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NY71T4 - Kann der Geist still werden?
Vierte öffentliche Rede in New York, USA,
am 25. April 1971



0:31 K: Wir sagten, dass wir gemeinsam das sehr komplexe Problem behandeln wollten, ob es so etwas wie religiöse Erfahrung gibt, und was es mit der Meditation auf sich hat. Überall in der Welt hat der Mensch immer nach etwas jenseits seines eigenen Todes gesucht, jenseits seiner eigenen Probleme, nach etwas von Bestand, wahrhaftig und zeitlos. Er hat es Gott genannt, er hat ihm so viele Namen gegeben, und die meisten von uns glauben an so etwas in der Art, ohne es jemals wirklich erfahren zu haben.
2:29 Verschiedene Religionen dieser Welt haben uns versprochen, dass wir durch den Glauben an bestimmte Riten, Dogmen und Heilande und durch eine bestimmte Lebensführung diesem Seltsamen, wie auch immer man es bezeichnen möchte, begegnen könnten. Einige haben eine Erfahrung gehabt, entweder abhängig von ihrer Konditionierung, ihrem Glauben, dem Einfluss ihrer Umwelt oder ihrer Kultur. Wenn Sie in Indien geboren wurden, haben Sie einen bestimmten Glauben angenommen, Sie glauben an bestimmte Götter, mit allem, was dazu gehört. Wenn Sie im Westen auf die Welt kamen, wurden Sie durch eine zweitausend Jahre alte Propaganda konditioniert, und Sie sind in einer Reihe von Glaubenssätzen, Dogmen und Riten gefangen.
4:23 Ganz offensichtlich haben Religionen an Bedeutung verloren, denn es hat Kriege im Namen der Religion gegeben, und die Religion gibt keine Antwort auf unsere mannigfachen Probleme. Religionen haben die Menschheit gespalten, in Katholiken, Protestanten, Hindus, Buddhisten, usw. Sie haben in gewisser Weise eine Art von zivilisierendem Einfluss ausgeübt, doch haben sie den Menschen nicht grundlegend verändert. Und wenn man beginnt zu hinterfragen, ob es so etwas wie eine religiöse Erfahrung gibt, und was es mit dieser Erfahrung auf sich hat, weshalb sie überhaupt als religiös bezeichnet werden kann, wenn man dieser Frage nachgeht, bedarf es dafür zu allererst ein großes Maß an Aufrichtigkeit. Es geht nicht darum, einem Prinzip oder einem Glauben treu zu sein, sich dem auch in keiner Weise verpflichtet zu fühlen. Es geht darum, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, ohne jegliche Verzerrung, nicht nur im Außen, sondern auch inwendig, sich niemals etwas vorzumachen. Denn es ist ziemlich einfach, sich etwas vorzumachen, wenn man sich nach einer Erfahrung sehnt, ob religiöser Natur oder wie auch immer, eine Reise machen, usw. Dann werden Sie unweigerlich einer Illusion oder Erfahrung erliegen, abhängig von Ihrer Konditionierung.
7:13 Doch wenn Sie herausfinden möchten, was eine religiöse Erfahrung ist, benötigen Sie große Demut und Aufrichtigkeit. D.h., dass Sie nie nach einer Erfahrung verlangen, dass Sie für sich nie eine Wahrheit oder Erfahrung oder Erfüllung einfordern. Es geht also darum, Ihre eigenen Wünsche, Ihre Bindungen und Ängste ganz genau wahrzunehmen und sie vollkommen zu verstehen. Auf diese Weise wird der Geist nie verformt, er ist frei von jeglicher Illusion und Täuschung. Auch müssen wir uns fragen, was erfahren bedeutet.
9:13 Ich weiß nicht, ob Sie sich jemals mit dieser Frage beschäftigt haben. Die meisten von uns sind von unseren alltäglichen Erfahrungen müde und gelangweilt. Wir haben sie alle satt. Je kultivierter und je intellektueller wir werden, desto mehr möchten wir ausschließlich in der Gegenwart leben, was auch immer das bedeuten mag, und wir erfinden eine Philosophie der Gegenwart. Doch wir wollen herausfinden, was erfahren bedeutet. Das Wort an sich bedeutet etwas durchmachen, beenden, ganz bis zum zu Ende gehen, um damit aufzuhören. Doch unglücklicherweise hinterlässt jede Erfahrung bei den meisten von uns eine Narbe, eine Erinnerung, ob angenehmer oder unangenehmer Natur, und wir möchten nur die angenehmen Erfahrungen behalten. Wenn wir nun nach spirituellen, religiösen oder transzendentalen Erfahrungen verlangen, dann versuchen wir doch, zu allererst herauszufinden, ob es solche Erfahrungen überhaupt gibt, und auch, was Erfahrung eigentlich bedeutet. Wenn Sie etwas erfahren und Sie diese Erfahrung nicht einordnen können, dann hat diese Erfahrung keinen Bestand. Eine der wesentlichen Faktoren einer Erfahrung besteht darin, dass sie erkannt wird, und wenn sie erkannt wird, dann haben Sie sie bereits gekannt. Sie haben sie bereits erfahren, andernfalls hätten Sie sie unmöglich wiedererkennen können.
