des Geistes, der lernt, hat seine eigene Ordnung, d.h., Disziplin. Wir lernen jetzt, ohne den Beobachter zu beobachten, ohne die Vergangenheit, ohne eine Vorstellung. Wenn Sie das 'was ist' in dieser Weise betrachten, ist das, was tatsächlich ist, etwas Lebendiges, nicht etwas, das wie etwas Totes betrachtet wird, im Lichte eines vergangenen Ereignisses, mit überholtem Wissen.
48:33 Lassen Sie uns das vereinfachen. Sie sagen mir etwas, das mich verletzt, und diese Verletzung, der Schmerz dieser Verletzung, wird aufgezeichnet. Die Erinnerung daran setzt sich fort, und die nächste Verletzung wird wieder aufgezeichnet. In dieser Weise wird die Verletzung von Kindheit an verfestigt. Wenn hingegen etwas schmerzhaft ist, Sie mir etwas Verletzendes sagen, es derart aufmerksam zu beobachten, dass es nicht als Verletzung gespeichert wird. Folgen Sie mir? Sobald es als Verletzung aufgezeichnet wird, wird diese Aufzeichnung fortgesetzt, und Sie werden Ihr Leben lang verletzt werden, weil Sie immer mehr Verletzungen hinzufügen. Hingegen, wenn Sie den Schmerz beobachten, ihn derart ausschließlich beobachten, ohne ihn aufzuzeichnen, d.h., dass Sie Ihre gesamte Aufmerksamkeit augenblicklich dem Schmerz zuwenden. Machen Sie das alles?
50:50 Sehen Sie, wenn Sie spazieren gehen, gibt es alle möglichen Geräusche auf der Straße, viel Geschrei, Vulgarität, Brutalität, der überwältigende Lärm, das ist sehr destruktiv. Je sensibler Sie sind, desto destruktiver wird es, es schädigt Ihren Organismus. Sie widerstehen diesem Schmerz, und errichten eine Mauer. Und wenn Sie eine Mauer errichten, isolieren Sie sich, und bestärken damit die Isolation, die immer mehr Schmerz hervorrufen wird. Wenn Sie diesen Lärm allerdings aufmerksam beobachten, werden Sie sehen, dass Ihr Organismus niemals verletzt wird.
52:12 Wenn Sie dieses eine radikale Prinzip verstehen, werden Sie etwas Unermessliches verstanden haben, dass, wenn ein Beobacher da ist, der sich von dem Beobachteten trennt, Konflikt vorprogrammiert ist. Was Sie auch tun, solange eine Trennung zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten besteht, muss es Konflikt geben. Solange eine Trennung da ist. Solange eine Trennung zwischen Muslimen und Hindus besteht, muss es Konflikt geben. Solange eine Trennung zwischen Katholiken und Protestanten besteht, muss es Konflikt geben. Sie mögen einander tolerieren, was ein intellektuelles Zudecken der Intoleranz ist. Solange eine Trennung zwischen schwarz und weiß und lila und blau und gelb und schwarz besteht, muss es Konflikt geben.
53:28 Solange es eine Trennung zwischen Ihnen und Ihrer Frau gibt, muss es Konflikt geben. Diese Trennung besteht fundamental, grundlegend, solange der Beobachter von dem Beobachteten getrennt ist. Solange ich behaupte, dass der Ärger etwas von mir Getrenntes ist, dass ich den Ärger kontrollieren muss, dass ich ihn verändern muss, dass ich meine Gedanken verändern, kontrollieren muss, gibt es Trennung, infolgedessen Konflikt. Der Konflikt beinhaltet Unterdrückung, Anpassung, Nachahmung, alles ist darin enthalten. Wenn Sie wirklich die Schönheit sehen, die darin liegt, dass der Beobachter das Beobachtete ist, dass die beiden nicht voneinander verschieden sind, dann können Sie ohne Analyse das gesamte Bewusstsein wahrnehmen, Sie sehen augenblicklich den gesamten Inhalt.
55:14 D.h., der Beobachter und der Denker sind eins. Wir haben dem Denker so viel Bedeutung beigemessen, nicht wahr? Wir leben durch das Denken, wir agieren durch das Denken, unser Denken macht Pläne für unser Leben, unser Handeln wird durch das Denken bestimmt. Das Denken wird in der ganzen Welt als etwas außerordentlich Wichtiges verehrt, da es Teil des Intellekts ist.
