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OJ82CNM3 - Das Bedürfnis nach Sicherheit
Drittes Gespräch mit Bohm, Hidley & Sheldrake
Ojai, USA
17 April 1982



0:05 Das Wesen des Bewusstseins
0:16 Dritter Teil
0:19 Das Bedürfnis nach Sicherheit
0:29 Dies ist eine Reihe von Dialogen zwischen J. Krishnamurti, David Bohm, Rupert Sheldrake und John Hidley. Die Absicht dieser Gespräche ist es essentielle Fragen des Bewusstseins zu ergründen, was psychologische Unordnung ist, und was notwendig ist für einen fundamentalen psychologischen Wandel.
0:49 J. Krishnamurti ist ein religiöser Philosoph, Autor und Lehrer der über diese Themen geschrieben und Vorträge gehalten hat. Er hat Grund- und weiterführende Schulen gegründet, in den USA, England und Indien.
1:02 David Bohm ist Professor für theoretische Physik am Birkbeck College, an der London University in England. Er hat einige Bücher veröffentlicht zur theoretischen Physik und dem Wesen des Bewusstseins. Professor Bohm und Mr. Krishnamurti hielten bereits mehrere Dialoge über verschiedene Themen.
1:20 Rupert Sheldrake ist ein Biologe, dessen kürzlich publiziertes Buch aufzeigt, dass Lernen im Kreis einiger Mitglieder einer Spezies, einen Effekt auf die Spezies als Ganzes hat. Dr. Sheldrake ist derzeit beratender Pflanzenphysiologe für das internationale Ernteforschungsinstitut in Hyderabad, Indien.
1:38 John Hidley ist ein selbstständiger Psychater, der seit sechs Jahren in Verbindung steht mit der Krishnamurti Schule in Ojai, Kalifornien.
1:47 In den ersten beiden Dialogen ging es hauptsächlich um den Prozess der eigenen Identifikation. Eine Reihe von Themen wurde zu diesem Prozess in Beziehung gestellt einschließlich des Problems des Leidens, die Rolle des Denkens und der Erinnerung, Bilder, und die Einzigartigkeit oder Generalität des Bewusstseins. Können diese Prozesse beobachtet werden, und was ist die Beziehung zwischen Beobachtung und Ordnung, Verantwortung und Veränderung? Das heutige Gespräch richtet sich auf die Frage: gibt es so etwas wie absolute psychologische Sicherheit?
2:21 H: Wir würden gerne über die Frage reden, ob es da eine tiefe Sicherheit gibt; ob das 'Ich' aufgelöst werden kann. Sie schlugen vor, dass, wenn dies möglich ist, dass dann die Probleme die der Einzelne mit ins Büro schleppt, die Probleme...
2:41 K: Sir, abgesehen von physischer Sicher- heit, warum suchen wir nach Sicherheit? Abgesehen von irdischer Sicherheit, warum wollen wir Sicherheit?
2:55 H: Nun, wir kennen Momente von Frieden und Glück, und wir wollen das aufrecht erhalten und es bewahren.
3:02 K: Dann wird es zu einer Erinnerung...
3:05 H: Ja.

K:...nicht zu wahrhaftiger Sicherheit. Eine Erinnerung daran das man eines Tages glücklich war, und man wünscht sich dahin zurück zu kehren. Oder sie projezieren eine idee und eine Hoffnung, es eines Tages zu erreichen. Aber warum ist es, dass Menschen, wahrscheinlich in der ganzen Welt, nach Sicherheit suchen? Was ist die Daseinsberechtigung, wenn ich es so formulieren darf, für dieses Verlangen nach Sicherheit? Was bringt Leute dazu nach Sicherheit zu fragen, psychologisch?
3:44 H: Sie sind beschäftigt, sie sind ausgefüllt mit ihren Problemen. Es gibt da eine Ahnung, dass wenn ich das Problem löse, wenn ich entdecke, was die richtige Antwort ist, wenn...
3:58 K: Das ist nicht Sicherheit, bestimmt nicht. Das ist eine große Unsicherheit, ein tiefes Empfinden von Leere in einem selbst, Einsamkeit. Wirklich, Einsamkeit - nehmen wir das als Beispiel.
4:21 H: Ok.
4:23 K: Ich mag verheiratet sein, Kinder haben, und alles was dazu gehört, aber ich fühle mich immernoch isoliert, einsam. Und das ist beängstigend, bedrückend, und ich merke, das ist isolierend. Nach wie vor ist Einsamkeit die Essenz von Isolation, wo ich keinerlei Beziehung habe mit irgendjemandem. Ist das ein Grund dafür das Menschen nach Sicherheit suchen, dieses Verlangen nach Sicherheit?