12:20 Wenn also von einer religiösen Erfahrung, einer spirituellen Erfahrung oder einer so oft missbräuchlich verwendeten transzendentalen Erfahrung die Rede ist, müssen Sie sie bereits gekannt haben, um erkennen zu können, dass Sie etwas erfahren, das anders ist als die gewöhnliche Erfahrung. Es scheint so logisch und wahr, dass der Geist in der Lage sein muss, etwas wiederzuerkennen, und dieses Wiedererkennen setzt voraus, dass Sie es vorher schon gekannt haben, und deshalb ist es nicht neu. Wenn Sie auf der religiösen Ebene nach mehr Erfahrung verlangen, geschieht das, weil Sie Ihre Probleme nicht gelöst haben, Ihre alltäglichen Sorgen, Ihre Hoffnungslosigkeit, Ihre Ängste und Ihr Leid. Deshalb wollen Sie etwas darüber hinaus. Doch in Ihrem Verlangen nach diesem Mehr erliegen Sie einer Täuschung. Ich glaube, dass auch das ziemlich logisch und wahr ist. Nicht, dass man der Logik immer glauben kann, doch wenn man sich der Logik, der Vernunft bedient, auf gesunde, gescheite Weise, dann erkennt man die Grenzen der Vernunft. Und das Verlangen nach weitergehenden, tieferen, grundlegenden Erfahrungen führt lediglich zu einer Fortsetzung dieser Vergangenheit, die dem Bekannten angehört. Ich glaube, das ist klar. Und ich hoffe, dass wir miteinander kommunizieren und teilen.
14:58 In all diesen religiösen Nachforschungen möchten wir herausfinden, was Wahrheit ist, ob es eine Wirklichkeit gibt, ob es so etwas gibt wie einen Geisteszustand, der sich jenseits der Zeit befindet. Diese Suche setzt wieder einen Suchenden voraus, nicht wahr? Wonach sucht er? Wie wird er wissen, ob das, was er bei seiner Suche gefunden hat, wahr ist? Wenn er das findet, was er für wahr hält, jedenfalls wovon er glaubt, dass es wahr sei, ist das wiederum auf seine Konditionierung, seine Vergangenheit, sein Wissen und seine bisherigen Erfahrungen zurückzuführen. Die Suche wird dann lediglich zu einer weiteren Projektion seiner eigenen Vergangenheit, seiner Hoffnungen, Ängste und Sehnsüchte.
16:50 Ein Geist, der nachforscht, ohne dass er sucht, ein Geist, der nachforscht, ohne dass er nach einer Erfahrung verlangt, muss vollkommen frei von beidem sein: dem Verlangen nach einer Erfahrung und der Suche nach der Wahrheit. Weshalb das so ist, ist offensichtlich, denn sobald Sie suchen, werden Sie Lehrer konsultieren, eine Reihe von Büchern, verschiedenen Sekten beitreten, verschiedenen Gurus und Lehrern nachfolgen, ganz wie bei einem Schaufensterbummel. Eine derartige Suche führt zu ganz und gar nichts.
18:04 Wir gehen also der Frage nach, was einen religiösen Geist ausmacht, und wie ein Geist beschaffen sein muss, in dem es kein Erfahren mehr gibt. Wie kann er sich von dem Verlangen nach einer Erfahrung befreien, jegliches Suchen vollkommen beiseite lassen, um einzig und allein und ganz ohne Motiv, vollkommen absichtslos, herauszufinden, was es mit der Zeit auf sich hat, und ob es so etwas wie einen zeitlosen Zustand gibt. Das zu ergründen setzt voraus, dass man frei ist von jeglichem Glauben, keiner Religion angehört, keiner sogenannten spirituellen Organisation, keinem Guru nachfolgt, und daher frei ist von jeglicher Autorität, die des Sprechers eingeschlossen. Denn Sie lassen sich sehr leicht beeinflussen, Sie sind unendlich gutgläubig. Sie mögen gebildet sein, ein großes Wissen haben, doch Sie sind immer auf irgend etwas aus, immer bedürftig, und infolgedessen leichtgläubig.
20:44 Ein Geist, der wissen möchte, was Religion ist, muss vollkommen frei sein von jeglichem Glauben, von jeglicher Angst, denn die Angst, wie wir neulich schon sagten, ist ein entstellender Faktor, sie verursacht Gewalt und Aggression. Daher muss ein Geist, der herausfinden will, was einen religiösen Zustand ausmacht, frei von all dem sein, und das setzt ein großes Maß an Ehrlichkeit
21:48 und Demut voraus. Für die meisten von uns ist unsere Selbstgefälligkeit eines der größten Hindernisse. Denn wir glauben zu wissen, wir haben viel gelesen, wir haben uns eingebracht, wir haben uns mit dieser oder jener Methode befasst, sind irgendwelchen Gurus nachgefolgt, und sind mit deren Philosophie hausieren gegangen. Und wir glauben, die Wahrheit zu besitzen, wenigstens einen kleinen Teil davon, und das ist der Beginn der Selbstgefälligkeit. Wenn Sie eine derart außergewöhnliche Frage wie diese untersuchen wollen, müssen Sie sich eingestehen können, dass Sie nichts darüber wissen. Sie wissen tatsächlich nichts, oder? Sie wissen nicht, was Wahrheit ist, was Gott ist, sollte es ihn geben, oder was einen wirklich religiösen Geist ausmacht. Sie haben darüber gelesen, Menschen haben über tausende von Jahren davon gesprochen, haben Klöster erbaut, doch deren Leben beruht in Wirklichkeit auf dem Wissen anderer Menschen, deren Erfahrung und Propaganda. Wir müssen all das doch vollkommen beiseite lassen, um ewas in Erfahrung bringen zu können, nicht wahr? Deshalb ist dieses Nachforschen eine überaus ernste Angelegenheit. Wenn Sie damit herumspielen wollen, können Sie auf alle möglichen Formen der Unterhaltung zurückgreifen, auf sogenannte spirituelle, religiöse Zerstreuungen. Für einen ernsthaften Geist haben diese jedoch keinerlei Wert.