56:26 Und das Denken wiederum - bitte folgen Sie dem ein wenig - das Denken hat sich als Denker eigenständig gemacht. Der Denker unterscheidet zwischen guten und unnützen Gedanken. Er bestimmt, welches Ideal das bessere ist, welcher Glaube der bessere ist. Das ist alles das Ergebnis des Denkens, das Denken, das sich eigenständig gemacht hat, sich als Denker, als Erfahrender abgespalten hat. Das Denken hat sich in das höhere und das niedere Selbst aufgeteilt. In Indien nennen sie es den Atman, das Höhere, hier nennen sie es die Seele, oder so ähnlich, doch es ist immer noch der Denkprozess. Das ist klar, nicht wahr? Es ist logisch, nicht irrational.
57:43 Ich werde Ihnen jetzt das Irrationale daran zeigen. All unsere Bücher, unsere Literatur, alles hat seinen Ursprung im Denken. Unsere Beziehungen sind auf Gedanken gegründet, überlegen Sie mal! Meine Frau - ich habe keine - meine Frau ist das Bild, das ich durch das Denken erschaffen habe. Dieses Denken setzt sich aus der Nörgelei zusammen, Sie kennen die Dinge, die zwischen Eheleuten vor sich gehen, Vergnügen, Sex, Ärger, Ablehnung, all das geschieht, all die ausgrenzenden Instinkte, die sich abspielen. Und unser Denken ist das Ergebnis unserer Beziehung. Was ist das Denken? Wenn Sie gefragt würden, was das Denken ist, bitte wiederholen Sie nicht, was jemand anders gesagt hat, finden Sie es selbst heraus. Was ist das Denken? Sicherlich ist das Denken eine Reaktion auf Erinnerungen. Erinnerung als Wissen, Erinnerung als angesammelte Erfahrung, die in den Gehirnzellen gespeichert wurde. Also speichern die Gehirnzellen die Erinnerung. Wenn Sie gar nicht denken würden, wären Sie in einem Zustand der Amnesie, Sie wären nicht in der Lage, nach Hause zu finden.
1:00:26 Das Denken beruht also auf angehäuften Erinnerungen von Wissen, Erfahrung, ob nun Ihre eigene oder die ererbte oder gemeinschaftliche, usw. Das Denken ist also eine Reaktion auf die Vergangenheit. Es kann in die Zukunft projiziert werden, doch ist es immer noch die Vergangenheit, die gegenwärtig ist und in die Zukunft reicht. Doch es ist immer noch die Vergangenheit. Bene? Soll ich fortfahren? Das Denken ist also nie frei. Wie könnte es? Es kann sich Freiheit vorstellen, es kann sie idealisieren, eine Utopie des Friedens schaffen, doch das Denken selbst ist das Vergangene, deshalb ist es nicht frei und immer alt. Richtig? Bitte, es geht nicht darum, dass Sie dem Sprecher zustimmen, es ist eine Tatsache. Das Denken bestimmt unser Leben und gründet auf der Vergangenheit. Und dieses gestrige Denken bestimmt, was morgen sein soll, also gibt es Konflikt.
1:02:43 Daraus resultiert eine Frage: Für die meisten von uns hat das Denken viel Vergnügen bereitet. Richtig? Das Vergnügen ist ein Leitmotiv in unserem Leben. Wir wollen das weder verurteilen noch befürworten, wir wollen es untersuchen. Vergnügen ist das, wonach wir am meisten streben - hier, in dieser Welt, in der spirituellen Welt, in der himmlischen Welt, falls Sie einen Himmel haben - Vergnügen. Vergnügen in jeglicher Form: Religiöse Unterhaltung, in die Messe gehen, all dieser Zirkus, der im Namen von Religion vor sich geht, und die Lust an einem Ereignis, sei es ein Sonnenuntergang, sei es sexueller Art, oder jegliches sinnliche Vergnügen, es wird aufgezeichnet und kontempliert. Richtig? Die genussvollen Gedanken spielen eine gewaltige Rolle in unserem Leben. Gestern geschah etwas, es war wunderschön, es wird aufgezeichnet. Das Denken kreist immerzu um dieses Ereignis, es möchte, dass es morgen wiederholt wird, sei es sexueller oder anderer Art. Auf diese Weise erhält das Denken ein vergangenes Ereignis am Leben. Ich hoffe, Sie folgen all dem.