H: Ja, um das auszufüllen.
5:01 K: Oder noch viel tiefer als das. Sicher zu sein in meiner Erfüllung, frei zu sein von Angst, frei von meinen Qualen. Ich will von all dem frei sein, so dass ich gänzlich sicher sein kann, in Frieden und Glück. Ist es das was wir wollen?
5:30 H: Ja.

K: Ist das der Grund warum wir suchen?
5:33 H: Und wir wollen das um langfristig Stabilität zu finden.
5:37 K: Stabilität, dauerhaft - wenn es überhaupt irgendetwas dauerhaftes gibt. Ist das der Grund weswegen wir uns sehnen, verlangen, sehnen nach Sichereit?
5:50 H: Ja.
5:56 K: Das heißt, frei sein von Angst, und dann bin ich voll und ganz sicher.
6:04 H: Es fühlt sich so an als müsste ich so sein, um richtig zu funktionieren.
6:11 K: Richtig funktionieren kommt später.
6:14 H: Was meinen Sie?
6:16 K: Wenn ich sicher bin, funktioniere ich.

H: Ja.
6:20 K: Wenn ich stark verankert bin in etwas, von dem ich denke es ist falsch oder wahr, werde ich gemäß dieser beiden Prinzipien handeln. Aber ist es so, dass Menschen unfähig sind diese tief verwurzelte Angst aufzulösen - als Beispiel nehme ich Angst - und sie waren nicht in der Lage es aufzulösen.
6:46 H: Ja, das stimmt.

K: Psychologische Ängste.
6:50 K: Und davon frei zu sein bedeutet so wundervoll sicher zu sein.
6:59 H: Das sagen sie, wenn wir diese Probleme lösen können auf einer fundamentalen Ebene.
7:04 K: Andernfalls, was soll das Ganze, wie kann ich sonst vollkommen sicher sein?
7:08 H: Ja.
7:12 K: Ist es also die physische Sicherheit, von Brot oder Unterkunft, Nahrung und Kleidung, die hinüber schwappt in den psychologischen Bereich? Verstehen Sie was ich meine?
7:30 H: Meinen sie, dass dies der Ursprung ist des Verlangens nach psychologischer Sicherheit?

K: Ja, teilweise. Man braucht Nahrung und Kleidung, sowie eine Unterkunft. Das ist absolut essentiell, ansonsten würden sie vier hier nicht sitzen.

H: Ja.
7:48 K: In der Suche danach, will ich ebenso psychologisch sicher sein.
8:00 H: Sie scheinen gleichgestellt zu sein.
8:02 K: Ja, ich stelle in Frage ob es so ist.
8:06 H: Ja.

K: Oder,
8:08 ist es das psychologische Verlangen sicher zu sein, das physische Sicherheit hindert?
8:24 H: Es scheint, dass das psychologische Verlangen sicher zu sein aus der Notwendigkeit erwächst in der Realität zu funktionieren.
8:32 K: Ich will psychologisch sicher sein.
8:37 H: Ja.
8:39 K: Also hafte ich an einer Gruppe an, einer Gemeinschaft, einer Nation.
8:43 H: Ja.
8:44 K: Was mich dann davon abhält sicher zu sein. Sicherheit heißt, lang anhaltende Sicherheit. Aber wenn ich mich identifiziere, in der Suche nach psychologischer Sicherheit, und mich zu einer Nation zuordne, dann wird mich diese Isolierung zerstören.

H: Ja.
9:13 K: Warum streben wir also danach?
9:18 H: Ok, dann sagen sie, dass es da einen Fehler gibt, der darin liegt, dass wir uns identifizieren, uns zuordnen zu etwas, und darin Sicherheit suchen, und das dies fundamental falsch ist.
9:30 K: Ja. Nein, nicht fundamental. Ich will nicht richtig oder falsch sagen.
9:34 H: Na gut.