24:35 Um herauszufinden, was einen religiösen Geist ausmacht, müssen wir nicht nur, wie wir gestern schon sagten, frei von unserer Konditionierung sein, frei von unserem Christentum, von unserem Buddhismus, Hinduismus mit all der Propaganda, von tausenden von Jahren, so dass der Geist wirklich frei ist zu beobachten. Das ist sehr schwierig, denn wir haben Angst vor dem Alleinsein, allein dazustehen, denn wir verlangen nach Sicherheit, sowohl im Innen wie im Außen. Deshalb sind wir auf andere Menschen angewiesen, sei es nun der Priester oder der neue Führer, oder der Guru, der vorgibt zu wissen, aufgrund einer Erfahrung, die er hatte. Man muss also vollkommen auf sich selbst gestellt sein, jedoch nicht isoliert. Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Isolation und dem vollkommenen Alleinsein, ein wesentlicher. Die Isolation ist ein Geisteszustand der Beziehungslosigkeit, wenn Sie aufgrund Ihrer Lebensführung eine Mauer um sich herum errichtet haben, bewusst oder unbewusst, um nicht verletzt zu werden. Diese Isolation verhindert natürlich jede Form von Beziehung, wir sind gestern Abend darauf eingegangen. Das Alleinsein wiederum setzt einen Geist voraus, der psychisch unabhängig ist, an niemanden gebunden, was nicht bedeutet, dass keine Liebe da ist. Liebe ist nicht Abhängigkeit. Das Alleinsein setzt einen Geist voraus, der von Grund auf ohne eine Spur von Furcht ist, und daher ohne eine Spur von Konflikt.
28:04 Wir können jetzt fortfahren, die Bedeutung von Disziplin zu ergründen. Die meisten von uns verstehen unter Disziplin eine Art Drill, eine Wiederholung, das Überwinden eines Hindernisses, ein Widersetzen, ein Unterdrücken, Kontrollieren, sich Anpassen, all das wird mit dem Wort Disziplin in Verbindung gebracht. Doch die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes ist lernen, ein lernwilliger, kein angepasster Geist. Ein lernwilliger Geist muss neugierig und sehr interessiert sein. Ein Geist, der schon alles weiß, kann unmöglich lernen. Wenn Sie eine Sprache erlernen wollen, kennen Sie die Sprache nicht, und Ihr Geist befindet sich in einem Lernprozess. Während Sie herausfinden, was das Wort Disziplin bedeutet, kein Drill, keine Wiederholung, nichts Mechanisches, kein sich anpassen, unterdrücken oder kontrollieren, usw., sind Sie dabei, etwas darüber zu lernen, und in diesem Lernen herrscht Ordnung. Verstehen wir einander? Darf ich fortfahren? Wenn wir nicht miteinander kommunizieren, tut es mir leid. Es gibt so Vieles zu ergründen, deshalb muss ich fortfahren. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Disziplin bedeutet also lernen, lernen, weshalb man kontrolliert, weshalb man unterdrückt, weshalb Angst da ist, weshalb man sich anpasst, vergleicht, und deshalb im Konflikt ist. Und in diesem Lernen gibt es Ordnung, gerade dieses Lernen führt Ordnung herbei, keine Ordnung, die auf einem Konzept oder einem Muster beruht. Ordnung entsteht, wenn dieses Durcheinander, diese Unordnung hinterfragt wird. Die meisten von uns sind verwirrt, aus den verschiedensten Gründen, wir müssen jetzt nicht darauf eingehen. Wir müssen etwas über dieses Durcheinander herausfinden, über die Unordnung, die unser Leben beherrscht. Es geht nicht darum, Ordnung in unser Durcheinander zu bringen, die Unordnung zu beseitigen, sondern etwas über die Unordnung und das Durcheinander zu lernen, denn in diesem Lernprozess entsteht Ordnung.
33:03 Also ist Ordnung etwas Lebendiges, nichts Mechanisches. Die Ordnung ist eine Tugend, es ist der ungeordnete Geist, der ohne Tugend ist. Ein Geist, der verwirrt ist, der sich anpasst und nachahmt ist in Unordnung, er ist im Konflikt. In einem konfliktbeladenen Geist gibt es keine Ordnung, und daher auch keine Tugend. Ordnung gibt es nur in einem Geist, der dazulernt, der über die Unordnung lernt, über das Sichanpassen, usw. Aus diesem Nachforschen, diesem Lernen entsteht Ordnung, deshalb ist Ordnung mit Tugend gleichzusetzten. Nicht mit gesellschaftlicher Moral, denn die gesellschaftliche Moral ist vollkommen unmoralisch. Man denkt vielleicht, sie sei respektabel, doch ist das Respektable meistens regellos. Beobachten Sie das bitte in sich selbst, Ihr Verhalten, derart gestört, derart verwirrt, derart mechanisch. Und in diesem Zustand bemühen Sie sich, eine moralische Lebensweise zu finden, die geordnet und gesund ist. Wie kann ein Geist, der verwirrt ist, der sich anpasst und nachahmt, Ordnung haben und tugendhaft sein? Ordnung ist jedoch notwendig, denn für ein allumfassendes Handeln muss Ordnung da sein. Darf ich fortfahren? Ich werde das nicht mehr fragen, ich werde einfach fortfahren. Das Leben besteht aus Handeln, doch verursacht unser Handeln Unordnung. Es gibt politisches Handeln, religiöses Handeln, geschäftliches, familiäres Handeln, fragmentiertes Handeln. Dieses Handeln ist natürlich widersprüchlich. Sie sind ein Geschäftsmann, und zu Hause sind Sie ein netter Mensch, wenigstens geben Sie das vor. Daraus entsteht ein Widerspruch und demzufolge Unordnung. Und ein Geist, in dem Unordnung herrscht, kann unmöglich verstehen, was Tugend ist. Heutzutage gibt es mit all den verschiedenen Arten der Freizügigkeit weder Tugend noch Ordnung. Doch ein religiöser Geist benötigt diese Ordnung, nicht nach einem von Ihnen festgelegten Muster oder Konzept. Denn diese Ordnung, dieses Gespür für moralische Rechtschaffenheit entsteht nur, wenn Sie die Unordnung verstehen, das Durcheinander, das Chaos, in dem wir leben.