1:05:16 Also ist Wissen eben jener Prozess des Aufzeichnens, und gehört der Vergangenheit an. Das Denken ist die Vergangenheit. So wird das Denken als Vergnügen bewahrt. Haben Sie bemerkt, dass das Vergnügen immer der Vergangenheit angehört? Und das Vergnügen, das wir morgen haben wollen, ist eine in die Zukunft projizierte Erinnerung, also Vergangenheit.
1:06:06 Sie können auch beobachten, dass Vergnügen oder der Wunsch danach von Angst begleitet wird. Haben Sie das nicht bemerkt? Die Angst vor dem, was ich gestern getan habe, die Angst vor durchlittenen Schmerzen, physischen Schmerzen, vor einer Woche. Wenn ich daran denke, hört die Angst nicht auf. Dieser Schmerz findet kein Ende. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei, doch ich setze es fort, weil ich ständig daran denke.
1:07:10 Das Denken hält sowohl am Vergnügen als auch am Schmerz fest. Richtig? Verantwortlich dafür ist das Denken. Das Vergnügen, das ich gestern hatte, möchte ich morgen wiederholen. Ich habe etwas getan, oder ich hatte Schmerzen, physische Schmerzen, das muss ich nicht wiederhaben, es ist alles zu schrecklich. Ich denke daran. Die Angst, nicht nur vor der Gegenwart und der Zukunft, die Angst vor dem Tod, die Angst vor dem Unbekannten - so viele Ängste - die Angst, nicht zu genügen, die Angst, nicht geliebt zu werden, der Wunsch, geliebt zu werden, all das geschieht durch den Denkapparat. Es gibt also ein rationales und ein irrationales Denken. Folgen Sie mir?
1:08:33 Denken ist erforderlich, um Dinge zu erledigen, technischer Art, im Büro. Für das Kochen, Abwaschen wird Wissen benötigt. Für das Handeln, das Tun ist logisches Denken erforderlich. Allerdings wird das Denken vollkommen irrational, wenn es am Vergnügen und an der Angst festhält. Dennoch besteht das Denken darauf, das Vergnügen nicht loszulassen, obwohl es weiß, wenn es sensibel und gewahr ist, dass der Schmerz die Kehrseite ist.
1:09:33 Also seien Sie sich des Denkmechanismus bewusst, des komplizierten, scharfsinnigen Denkprozesses. Das ist nicht schwierig. Es ist ganz und gar nicht schwierig, sobald Sie erkannt haben, dass Sie eine vollkommen andere Lebensweise entdecken müssen, eine Lebensweise, in der es keinen Konflikt gibt. Wenn Sie wirklich danach streben, genau so, wie Sie nach dem Vergnügen streben, wenn es Ihr nachdrückliches, leidenschaftliches Anliegen ist, ein innerliches und äußerliches Leben zu leben, in dem es keinerlei Konflikt gibt, dann werden Sie sehen, dass es möglich ist. Wir haben erklärt, dass Konflikte nur auf Trennung beruhen, Trennung zwischen dem Ich und dem Nicht-Ich, ich als Hindu und Sie als Christ, als Kommunist, Sozialist, all der Lärm, der in der Welt ist. Wenn Ihnen das bewusst ist, weder verbal noch intellektuell, denn das ist kein Wahrnehmen, sondern wenn Sie tatsächlich erkennen, dass es keine Trennung zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten gibt, zwischen dem Denker und dem Gedanken, dann erkennen Sie, Sie nehmen das wahr, was ist. Und wenn Sie das, 'was ist', wirklich wahrnehmen, sind Sie schon über das 'was ist' hinausgegangen, dann bleiben Sie nicht bei dem 'was ist'. Sie bleiben nur dabei, wenn der Beobachter von dem, was ist, verschieden ist. Begreifen Sie das? Moment, ich weiß nicht, wie spät es ist, wir werden nachfragen.
1:12:21 Aber bitte begreifen Sie das. Es ist ziemlich komplex, aber eigentlich auch einfach.
1:12:27 F: Könnten Sie den letzten Teil wiederholen?