K: Ich frage, warum? Warum tun Menschen das? Das ist eine Tatsache, die auf der ganzen Welt gilt, nicht bloß für bestimmte Gemeinschaften - alle Menschen wollen so... unerschütterlich sicher sein.
9:56 H: Ja.

K: Warum?
10:03 B: Ich denke das die Leute ein paar Antworten haben. Sehen sie, sagen wir, da ist ein kleines Kind, oder ein Baby, nun empfindet es das Bedürfnis geliebt zu werden, von seinen Eltern, und es scheint das in einer gewissen Phase das Kind das Bedürfnis nach einer Art psychologischen Sicherheit hat, aus dem es vielleicht herauswachsen sollte, aber da es oft von seinen Eltern vernachlässigt wird, fühlt es sich verloren, wie Sie sagen, einsam, isoliert, und da steigt das Verlangen auf innerlich sicher zu sein.
10:39 K: Ein Baby muss sicher sein.
10:42 B: Ja, psychologisch sowohl als auch physisch würden sie sagen?
10:46 K: Ja, es muss so sein.
10:48 B: Ab einer gewissen Phase würden sie sagen, das es sich ändert.
10:51 K: Ja.

B: In welchem Alter?
10:53 K: Warum... Nein, ein gewisses Alter, ein kleines Baby, oder ein junges Kind, muss behütet werden.
11:00 B: Auf jede Art, psychologisch.

K: Ja, psychologisch.
11:03 B: Es darf keinen psychologischen Schock erfahren.
11:05 K: Sie schützen es in Zuneigung, nehmen es auf den Schoß, schmusen und halten seine Hand, sie geben ihm das Gefühl, dass es geliebt ist, das man es behütet. Das gibt ihm eine Gefühl - hier ist jemand, der nach mir schaut, und hier gibt es Sicherheit.
11:22 B: Ja, und dann nehme ich an, wird es auf- wachsen ohne diese Sicherheit zu bedürfen.
11:26 K: So ist es. Ich stelle in Frage, dass, wenn es aufwächst und sich der Welt stellt, warum es sich nach Sicherheit sehnt?
11:36 B: Nur wenige Kinder hatten jemals diese Liebe, um nur einen Grund zu nennen.
11:40 K: Ja, verstehe. Ist das also das Problem?
11:46 B: Ich bin nicht sicher, aber es ist ein Aspekt davon.
11:49 K: Das wir in Wirklichkeit nicht lieben? Und wenn man liebt, ist da kein Bedürfnis nach Sicherheit. Sie denken nicht einmal an Sicherheit. Wenn ich Sie liebe, nicht intellektuell, nicht weil sie mir Annehmlichkeit geben, Sex, oder dies, oder jenes, wenn ich wirklich dieses tiefe Empfinden von Liebe für jemanden habe, warum dann das Bedürfnis nach Sicherheit? Es ist meine Verantwortung danach zu schauen, dass Sie sicher sind. Aber sie verlangen es nicht.

H: Ja.
12:42 K: Aber Menschen tun es. Und bedeutet das, dass wir uns nicht lieben?
12:53 H: Ja, es bedeutet, dass das was wir lieben...
13:00 K: Ich liebe sie weil sie mir etwas geben.
13:02 H: Ja. Sie geben mir das Gefühl diese Sicherheit zu bekommen nach der ich verlange.
13:07 K: Ja. Also, nein, wir Reden um den heißen Brei herum. Warum? Warum will ich Sicherheit, so dass ich vollends zufrieden bin, ohne Angst, ohne Sorge, ohne Qual, und so weiter? Ist Angst die Wurzel des Ganzen?
13:37 H: Oh, wir haben schon einige Dinge benannt, die die Wurzel sind. Wenn das Baby aufwächst und keine Liebe erfährt, verspürt es das Bedürfnis danach, es erinnert sich, will dahin zurückkehren, oder es als Erwachsener finden, es ist dann ängstlich weil es sich nicht behütet fühlt, und als Erwachsener versucht es diesen Schutz zu bekommen.
13:57 K: Oder, Sir, ist es, dass wir unbewusst wissen, dass das Selbst, das Ich, das Ego, wirklich vollkommen unbeständig ist.
14:14 H: Sagen sie es ist in seinem Wesen ganz und gar unbeständig?
14:17 K: In seinem Wesen, unbeständig. Und daher gibt es da die Sorge um Sicherheit, im Außen und im Innern.
14:28 H: Warum sagen, es sei ganz und gar unbeständig?
14:30 K: Ist es nicht? Ist unser Bewusstsein nicht unbeständig, instabil?
14:38 H: Es scheint zwei Seiten zu geben. Eine sagt, dass wenn ich bloß dieses oder jenes bekäme, dann hätte ich Beständigkeit.
14:46 K: Ja. Und das beinhaltet einen Gegensatz. Denn ich könnte es auch nicht sein.
14:52 H: Vielleicht bin ich es nicht.