38:30 Mit all dem wird das Fundament für die Meditation gelegt. Ohne dieses Fundament gelegt zu haben, wird die Meditation zu einer Flucht, und Sie können endlos mit dieser Art von Meditation herumspielen. Das ist es, was die meisten Leute tun, sie führen ein gewöhnliches, konfuses, chaotisches Leben, finden aber auf irgendeine Weise einen Ort, an dem sie still sein können. Und dann gibt es Menschen, die Ihnen zu einem stillen Geist verhelfen, was auch immer das bedeuten mag.
39:44 Für einen ernsthaften Geist ist das eine sehr ernst zu nehmende Angelegenheit, nichts zum Herumspielen. Sie müssen frei sein von jeglichem Glauben, von jeglicher Verpflichtung, denn Sie sind dem gesamten Leben verpflichtet, nicht nur einem kleinen Teil davon. Denn die meisten von uns sind der Revolution verpflichtet, oder wir engagieren uns in politischen oder religiösen Aktivitäten, oder in irgend einer Art von religiösem oder klösterlichem Leben, doch all diese Verpflichtungen sind fragmentarisch. Wir sprechen über die Freiheit, damit Sie sich mit Ihrem ganzen Wesen, Ihrer ganzen Energie, Ihrer Vitalität und Leidenschaft dem Leben als Ganzes widmen können, nicht nur einem kleinen Teil davon. Was bedeutet es nun zu meditieren?
41:33 Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt schon darüber nachgedacht haben. Vielleicht haben einige von Ihnen damit herumgespielt, Sie haben versucht, Ihre Gedanken zu kontrollieren, Sie haben verschiedene Methoden ausprobiert, doch das ist keine Meditation. Es geht darum, alle Methoden zu verwerfen, sei es Zen, die transzendentale Meditation, alle Methoden, die uns aus Indien oder Asien erreicht haben, und in denen einige Menschen gefangen sind. Wir müssen diese Systeme und Methoden in Frage stellen. Ich hoffe, das werden auch Sie tun, wir teilen dieses Problem gemeinsam.
42:54 Was geschieht mit Ihrem Geist, wenn Sie einer Methode folgen? Was beinhaltet ein System, eine Methode? Ein Guru - ich weiß nicht, weshalb sie sich Gurus nennen - mir fällt kein geeignetes Wort ein, um diese ganze Welt der Gurus und ihre Autorität zu verwerfen, denn sie glauben, dass sie wissen. Und ein Mensch, der behauptet, dass er weiß, weiß nichts. Trauen Sie niemandem, der behauptet, die Wahrheit erfahren zu haben. Diese Menschen bieten Ihnen Methoden an. Eine Methode setzt Praktizieren voraus, nachfolgen, wiederholen, Tatsachen leugnen, und das verschärft Ihren Konflikt. Methoden versprechen Ihnen das Nirvana oder eine Erleuchtung. Wie kann man jemandem nur eine Erleuchtung versprechen! Aus diesem Grund haben Sie diesen Guru, der behauptet, dass er mehr weiß, und jenen Guru, der behauptet, dass er noch viel mehr weiß. Und die jeweiligen Anhänger bekriegen sich, weil sie meinen, ihr Guru sei der bessere. Sie nehmen also wahr, dass Methoden einen mechanischen Geist bewirken, Ihnen keine Freiheit lassen. Sie versprechen Ihnen vielleicht, dass Sie am Ende frei sein werden, doch die Freiheit liegt am Anfang, nicht am Ende. Wenn Sie von Anfang an nicht die Freiheit haben, jede Methode auf ihren Wahrheitsgehalt zu untersuchen, werden Sie sich mit einer Methode zufriedengeben, und das wird einen Geist zur Folge haben, dem es an Feingefühl, schneller Auffassungsgabe und an Sensibilität fehlt. Es sollte also jegliche Methode verworfen werden, damit Ihr Geist wirklich nachforschen und lernen kann, ohne einer Methode, einer Philosophie oder einem Guru zu folgen. Er muss frei sein, um herausfinden zu können, was tatsächlich geschieht. Der menschliche Geist, der das Ergebnis tausendjähriger Gedanken ist, dieser Geist, diese Gedanken schweifen ab. Sie möchten Ihre Gedanken auf eine Redewendung, auf ein Symbol oder auf eine Idee lenken, doch Ihre Gedanken schweifen ab. Sie bemühen sich, Ihre Gedanken zu kontrollieren, das bedeutet wieder Kampf. Sie möchten Ihren Geist an etwas festmachen, und Sie überlegen, wie das zu bewerkstelligen ist. Es gibt also Konflikt.