1:12:32 K: Könnte ich den letzten Teil wiederholen. Ich weiß nicht, was ich gesagt habe. Bitte lachen Sie nicht, es stimmt. Ich habe es wirklich vergessen. Ich werde es anders wiederholen. Ich werde es umformulieren. Wir haben das Leben aufgeteilt in das Ich und das Nicht Ich, wir und sie, eine Trennung auf geografischer, nationaler, religiöser und familiärer Ebene. Diese Trennung ist unvermeidlich, solange sich der Beobachter von dem Beobachteten unterscheidet. Wenn ich mich betrachte als den Beobachter, der sich von dem Beobachteten unterscheidet, dann möchte ich 'was ist' verändern, ich möchte es unterdrücken, darüber hinwegkommen, an meine Vorstellungen anpassen, an ein Ideal, das ich, als Beobachter, entworfen habe. Dann entsteht Konflikt. Aber wenn Sie tatsächlich das, 'was ist' beobachten, ohne den Beobachter, der die Vergangenheit ist, der die Zeit ist, wenn Sie in dieser Weise das, was tatsächlich ist, beobachten, hat das 'was ist' eine gewaltige Veränderung erfahren. Denn es ist nicht mehr 'was ist', etwas, von dem Sie dachten, dass es das ist, es ist etwas vollkommen Neues. Ich werde es Ihnen gleich zeigen. Brauchen Sie Beispiele? Darin bin ich nicht so gut. Sie begreifen das, nicht wahr? Verstehen wir einander?
1:14:54 F: Darf ich Sie etwas fragen?
1:14:58 K: Lassen Sie mich das zu Ende bringen, dann können Sie fragen. Ich weiß nicht, wie spät es ist. Heute Abend haben wir ganz einfach darüber gesprochen, wie wir jeglichen Konflikt in uns beseitigen können. Das ist nur dann möglich, wenn Sie wissen, was Liebe ist, und das geht nur, wenn Sie den gesamten Inhalt Ihres Selbst beobachten können, ohne Analyse. Eine Analyse muss entstehen, wenn es einen Beobachter gibt, einen Denker, der analysiert. Doch der Denker, der Analytiker, der Beobachter ist das Analysierte, ist das, was er im Begriff ist zu analysieren, ist das Denken. Wenn es ein völliges Aufhören dieser Trennung zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten gibt, dann ist 'was ist', nicht länger 'was ist', Sie sind darüber hinausgegangen, der Geist ist darüber hinausgegangen. Fahren Sie fort, was ist Ihre Frage? Wie war die Frage?
1:16:33 F: Ich glaube, ich verstehe, was Sie über den Abstand zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten sagen. Ich überlege, was ich mache, wenn ich morgens aufstehe und mir bewusst ist, dass ich wahrnehme, dort ist der Gegenstand, den ich wahrnehme - ich bin der Beobachter, und dort das, was ich beobachte - was kann ich tun, um das zu verändern? Im Grunde verstehe ich, was Sie sagen, doch ich weiß nicht, was ich tun soll.
1:17:02 K: Ich verstehe die Frage, lautet sie folgendermaßen: Ich wache morgens auf, müde, erschöpft, - warum lachen Sie? - träge, und ich beobachte. Ich möchte nicht aufstehen und all die Routine durchlaufen. Was soll ich tun? Ist das die Frage?
1:17:39 F: Ich fühle mich nicht zwangsläufig so, wenn ich morgens aufwache. Ich sehe den Widerspruch, wenn ich etwas beobachten will und gleichzeitig mit der Situation identifiziert bin. Ich wüsste gern, wie ich diesem Phänomen des Beobachters und des Beobachteten beikommen kann. Kann ich das nicht ändern? Ich kann mit dem, was Sie sagen, nicht einfach übereinstimmen. Irgendwie muss ich etwas tun.
1:18:12 K: Richtig, d.h., es gibt überhaupt keine Identifikation. Wenn Sie sich mit dem Beobachteten identifizieren, handelt es sich immer noch um ein Gedankenmuster, nicht wahr?
1:18:28 F: Richtig, wie komme ich da raus?
1:18:32 K: Ich zeige es Ihnen. Sie kommen da nicht raus. Ich werde es Ihnen zeigen. Erkennen Sie die Wahrheit, dass der Beobachter das Beobachtete ist? Die Wahrheit darin, die Tatsache, die Logik. Erkennen Sie die darin enthaltene Wahrheit, oder nicht?
1:19:15 F: Das einzige, was auftaucht, ist eine Bemerkung. Die Wahrheit gibt es nicht.