K: Ja, genau.
14:54 H: Noch nicht, aber ich werde es sein.

K: Werde sein.
14:56 H: Ja.
14:57 K: Nein, noch viel fundamentaler, ist nicht... das Selbst an sich, in einem Zustand der Bewegung inbegriffen; Unsicherheit, anhaftend, Agnst in der Anhaftung - all das? Das ist ein Zustand des Fehlens von Beständigkeit. Daher frage ich, ist das der Grund, dass Menschen unbewusst, wissend um diese Unbeständigkeit des Selbstes, Sicherheit verlangen? - Gott, den Erlöser?
15:43 H: Etwas Absolutes verlangend.
15:45 K: Ja, vollkommen... was also vollkommene Zufriedenheit geben wird. Weil unser Bewusstsein, sein Inhalt ist. Richtig?

H: Ja.
16:09 K: Und der Inhalt ist immer im Widerspruch. Ich glaube...

H: Das stimmt.
16:14 K: ...und doch habe ich Angst nicht zu glauben.
16:18 H: Darum sagen Sie, dass es im Wesenskern unbeständig ist.
16:21 K: Offensichtlich, es ist unbeständig. Ganz klar unbeständig. Ich will diese Sache, und ein anderes Verlangen steigt auf und sagt, 'Um Gottes Willen, will das nicht'. Da ist dieser Widerspruch, da ist Dualität. All das exitiert in unserem Bewusstsein: Angst, Vergnügen, Todesangst, sie kennen den ganzen Inhalt unseres Bewusstseins - alles das. Es ist also unbeständig.
16:54 H: Nun, all das wahrnehmend, sagen Leute für gewöhnlich, 'Dieses Problem ist zu tief, oder zu komplex, es gibt keinen Weg es zu lösen, wir können uns vielleicht nur etwas anpassen'.
17:06 K: Ja, ja. Und in dieser Anpassung fehlt ebenfalls Beständigkeit. Also, unbewusst muss da ein Bestreben nach Sicherheit sein. Also denken wir uns Gott aus.
17:22 H: Wir denken uns fortwährend verschiedene Dinge aus und hoffen, dass sie uns Sicherheit geben.
17:26 K: Wir erschaffen Gott, er ist unsere Schöpfung. Wir sind nicht die Schöpfung Gottes, ich wünschte wir wären es. Wir wären vollkommen anders. Da ist also das illusionäre Verlangen nach Sicherheit.
17:45 H: Warten Sie, warum sagen Sie es sei illusionär?
17:48 K: Weil sie etwas erfinden, von dem sie hoffen, dass sie darin sicher sind.
17:51 H: Oh, verstehe. Ja.
17:57 K: Wenn also der Inhalt unseres Bewusstseins verändert werden kann - 'verändert' in Anführungszeichen - gäbe es dann das Bedürfnis nach Sicherheit?
18:11 H: Wenn wir all diese Widersprüche auflösen könnten?
18:13 K: Ja, Widersprüche.
18:15 H: Dann hätten wir vielleicht die Sicherheit, weil unser Bewusstsein beständig wäre.
18:18 K: So dass... Wir würden es vielleicht nicht Sicherheit nennen. Sicher zu sein, ist wirklich ein abscheuliches Verlangen, Entschuldigung. Sicher zu sein in was? Über was? Persönlich habe ich nie über Sicherheit nachgedacht. Sie mögen sagen, nun, 'Nach Ihnen wird geschaut, andere kümmern sich um Sie', und all der Rest, daher besteht für Sie keine Notwendigkeit über Sicherheit nachzudenken, aber ich war nie - ich will keine Sicherheit. Natürlich brauche ich Nahrung, Kleidung und Unterkunft, das ist ganz klar, jemanden um....
19:07 H: Aber wir sprechen von psychologischer Sicherheit.
19:09 K: Ja, ich spreche von einer viel tieferen Angelegenheit.
19:13 H: Und sie sagen, dass dies geschieht weil der Inhalt des Bewusstseins nicht länger widersprüchlich ist.
19:19 K: Ist da ein Bewusstsein... es mag nicht dass sein, was wir unter Bewusstsein verstehen, es mag etwas vollkommen anderes sein. Alles was wir kennen ist Angst, Belohnung und Bestrafung, und Tod, und fortwährender Konflikt in Beziehung - ich liebe dich, aber...
19:46 H: Innerhalb von Grenzen.