47:46 Wichtig ist, dass Sie Ihre Gedanken nicht kontrollieren, sondern das Denken verstehen. Verstehen, wo es herkommt, wo das Denken beginnt. Es beginnt in Ihnen. D.h., das Gehirn speichert Erinnerungen, das können Sie beobachten, Sie müssen keine Bücher darüber lesen. Ihr Gehirn speichert Erinnerungen. Ohne gespeicherte Erinnerungen könnten Sie nicht denken. Diese Erinnerungen sind das Ergebnis von Erfahrung, von Wissen, entweder Ihr eigenes, oder das der Gemeinschaft oder der Familie, der Rasse, usw. Die Gedanken entspringen diesem Speicher von Erinnerungen. Die Gedanken sind niemals frei, sie sind immer alt. Freiheit der Gedanken gibt es nicht. Gedanken können niemals frei sein, sie können wohl über die Freiheit sprechen, doch sind sie das Ergebnis von vergangenen Erinnerungen, Erfahrungen, Wissen, und deshalb sind sie alt. Richtig? Ich sollte nicht richtig sagen. Sie müssen über diese Ansammlung von Wissen verfügen, denn andernfalls könnten Sie nicht funktionieren, Sie könnten nicht miteinander sprechen, nicht nach Hause gehen, usw. Wissen ist essentiell.
50:32 In der Meditation gilt es herauszufinden, ob es ein Ende des Wissens geben kann und eine Freiheit von dem, was wir schon kennen. Denn wenn die Meditation eine Fortsetzung des Wissens ist, d.h. eine Fortsetzung all dessen, was der Mensch angesammelt hat, dann gibt es keine Freiheit, nicht wahr? Freiheit gibt es nur, wenn ein Verstehen da ist über die Aufgabe, die das Wissen erfüllt und über die Freiheit von dem, was wir kennen.
51:56 Wir erforschen jetzt den Bereich des Wissens, wo es seine Berechtigung hat, und wo es jedes weitere Nachforschen behindert. Wenn die Gehirnzellen weiterhin aktiv sind, ist ihnen das nur im Bereich des Wissens möglich, zu mehr sind die Gehirnzellen nicht in der Lage. Sie können nur im Bereich der Zeit funktionieren, und das ist die Vergangenheit. Es gilt also herauszufinden, ob es einen Bereich gibt, der nicht bereits durch das Bekannte kontaminiert ist. Das ist Meditation. Verstehen wir einander? Verstehen Sie, worauf ich hinaus will?
53:25 Wenn ich meditiere und mit dem, was ich bereits gelernt habe, weitermache, mit dem, was mir bereits bekannt ist, dann lebe ich in der Vergangenheit, ich lebe innerhalb des Bereichs meiner Konditionierung, innerhalb des Bereichs des bereits Bekannten. Darin gibt es keine Freiheit. Ich kann das Gefängnis, in dem ich lebe, ausschmücken, ich kann alle möglichen Dinge in meinem Gefängnis anstellen, doch das ist immer noch eine Eingrenzung, ein Hindernis. Der Geist muss also herausfinden, ob die Gehirnzellen, die ihr Wissen über Jahrmillionen weiterentwickelt haben, still sein können, vollkommen still, um in einen Bereich vorzudringen, in eine Dimension, die unbekannt ist. D.h., kann der Geist vollkommen still sein?
55:03 Jahrhundertelang ist das das Problem aller religiösen Menschen gewesen, denn sie erkannten, dass man nur mit einem außerordentlich stillen Geist schauen kann. Wenn Sie schwatzen, wenn Ihr Geist ständig in Bewegung ist, von hier nach dort hastet, ist es ihm unmöglich zu schauen, er kann nicht vollkommen zuhören, das ist leicht zu verstehen. Um vollkommen zuhören und wahrnehmen zu können, muss der Geist vollkommen still sein. Deshalb sagen sie, kontrolliert ihn, unterwerft ihn, richtet ihn ab, haltet ihn gefangen, denn sie haben keinen Weg gefunden, um den Geist vollends zum Schweigen zu bringen. Sie sagen, kontrollieren Sie ihn, geben Sie keinem Verlangen nach, schauen Sie keine Frau an, schauen Sie keinen Mann an, schauen Sie nicht die wunderschönen Hügel und Bäume an, die Schönheit der Erde, denn das könnte Erinnerungen an die Frau oder den Mann wecken. Kontrollieren Sie, geben Sie nicht nach, konzentrieren Sie sich. Und während Sie all das tun, während Sie sich konzentrieren, sehen Sie nicht die Schönheit der Erde, des Himmels, der Wolke. Das erzeugt in Ihnen Konflikt, und sie brauchen noch mehr Kontrolle, noch mehr Unterwerfung. Über Jahrmillionen ist das so gegangen, über tausende von Jahren, denn alle haben erkannt, dass ein stiller Geist unabdingbar ist. Wie kann der Geist also mühelos still werden, ohne dass er kontrolliert, abgerichtet, geformt oder eingegrenzt wird, wie können Sie vorgehen, damit Ihr Geist still wird, - nein, nicht wie, denn sobald Sie fragen, wie das gehen soll, bedienen Sie sich einer Methode, daher gibt es kein Wie.
58:45 Kann der Geist still werden? Ich weiß nicht, wie Sie vorgehen werden, wenn Sie das Problem erkennen, wenn Sie die Notwendigkeit sehen, die Wahrheit, die darin liegt, einen stillen, empfindsamen, subtilen Geist zu haben, einen Geist, der vollkommen still ist. Wie werden Sie das anstellen, wie soll das geschehen? Denn nur ein solcher Geist ist ein religiöser Geist. Nur ein solcher Geist ist in der Lage, das Leben als eine Einheit wahrzunehmen, als eine einheitliche Bewegung, frei von Fragmentierung. Wenn ein solcher Geist handelt, handelt er in Vollkommenheit, nicht bruchstückhaft, denn er handelt aus einer vollkommenen Stille heraus.