1:19:24 K: Die Tatsache existiert nicht?
1:19:26 F: Nein. Ich spüre Zustimmung.
1:19:30 K: Stimmen Sie nicht zu. Sie sehen die Tatsache, nicht wahr? Bitte, es geht nicht darum, zuzustimmen oder abzulehnen, dies ist eine sehr ernste Angelegenheit. Ich wünschte, ich könnte über Meditation sprechen, aber nicht jetzt. Sie hat einen Bezug dazu. Einen Moment, lassen Sie mich dies zu Ende bringen. Bitte erkennen Sie die Tragweite. Die Wahrheit ist, dass ich der Ärger bin, ich bin nicht verschieden vom Ärger, das ist die Wahrheit, nicht wahr? Das ist eine Tatsache, nicht wahr? Ich bin der Ärger, ich bin vom Ärger nicht getrennt. Wenn ich eifersüchtig bin, ist das Ich eifersüchtig, ich bin nicht anders als die Eifersucht. Ich distanziere mich von der Eifersucht, weil ich auf die Eifersucht einwirken möchte, ich möchte sie aufrecht erhalten oder loswerden oder schönreden oder mich über sie langweilen. Doch Tatsache ist, dass das Ich eifersüchtig ist. Das ist eine Tatsache, nicht wahr?
1:21:07 Wie soll ich handeln, wenn ich eifersüchtig bin? Wenn das 'Ich' eifersüchtig ist? Früher dachte ich, ich könnte handeln, indem ich mich von der Eifersucht distanziere. Ich dachte, ich könnte auf sie einwirken, sie unterdrücken, schönreden, davonlaufen, verschiedene Dinge tun. Ich dache, ich tue etwas. Hier habe ich das Gefühl, dass ich nichts tue. Wenn ich sage, dass ich die Eifersucht bin, glaube ich, nichts tun zu können. Das stimmt, nicht wahr? Ich werde es Ihnen zeigen. Sehen Sie, es gibt zwei Arten zu handeln, die Handlung, die stattfindet, wenn Sie von der Eifersucht verschieden sind, was bedeutet, dass die Eifersucht niemals endet. Sie können vor ihr davonlaufen, sie unterdrücken, Sie können sie überwinden, ihr entfliehen usw, doch sie wird zurückkommen, sie wird immer da sein, denn es gibt den Abstand zwischen Ihnen und der Eifersucht. Nun gibt es eine vollkommen andere Handlungsweise, wenn es keinen Abstand gibt, denn dann ist der Beobachter das Beobachtete, er kann nichts ändern. Vorher konnte er etwas ändern, nun ist er ratlos, er ist frustriert, er kann nichts machen. Wenn der Beobachter das Beobachtete ist, ist es ihm unmöglich, zu sagen, dass er nichts tun kann. Er ist was er ist. Er ist die Eifersucht. Und wenn er die Eifersucht ist, was geschieht? Fahren Sie bitte fort.
1:23:59 F: Dann versteht er etwas.
1:24:01 K: Schauen Sie hin. Schauen Sie bitte einen Moment lang hin. Nehmen Sie sich Zeit. Wenn ich erkenne, dass ich verschieden bin von meiner Eifersucht, glaube ich, etwas dagegen tun zu können. Und im Tun entsteht Konflikt. Andererseits, wenn ich die Wahrheit erkenne, dass das Ich die Eifersucht ist, der Beobachter das Beobachtete, was geschieht dann?
1:24:41 F: Es gibt keinen Konflikt.
1:24:44 K: Was geschieht dann? Der Konflikt endet, nicht wahr? Der Konflikt endet. Hier gibt es Konflikt, hier gibt es keinen Konflikt. Also ist der Konflikt die Eifersucht. Haben Sie das verstanden? Bitte begreifen Sie, was ich gesagt habe. Nehmen Sie sich Zeit. Weshalb klatschen Sie?
1:25:25 F: Darf ich eine Frage stellen?
1:25:27 K: Bitte warten Sie einen Augenblick. Es hat Konflikt gegeben, und der Konflikt hat einen Teil meines Leben ausgemacht. Ich habe mit dem Konflikt gelebt, von meiner Geburt an bis ich sterbe. Ich kenne nur Konflikt. Jedoch, wenn der Beobachter das Beobachtete ist, der Denker der Gedanke ist, gibt es keinen Konflikt. Wenn es keinen Konflikt gibt, gibt es keine Eifersucht. Die Eifersucht ist Konflikt, nicht wahr?