K: Innerhalb von Grenzen. Ich weiß nicht ob das Liebe genannt wird. Der Inhalt des Bewusstseins ist also alles das; was ich bin. Mein Bewusstsein bin ich. In dieser komplexen, widersprüchlichen, dualistischen Existenz, erschafft diese Tatsache das Verlangen nach Sicherheit.
20:19 H: Ja.
20:22 K: Kann das Ich also ausgemerzt werden?
20:28 H: Aber wir - sind wir auf das Ich eingegangen? Es scheint so, dass da jemand sei, hier drin, der all diese Dinge aus sich nimmt und die Widersprüche los wird.
20:37 K: Aber das hieße, dass sie verschieden davon sind, von ihrem Bewusstsein.
20:44 H: Richtig.
20:46 K: Aber sie sind es! Sie sind Vergnügen, sie sind Angst, sie sind aller Glaube - all das sind sie. Ich denke wir... bitte stimmen sie nicht all dem zu was wir sagen, was ich sage. Es mag alles Quatsch sein.
21:09 H: Ich denke eine Menge Leute würde dem nicht zustimmen. Ich denke, dass sie sagen würden...
21:13 K: Ich weiß, viele würden nicht zustimmen, weil sie nicht eingedrungen sind. Sie wollen es einfach abtun.
21:18 H: Lassen sie es uns betrachten. Gibt es getrenntes Selbst, dass irgendwie in der Lage sein wird diese Widersprüche auszubügeln?
21:24 K: Nein!
21:26 S: Aber wie wissen sie das? Es scheint mir, dass da zumindest... es mag illusorisch sein; aber es ist einfach zu denken das man getrennt ist von einigen dieser Probleme, und dass es da etwas in einem gibt, dass Entscheidungen treffen kann.
21:42 K: Doctor, bin ich getrennt von meiner Angst? Bin ich getrennt von den Qualen die ich durchleide? Die Depression?
21:53 S: Ich denke es gibt etwas in einem, dass diese Dinge untersuchen kann, und daher deutet es darauf hin, dass es eine Art Trennung gibt.
22:00 K: Weil da der Beobachter getrennt vom Beobachteten ist.
22:07 S: Ja.

K: Ist das so?
22:10 S: Es scheint so zu sein.

K: Es scheint so zu sein!
22:12 S: Das scheint das Problem zu sein, dass es so erscheint. Ich meine, aus eigener Erfahrung natürlich und der vieler Anderer, scheint es tatsächlich so zu sein, dass da ein Beobachter ist der Dinge betrachtet so wie Angst und die eigenen Reaktionen. Am deutlichsten wird es, wie ich finde, bei Schlafstörungen, wenn man versucht zu schlafen, ist da ein Teil von einem, der, sagen wir, einfach weiter geht mit bescheuerten Sorgen und lächerlichen Gedanken, im Kreise auf und ab, da ist ein anderer Teil der sagt, 'Ich will echt schlafen, ich wünschte ich könnte die dummen Gedanken stoppen'. Und da hat man die konkrete Erfahrung einer augenscheinlichen Trennung.

K: Ja. Klar, klar.
22:48 S: Das ist also nicht bloß eine Theorie, es ist eine erfahrbare Tatsache, dass da diese Art der Trennung ist.
22:54 K: Einverstanden, einverstanden. Aber warum existiert diese Trennung?
23:05 S: Das ist eine gute...

K: Wer erschuf die Trennung?
23:11 S: Es mag einfach eine Tatsache sein.
23:14 K: Was mag es?
23:16 S: Es mag einfach eine Tatsache sein.