1:00:20 Wie kann das geschehen? Das ist die Aufgabe der Meditation. Sie haben den Grundstein für ein Leben gelegt, in dem Ihre Beziehungen vollkommen sind, das haben wir gestern behandelt. Ein geordnetes und daher tugendhaftes Leben, ein Leben, das außergewöhnlich ist, inwendig einfach, und daher von einzigartiger Strenge. Nicht die Strenge eines Priesters, die barsch ist und brutal, sondern die Strenge, die große Einfachheit mit sich bringt, und das setzt einen Geist voraus, der frei von Konflikt ist. Und wenn Sie diesen Grundstein gelegt haben, und zwar mit Leichtigkeit, mühelos, denn sobald Sie sich bemühen, entsteht Konflikt, und da Sie die Wahrheit sehen, die darin liegt, ist es die Wahrnehmung dessen, was ist, die einen radikalen Wandel herbeiführt.
1:01:52 Wenn Sie also wahrnehmen, wenn Ihr Geist klar erkennt, dass dies nur dem stillen Geist möglich ist, d.h., dass die Gehirnzellen, die jahrhundertealte Erinnerungen in sich tragen, ebenfalls still werden müssen, um nur dann zu reagieren, wenn es nötig ist. Dass sie nur auf eine Herausforderung reagieren, um ansonsten vollkommen still zu sein.
1:02:37 Das ist das Problem. Denn nur wenn der Geist vollkommen still ist, kann er auch verstehen. In diesem stillen Geist ist eine Bewegung da, die völlig anders ist, sie entstammt einer anderen Dimension und ist von einer anderen Qualität. Das kann niemals in Worte gefasst werden, denn es kann nicht beschrieben werden. Was allerdings beschrieben werden kann, ist alles bis zu diesem Punkt, an dem Sie das Fundament gelegt haben, an dem Sie die Notwendigkeit, die Wahrheit und die Schönheit eines stillen Geistes erkannt haben.
1:03:36 Für die meisten von uns liegt die Schönheit in etwas, in einem Gebäude, in einer Wolke, in dem Umriss eines Baumes, in einem wunderschönen Gesicht. Liegt die Schönheit nun im Außen, oder liegt sie in der Eigenschaft eines Geistes, der frei ist von ichbezogener Aktivität? Denn wie die Freude ist auch die Schönheit unentbehrlich in der Meditation, das Verstehen von Schönheit. Und in Wirklichkeit ist Schönheit die vollkommene Abwesenheit des Ich. In diesem Ichlosen Zustand können die Augen den Baum in all seiner Schönheit sehen, und die Anmut einer Wolke. D.h., wenn das Ich als Mittelpunkt weggefallen ist. Wir haben das alle schon erlebt, oder? Wenn Sie einen wunderschönen Berg sehen, der ganz plötzlich in Ihrem Blickfeld auftaucht, ist es da. Alles andere ist dann ganz nebensächlich, es existiert nur die Herrlichkeit dieses Berges, denn alles, dieser Hügel, dieser Berg, dieser Baum nehmen Sie vollends gefangen.
1:05:55 Wie bei einem Kind mit einem Spielzeug. Das Kind ist vollkommen in dieses Spielzeug vertieft, und wenn es zerbricht, ist das Kind wieder bei dem, was es vorher getan hat, bei seinem Unfug, seinem Geweine, etc. Genauso ist das bei uns, wenn wir den Berg sehen oder einen einzigen Baum auf einer Bergspitze, gehen wir darin auf. Wir möchten in etwas aufgehen, in einer Idee, einer Aktivität, einer Verpflichtung, einem Glauben, einer Beziehung, genauso wie das Kind mit einem Spielzeug.
1:07:14 Schönheit ist gleichbedeutend mit Feingefühl. Ein sensibler Körper benötigt angemessene Ernährung, eine richtige Lebensführung, darauf werde ich nicht eingehen, dafür gibt es keine Zeit. Wenn Sie all das erreicht haben, und Sie so weit gekommen sind, das hoffe ich, oder vielleicht sind Sie jetzt gerade dabei, dann wird Ihr Geist zwangsläufig, auf natürliche Weise, und ohne dass Sie es merken, still. Sie selbst können keinen ruhigen Geist herbeiführen, denn Sie sind der Unruhestifter, Sie sind gestört, ängstlich und verwirrt, wie könnten Sie einen ruhigen Geist herbeiführen? Doch wenn Sie verstehen, was Stille ist, wenn Sie das Durcheinander verstehen, das Leid, und ob das Leid jemals enden kann, und wenn Sie das Vergnügen verstehen, werden Sie einen außerordentlich ruhigen Geist haben, Sie müssen nicht danach suchen. Fangen Sie am Anfang an, dann wird der erste Schritt der letzte sein. Das ist Meditation.
1:09:26 Möchten Sie Fragen stellen? Ja?
1:09:45 F: Wenn Sie die Analogie des Berges, des Hügels, des wunderschönen Himmels benutzen, trifft das auf diese Leute nicht zu. Sie können mit dieser Analogie nichts anfangen. ihre Analogie ist der Schmutz.
1:09:59 K: Richtig, nehmen Sie die Analogie der schmutzigen Straßen von New York, die Analogie des Drecks, des Elends, der Armut, der Ghettos, des Kriegs, das haben wir angerichtet, ein jeder von uns hat dazu beigetragen, ein jeder von uns ist verantwortlich für den Vietnam Krieg, für den Krieg im Nahen Osten, in Pakistan, ein jeder von uns ist verantwortlich. Sie glauben das nicht, denn Sie haben sich davon getrennt, Sie haben sich isoliert, und fühlen sich deshalb nicht miteinander verbunden. Sie werden korrupt und lassen zu, dass sich die Korruption in der ganzen Welt ausbreitet. Folglich kann dieser Korruption, dieser Verschmutzung, diesem Krieg, diesem Hass nicht durch ein System Einhalt geboten werden, nicht durch die Politik, die Religion oder irgendeine andere Organisation. Sie sind es, die sich verändern müssen. Sehen Sie das nicht? Sie müssen gänzlich aufhören, das zu sein, was Sie sind. Nicht durch Ihren Willen. Die Meditation befreit den Geist von allem Willen, und nur dann ist Raum da für ein vollkommen anderes Handeln. Ja?