1:26:11 F: Irgendwie schon.
1:26:15 F: Darf ich etwas fragen?
1:26:17 K: Haben Sie das verstanden? F: Ja.
1:26:21 K: Es hat eine vollkommene Handlung gegeben, eine Handlung, frei von jeglicher Anstrengung, deshalb ist sie vollkommen, ganz, sie wird sich niemals wiederholen.
1:26:42 F: Darf ich etwas fragen?

K: Ja.
1:26:51 K: Was wollten Sie fragen?
1:26:55 F: Sie sagten, die Analyse sei ein tödliches Werkzeug des Denkens, oder des Bewusstseins. Ich stimme Ihnen da vollkommen zu, und Sie waren im Begriff zu sagen, dass es im Gehirn oder im Denken oder im Bewusstsein Fragmente gibt, die anti-analytisch sind. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diesen Gedanken weiter ausführen könnten.
1:27:23 K: Wovon?
1:27:26 F: Sie erwähnten, dass diese Fragmente keinerlei Konflikt oder Anstrengung darstellen würden. Sie seien anti-analytisch...
1:27:39 K: Sie wiederholen etwas. Was ist die Frage?
1:27:43 F: Ich bitte Sie nur zu erläutern, was Sie mit Fragmenten, die anti-analytisch sind, meinen. Danke.
1:27:56 K: Das habe ich gerade erklärt. Es muss Fragmentierung geben, wenn der Beobachter und das Beobachtete sich voneinander unterscheiden. Das habe ich erklärt. Nicht? Sehen Sie, dies ist keine Debatte. Es ist nichts, das entwickelt werden könnte. Ich bin ziemlich gründlich darauf eingegangen. Wir können natürlich viel mehr Zeit darauf verwenden, denn je tiefer Sie eindringen, desto mehr werden Sie finden. Wir haben unser Leben in viele Fragmente zerlegt, nicht wahr? In den Wissenschaftler, den Geschäftsmann, den Künstler, die Hausfrau, usw. Worauf basiert diese Fragmentierung, was ist ihre Wurzel? Die Wurzel dieser Fragmentierung ist der Beobachter und das Beobachtete. Er ist für die Bruchstücke verantwortlich, für das bruchstückhafte Leben. Ich bin Hindu, Sie sind Katholik, Ich bin Kommunist, Sie ein Bourgeois, immerzu findet Trennung statt. Und ich frage mich, weshalb gibt es diese Trennung? Wodurch wird diese Trennung verursacht? Nicht nur die äußere, wirtschaftliche, soziale Struktur, sondern viel tiefer, wodurch wird diese Trennung verursacht? Diese Trennung, diese Fragmentierung, entsteht durch das Ich und das Nicht-Ich, das Ich, das überlegen sein möchte, berühmt, ehrgeizig, je größer, desto mehr, und das Du, von dir verschieden. Das Ich ist also der Beobachter, das Ich ist die Vergangenheit, das die Gegenwart in die Vergangenheit und die Zukunft aufspaltet. Solange es also den Beobachter, den Denker gibt, den Erfahrenden, muss es Trennung geben. Wir sind gemeinsam darauf gekommen, dass es in der Trennung Eifersucht gibt, den Konflikt mit der Eifersucht, demzufolge ein immerwährender Konflikt. Wenn der Beobachter das Beobachtete ist, hört der Konflikt auf, denn dann hört die Eifersucht auf, weil die Eifersucht Konflikt ist. Eifersucht ist Konflikt, nicht wahr?
1:31:06 F: Ist Eifersucht Teil der menschlichen Natur?
1:31:15 K: Ist Eifersucht Teil der menschlichen Natur. Sind Gewalt und Gier Teil der menschlichen Natur?
1:31:24 F: Ich möchte Sie noch etwas fragen, wenn ich darf. Liege ich richtig oder falsch im Hinblick auf das, was Sie gesagt haben, und um es kurz und bündig auszudrücken: Ein Mensch ist so, wie er in seinem Herzen denkt. Deshalb geben sie Acht auf Ihre Gedanken, und nutzen Sie Ihre Erfahrung.