K: Ist es so? Ich will es ergründen.
23:20 S: Ja, ich ebenfalls. Ist es in der Tat ein Fakt, dass Bewusstsein, Ebenen hat, von denen einige andere untersuchen können, eine nach der anderen.
23:29 K: Nein. Würden Sie netter Weise betrachten; ist Angst verschieden von mir? Ich mag etwas mit Angst machen, ich mag sagen 'ich muss es unterdrücken, ich mag es rationalisieren, ich könnte es transzendieren', aber die Angst bin ich.
23:46 S: Nun, oft...

K: Ich denke mir die Trennung nur aus wo ich damit etwas tun will. Aber andernfalls bin ich Angst.
24:01 S: Die gängige und gewöhnliche Art das zu analysieren wäre zu sagen 'Ich bin ängstlich', als wäre Angst getrennt vom Ich. Ich will aus diesem Zustand der Ängstlichkeit rauskommen, also will ich davor fliehen, Angst zurück lassen, und das Ich wird darüber hinaus gehen oder irgendwie davor fliehen. So denken wir normalerweise.

K: Ich weiß.
24:20 S: Was ist also falsch daran?
24:23 K: So halten sie diesen Konflikt aufrecht.
24:26 B: Aber ich denke er meint, dass es vielleicht unvermeidbar ist.
24:29 S: Es mag unvermeidbar sein.

K: Das bezweifle ich.
24:32 B: Nun... Was schlagen sie vor um zu zeigen, dass es nicht unvermeidbar ist?
24:38 K: Zunächst mal, wenn da Wut ist, ist da im Moment der Wut keine Trennunng. Richtig?
24:50 S: Wenn sie sehr wütend sind...

K: Sicher doch.
24:53 S: ...was wir 'die Kontrolle über sich verlieren' nennen und die Trennung fällt dann weg, sie werden Wut, ja.
24:59 K: In dem Moment wo sie richtig wütend sind, ist da keine Trennung. Die Trennung vollzieht sich erst danach. 'Ich war wütend'. Richtig? Nun, warum? Warum tritt diese Trennung ein?
25:19 S: Durch Erinnerung.
25:21 K: Durch Erinnerung, richtig. Weil ich zuvor bereits wütend war. Die Vergangenheit bewertet also, die Vergangenheit erkennt es wieder. Die Vergangenheit ist also der Beobachter.
25:40 B: Es mag sein, dass das nicht direkt ersichtlich ist. Zum Beispiel mag ich physische Reaktionen haben, die außer Kontrolle geraten, wie manchmal die Hand oder der Körper, und ich sage, 'Ich beobachte die physischen Reaktionen, die außer Kontrolle geraten und würde sie gerne wieder beherrschen'. Ich denke ebenso kann es geschehen das man empfindet, dass die mentalen Reaktionen außer Kontrolle geraten, dass sie sich zeitweise dem Einfluss der Kontrolle entziehen, und dass er versucht sie wieder zu beherrschen. Das mag die Weise sein, wie es sich für viele Leute darstellt oder anfühlt.
26:14 K: Und nun?
26:17 B: Naja, dann ist es nicht klar. Haben wir herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist?
26:23 K: Sir, ich versuche etwas anzudeuten, und ich weiß nicht ob ich mich klar ausgedrückt habe: wenn man ängstlich ist, tatsächlich, ist das kein Ich getrennt von Angst.
26:43 K: Wenn da ein Zeitintervall aufkommt, ist da die Trennung. Und das Zeitintervall, Zeit, ist Denken. Und wenn das Denken auf den Plan tritt, dann beginnt die Trennung. Weil Denken Erinnerung ist, die Vergangenheit.
27:13 S: Denken beinhaltet Erinnerung - ja.
27:15 K: Ja, beinhaltet Erinnerung, usw. Also ist Denken, Erinnerung, Wissen, die Vergangenheit. Die Vergangenheit ist also der Beobachter, der sagt, 'Ich bin verschieden von Angst, ich muss sie kontrollieren'.
27:39 H: Lassen sie uns das ganz langsam erörtern, weil mir scheint, dass die Erfahrung ist dass der Beobachter die Gegenwart ist. Es scheint als würde er sagen, 'Ich bin hier, jetzt, und was werde ich tun, wenn es das nächste Mal aufkommt'.
27:52 K: Ja. Aber das 'was werde ich damit tun' ist die Reaktion der Vergangenheit, weil sie diese Art von Erfahrung bereits hatten. Sir, hatten sie nicht schon Angst?