1:12:19 F: Wenn wir das Privileg haben, gewahrsam zu sein, vollkommen gewahrsam, sozusagen, wie können wir denjenigen helfen, die konditioniert sind, verbittert, damit sie empfänglich und gewahr werden können.
1:12:38 K: Wenn wir das Privileg haben, vollkommen gewahr zu sein, wie können wir jemandem helfen, seine Konditionierung los zu werden? Darf ich fragen, weshalb Sie das Wort priviligiert benutzen? Hat das Gewahrsein irgend etwas Priviligiertes oder Heiliges? Gewahr zu sein ist etwas Natürliches, nicht wahr? Und wenn Sie sich Ihrer eigenen Konditionierung bewusst sind, in dem es Chaos, Schmutz, Dreck, Krieg und Hass gibt, Sie wissen, alles, was in der Welt vor sich geht, die Tränen, der Kummer um diese armen Menschen, die getötet werden, die Kinder, die Mütter, und all das. Wenn Sie um all diese Dinge wissen, werden Sie miteinander eine wirklich vollkommene Beziehung eingehen, und wenn Sie derart eng miteinander verbunden sind, werden Sie mit allen anderen Menschen in der Welt verbunden sein. Verstehen Sie das? Wenn ich mit meinem Ehepartner oder jemand anderem so eng verbunden bin, vollends, nicht nur in meiner Vorstellung, dann bin ich mit allen anderen Menschen in der Welt verbunden, dann werde ich gewahr sein, ich werde niemanden mehr verletzen. Sie tun sich selbst weh. Dann kann ich anfangen darüber zu sprechen, zu predigen, nicht mit dem Verlangen, anderen zu helfen, das ist das Schlimmste, zu sagen, dass man jemandem helfen will. Wer sind Sie, dass Sie jemandem helfen könnten? Der Sprecher mit einbezogen.
1:15:03 Die Schönheit des Baumes oder der Blume möchte Ihnen nicht helfen, sie ist einfach da, und es ist an Ihnen, ob Sie Augen für den Dreck oder für die Schönheit haben. Und wenn Ihnen das unmöglich ist, finden Sie heraus, weshalb es so ist, weshalb Sie derart gleichgültig, gemein, derart seicht und hohl geworden sind. Wenn Ihnen das klar geworden ist, sind Sie an dem Ort, wo die Wasser des Lebens fließen, Sie müssen nichts tun.
1:16:11 F: Worin besteht der Zusammenhang zwischen dem Wahrnehmen dessen, was ist, und dem Bewusstsein?
1:16:17 K: Was ist der Zusammenhang zwischen dem Wahrnehmen dessen, was ist, und dem Bewusstsein? Das Bewusstsein ist der Inhalt. Der Inhalt des Bewusstseins ist Bewusstsein. Muss alles erklärt werden? Es ist einfach. Der Inhalt Ihres Bewusstseins ist Ihre Gier, Ihr Neid, Ihr Ehrgeiz, Ihr Vergleichen, Ringen, Ihr Schmerz, Ihr Leid, das alles ist Bewusstsein, Das Bewusstsein besteht aus diesem Inhalt. Wenn Sie diesen Inhalt beseitigen, gibt es dann noch das Bewusstsein, wie Sie es kennen? Natürlich nicht, Sie kennen das Bewusstsein nur, weil Sie seinen Inhalt kennen. Und dieser Inhalt macht das aus, was in der Welt geschieht, Sie sind ein Teil davon. Wenn Sie sich all dessen entledigen, wird an die Stelle dieses Bewusstseins eine völlig neue Dimension treten. Sie können über diese Dimension nicht spekulieren, überlassen Sie das den Wissenschaftlern, den Philosophen. Was wir tun können, ist herauszufinden, ob es möglich ist, den Geist von seiner Konditionierung zu befreien, indem wir gewahr und vollkommen achtsam werden.
1:18:33 F: Ich selbst weiß nicht, was Liebe ist, was Wahrheit ist, was Gott ist, doch Sie beschreiben die Liebe als Gott, die Liebe nicht als Liebe. Weshalb sagen Sie, dass die Liebe Gott ist?
1:18:43 K: Das habe ich nicht gesagt.
1:18:45 F: Sie sagten das in einem Ihrer Bücher.
1:18:47 K: Oh, das tut mir leid, lesen Sie keine Bücher. Das Wort ist so oft gebraucht worden, es ist mit der Verzweiflung der Menschheit und Hoffnungen befrachtet. Sie haben Ihren Gott, die Kommunisten haben ihre Götter, es ist befrachtet. Finden Sie heraus, was Liebe ist. Sie können nur herausfinden, was Liebe ist, wenn Sie wissen, was sie nicht ist. Nicht intellektuell, sondern im wirklichen Leben, wenn Sie das weglassen, was sie nicht ist: Neid, Ehrgeiz, Gier, alles Trennende im Leben, das ich und das du, wir und sie, schwarz und weiß. Sie werden es nicht tun, leider. Sie werden es nicht tun, denn dafür ist Energie nötig. Energie entsteht nur, wenn Sie beobachten, was tatsächlich ist, ohne davonzulaufen. Wenn Sie tatsächlich wahrnehmen, was ist, wird diese Wahrnehmung Ihnen die Energie geben, darüber hinaus zu gehen. Sie können nicht darüber hinausgehen, wenn Sie versuchen, davor zu fliehen, wenn Sie versuchen, es zu interpretieren, zu überwinden. nehmen Sie einfach nur wahr, was tatsächlich ist, dann haben Sie Energie im Übermaß, um herauszufinden, was Liebe ist. Liebe ist nicht Vernügen. Finden Sie das heraus, finden Sie für sich selbst, inwendig, heraus, dass Liebe nicht Vergnügen ist. Wissen Sie, was das heißt? Es heißt, dass keine Angst da ist, dass es kein Anhaften gibt, keine Abhängigkeit, sondern eine Beziehung, in der es keine Trennung gibt.