1:31:49 K: Was? Ich habe Sie nicht ganz verstanden. Wie war die Frage?
1:32:15 F: Ein Mensch ist so, wie er in seinem Herzen denkt. Wir sollten Acht geben auf unsere Gedanken, nicht wahr, und unsere vergangenen Erfahrungen nutzen.
1:32:25 K: Genau das habe ich gesagt, Sie sind was Sie denken. Genau so. Sie sind wie Sie denken was Sie denken. Was Sie denken - dass Sie größer sind als andere, dass Sie anderen unterlegen sind, dass Sie vollkommen sind, dass Sie nicht schön sind, dass Sie ärgerlich sind - Was Sie denken, das sind Sie. Das ist einfach genug, nicht wahr? Bis Sie herausfinden, ob es möglich ist, ein Leben zu leben, in dem das Denken seine rationale Funktion hat, und nicht irrational wird. Das werden wir morgen behandeln. Nein, nächstes Wochenende.
1:33:27 F: Um auf ähnliche Weise fortzufahren: Wenn ich die Eifersucht bin, und das Ich die Eifersucht ist, dann endet der Konflikt, da ich weiß, dass es Eifersucht ist, und sie verschwindet. Doch wenn ich den Straßenlärm höre, und das Ich der Lärm ist und ich der Lärm, wie kann der Konflikt enden, wenn der Lärm für immer weitergeht?
1:33:53 K: Das ist ziemlich einfach. Die Frage ist: Ich gehe die Straße entlang, und der Lärm ist fürchterlich. Wenn ich dann sage, dieser Lärm bin ich, hört der Lärm nicht auf, er geht weiter, das ist doch die Frage? Ich sage nicht, dass ich der Lärm bin. Ich sage nicht, dass ich die Wolke bin, oder der Baum. Weshalb sollte ich sagen, dass ich der Lärm bin? Nein, bitte, lachen Sie nicht. Ich weiß nicht, weshalb Sie über diesen Unsinn lachen. Wir haben eben gesagt, dass, wenn Sie beobachten, wenn Sie sagen, ich höre diesen Lärm, ich höre nichts anderes, ohne Widerstand, dann mag der Lärm für immer weitergehen, er berührt Sie nicht. Sobald Sie widerstehen, d.h., Sie, getrennt von dem Lärm, nicht mit ihm identifiziert. Ich weiß nicht, ob Sie den Unterschied erkennen. Der Lärm geht weiter. Ich kann mich von ihm abschneiden, indem ich ihm widerstehe, eine Mauer zwischen mir und dem Lärm errichten, was geschieht dann? Was geschieht, wenn ich mich gegen etwas sträube? Es gibt Konflikt, nicht wahr? Kann ich diesem Lärm zuhören, ohne jeglichen Widerstand?
1:36:01 F: Ja, wenn Sie wissen, dass der Lärm in einer Stunde aufhören wird.
1:36:05 K: Nein, das ist immer noch Teil Ihres Widerstands.
1:36:11 F: Das heißt, dass ich für den Rest meines Lebens dem Straßenlärm zuhören kann, ich könnte dabei taub werden...
1:36:21 K: Nein, ich meine etwas völlig anderes. Wir sagen, dass es Konflikt geben muss, solange Widerstand da ist. Ob ich mich gegen meine Frau oder meinen Mann sträube, oder gegen das Hundegebell, oder den Straßenlärm, es muss Konflikt geben. Wie kann ich dem Lärm zuhören, ohne Konflikt? Nicht in der Hoffnung, dass er aufhören und nicht ewig weitergehen wird. Wie kann ich dem Lärm zuhören, ohne jeglichen Konflikt? Darüber sprechen wir jetzt. Sie können dem Lärm zuhören, wenn der Geist vollkommen frei von jeglichem Widerstand ist. Nicht nur was den Lärm betrifft, sondern alles im Leben, Ihr Mann, Ihre Frau, Ihre Kinder, die Politiker, hören Sie zu. Was geschieht dann? Ihr Zuhören wird viel scharfsinniger. Sie werden viel sensitiver. Dann ist der Lärm nur ein Teil, er macht nicht die ganze Welt aus. Also ist der eigentliche Vorgang des Zuhörens wichtiger als der Lärm. Das Entscheidende ist das Zuhören, nicht der Lärm.
1:38:10 Ich sollte besser aufhören, es ist zehn nach sieben.