H: Ganz gewiss.
28:12 K: Ganz tief, wissen sie, etwas, eine Angst, die wirklich erschüttert hat...
28:17 H: Ja.

K: ... eine Verheerende.
28:20 H: Ja.
28:21 K: Und in dieser Sekunde gibt es keine Trennung, sie sind vollkommen davon eingenommen.
28:30 H: Ja.
28:33 K: Richtig?

H: Richtig.
28:35 K: Jetzt kommt das Denken daher und sagt, 'Ich war ängstlich wegen diesem oder jenem, daher muss ich mich verteidigen, Angst rationalisieren' und so weiter und so fort. Das ist so offensichtlich. Worüber sprechen wir?

H: Ok.
28:54 B: Um nochmal auf die physische Reaktion zurück zu kommen, die sie auch einnehmen kann; sie werden dann im nächsten Moment sagen, 'Ich habe es in dem Moment nicht bemerkt'. Das Denken kommt dazu und sagt 'Das ist eine physische Reaktion'.
29:06 K: Ja.

B: Jetzt weiß ich, was der Unterschied zwischen diesen beiden Fällen ist, denn im zweiten Fall würde es Sinn machen zu sagen, 'Ich weiß, dass ich schon mal auf diese Art reagierte', richtig? Ich kann so oder so handeln.
29:22 K: Dem kann ich nicht ganz folgen.
29:24 B: Jemand mag empfinden: Es wahr ist, ich werde von einer Reakton übermannt, und das Denken kommt dazu. Aber in vielen Bereichen ist das die Normalität, dass das Denken dazu kommt. Wenn etwas erschütterndes geschieht, und dann, einen Augenblick später denkt man, was war das? Richtig?

K: Ja. In einigen Fällen mag das richtig sein, oder?
29:45 K: Gewiss.
29:47 B: Nun, warum ist es das in diesem Fall nicht?
29:49 K: Ah, ich verstehe was Sie meinen. Beantworten Sie es, Sir, sie sind... Sagen Sie es. Sie treffen eine Klapperschlange am Weg.

B: Ja.
30:08 K: Was mir oft widerfuhr. Sie treffen eine Klapperschlange, sie rasselt, und sie springen. Das ist eine physische, selbst-beschützende, intelligente Reaktion. Das ist nicht Angst.
30:35 B: Richtig. Nicht psychologische Angst.

K: Was?
30:39 B: Es wurde eine Art Angst genannt.
30:41 K: Ich weiß, ich nenne das nicht psychologische Angst.
30:43 B: Es ist nicht psychologische Angst, es ist eine einfache physische Reaktion.
30:47 K: Physische Reaktion...

B: ...aus Gefahr.
30:49 K: ...welche eine intelligente Reaktion ist, um nicht gebissen zu werden.
30:55 B: Ja, aber einen Moment später kann ich sagen, 'Ich weiß, dass ist eine Schlange' oder es ist keine, ich mag entdecken, dass es keine ist, es ist etwas anderes, was nicht so gefährlich ist.
31:03 K: Nein, nicht so gefährlich, dann gehe ich weiter.
31:07 B: Aber dann kommt das Denken dazu und das ist vollkommen okay.
31:10 K: Ja.

B: Richtig?
31:12 K: Ja.
31:14 B: Aber hier, wenn ich wütend bin oder ängstlich...
31:17 K: Dann setzt das Denken ein.

B: Und es ist nicht okay.
31:20 K: Es ist nicht okay.

B: Ja.
31:22 K: Oh, ich verstehe worauf sie hinaus wollen. Warum sagen ich es sei nicht in Ordnung? Weil Angst verheerend ist, es blockiert den Geist, das Denken, und all den Rest, man schrumpft in dieser Angst.
31:44 B: Ja, ich denke das verstehe ich. Sie meinen wahrscheinlich, dass wenn das Denken einsetzt, kann es auf keinen Fall rational sein inmitten von Angst, richtig?

K: Ja.
31:53 B: Ist es das was Sie meinen?

K: Genau so.
31:55 B: Im Fall von physischer Gefahr also, könnte es noch rational einsetzen.
31:58 K: Ja. Und hier wird es irrational.