1:22:05 F: Ich würde gern darüber sprechen, welche Rolle ein Künstler in der Gesellschaft hat. Hat er eine Funktion, abgesehen von seiner eigenen?
1:22:33 K: Die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft. Wer ist ein Künstler? Jemand, der ein Bild malt? Der ein Gedicht schreibt? Der sich durch ein Gemälde ausdrücken will, oder dadurch, dass er ein Buch schreibt, oder ein Theaterstück? Weshalb heben wir den Künstler besonders hervor, oder den Intellektuellen? Weshalb diese Trennung? Weil wir den Intellektuellen auf eine Stufe gestellt haben, den Künstler vielleicht auf eine höhere, und den Wissenschaftler auf eine noch höhere. Dann fragen wir nach ihrer Rolle in der Gesellschaft. Die Frage ist nicht, was deren Rolle ist, sondern, was ist Ihre eigene Rolle in der Gesellschaft, denn Sie sind für diesen schrecklichen Schlamassel verantwortlich. Was ist Ihre Rolle? Finden Sie es heraus. D.h., finden Sie heraus, weshalb Sie in dieser Welt des Elends, des Hasses und des Kummers leben. Offensichtlich berührt es Sie nicht.
1:24:33 Sie haben diesen vier Reden zugehört, haben einige Sachen ausgetauscht, und ich hoffe, Sie haben vieles davon verstanden. Demzufolge werden Sie zu einem Mittelpunkt für gelungene Beziehungen. Es ist deshalb Ihre Verantwortung, diese schreckliche, korrupte, destruktive Gesellschaft zu verändern.
1:25:09 Ist es jetzt an der Zeit, aufzuhören? Wie spät ist es? Viertel nach sieben.
1:25:25 Noch weitere Fragen?
1:25:28 F: Könnten Sie auf die psychologische Zeit näher eingehen?
1:25:35 K: Ja, das werde ich tun. Ich habe verstanden. Das ist leider die letzte Frage. Ich werde aufhören müssen. Der Fragesteller möchte wissen, was Zeit ist, könnten Sie das näher erläutern. Zeit ist Alter, Zeit ist Leid, die Zeit nimmt keine Rücksicht. Was also ist Zeit? Es gibt die chronologische Zeit nach der Uhr. Die muss es geben, sonst wären Sie nicht in der Lage, einen Bus zu erreichen, eine Mahlzeit zu kochen, und alles andere, wofür wir Zeit brauchen. Doch es gibt eine andere Zeit, die wir akzeptiert haben. Wir sagen, z.B., morgen werde ich dies oder jenes sein, morgen werde ich mich verändern, morgen werde ich zu etwas werden. Wir haben die Zeit auf einer psychologischen Ebene erschaffen, nicht? Sie wissen, das Morgen. Gibt es auf der psychologischen Ebene ein Morgen ? Diese Frage ernsthaft zu untersuchen ist schrecklich, denn wir brauchen das Morgen, morgen werden wir uns sehen, ich freue mich darauf, dich morgen zu treffen, morgen werde ich verstehen, morgen wird mein Leben anders sein, morgen werde ich Erleuchtung erlagen. Deshalb wird das Morgen zum wichtigsten Teil unseres Lebens. Gestern haben Sie Sex gehabt, all die Freuden, all der Schmerz, was immer Sie dem Schlamassel abgewinnen können, und Sie möchten es morgen wiederhaben, denn Sie möchten morgen eine Wiederholung dieses Vergnügens.
1:28:19 Stellen Sie sich selbst die Frage und finden Sie heraus, ob es überhaupt ein Morgen gibt? Außer - bitte folgen Sie mir - dass das Morgen eine Projektion des Denkens ist. Das Morgen ist die Erfindung des Denkens als Zeit. Wenn es auf der psychologischen Ebene kein Morgen gibt, was geschieht dann mit dem Leben, mit dem Heute? Was geschieht heute, wenn es auf der psychologischen Ebene kein Morgen gibt? Es gibt eine gewaltige Revolution, nicht wahr? Ihre gesamte Handlungsweise erfährt einen radikalen Wandel, oder? Dann sind Sie jetzt vollkommen heil. Sie werden nicht mehr aus der Vergangenheit durch die Gegenwart in die Zukunft projizieren. Das heißt zu leben, indem wir jeden Tag sterben. Tun Sie es, und Sie werden herausfinden, was es heißt, vollkommen im Heute zu leben. Das ist Liebe, nicht wahr? Sie sagen nicht, dass Sie morgen lieben werden, oder? Entweder Sie lieben oder Sie lieben nicht. Liebe ist zeitlos, nur das Leid ist in der Zeit. Leid ist Denken an das Vergnügen. Finden Sie selbst heraus, was Zeit ist, und finden Sie heraus, ob es kein Morgen gibt. Dann haben Sie ein Leben, das ewig währt, denn die Ewigkeit ist zeitlos.