B: Ja.
32:01 K: Warum, frage ich, warum? Warum räumt man nicht auf mit diesem schrecklichen Durcheinander?
32:17 H: Nun, es ist nicht klar.
32:19 K: Sehen Sie Sir, es ist ein unordentliches Bewusstsein.
32:24 H: Ja, ein unordentliches Bewusstsein.
32:25 K: Unaufgeräumtes Bewusstsein, widersrpüchlich...
32:28 H: Ja.
32:29 K: ...ängstlich, so viele Ängste, usw., ein unordentliches Bewusstsein. Nun, warum können wir es nicht bereinigen?
32:38 H: Es scheint als würden wir es immer nach der Tatsache aufräumen wollen.
32:42 K: Nein, ich denke die Schwierigkeit liegt darin, dass wir nicht tief einsehen, dass Ich selbst das unordentliche Bewusstsein bin. Und wenn ich es selbst bin, dann kann ich gar nichts tun! Ich weiß nicht ob sie diesen Punkt verstehen.
33:05 S: Sie meinen, dass wir denken das da ein Ich sei getrennt von dem unordentlichen Bewusstsein.
33:10 K: Wir denken wir seien getrennt. Und daher sind wir gewöhnt, das ist unsere Konditionierung, darauf einzuwirken. Aber das kann ich nicht wirklich gut machen mit diesem ganzen unordentlichen Bewusstsein, welches ich bin. Dann taucht also die Frage auf; was ist Handeln? Wir sind gewohnt auf das unordentliche Bewusstsein einzuwirken. Wenn da die Einsicht der Tatsache ist; ich kann nicht handeln, weil ich das bin.
33:53 H: Was ist dann Handeln?

K: Das ist Nicht-Tun.
33:58 H: Ok.
34:00 K: Ah, das ist nicht okay, das ist der ganze Unterschied.
34:04 H: Ja, ich denke ich verstehe. Auf der einen Seite ist da das Einwirken des Bewusstseins auf sich selbst, was die Dinge nur aufrechterhält. Und wenn es das erkennt, hört es auf zu tun.
34:19 K: Es ist nicht Gewaltlosigkeit. Entschuldigung.
34:22 S: Sir, Sie sagen, dass wir normalerweise die Idee haben, dass da ein Selbst ist welches irgendwie getrennt ist von einigen der Inhalte des unordentlichen Bewusstseins.
34:31 K: Richtig, richtig, Sir.
34:32 S: Wenn man uns sagt, wir seien toll, wollen wir nicht getrennt davon sein, aber wenn wir Angst haben und jemand sagt wir seien entsetzlich, wollen wir getrennt sein.
34:40 K: Ganz recht.
34:41 S: Es ist also eher selektiv. Nichtsdestotrotz, fühlen wir das es etwas in uns gibt, das getrennt ist von den Inhalten des unordentlichen Bewusstseins. Wir handeln für gewöhnlich auf eine Art um entweder den Inhalt des Bewusstseins zu verändern, oder unsere Beziehung zu ihm, oder unsere Beziehung zur Welt, usw. Aber wir untersuchen normalerweise nicht diese augenscheinliche Trennung zwischen dem Selbst, dem Ich, und den Inhalten des unordentlichen Bewusstseins. Das ist etwas was wir nicht in Frage stellen. Nun schlagen Sie vor das im Eigentlichen diese Trennung, die wir tatsächlich erfahren und leben - die meisten erfahren sie - ist eigentlich etwas was wir hinterfragen und betrachten sollten, und wir sollten uns der Idee stellen, dass wir tatsächlich dieses unordentliche Bewusstsein sind und nichts anderes.

K: Absolut. Es ist so klar.
35:32 S: Es ist nicht klar, es ist sehr unklar, und es ist sehr schwierig das zu umfassen, weil wir so sehr gewohnt sind zu denken das man getrennt ist.
35:39 K: Das ist also unsere Konditionierung, können wir unsere Konditionierung zurück lassen? Die Konditionierung bin ich. Und dann wirke ich auf die Konditionierung ein, mich selbst abspaltend. Aber wenn ich das bin... Nicht-Tun; was die aller positivste Handlung ist.
36:07 H: Ich befürchte, dass dies so aufgefasst wird, dass wenn ich nicht handle, dass dann alles beim Alten bleibt.
36:13 K: Ah!
36:16 S: Sie schlagen vor, dass beim Wiedererkennen dessen, dass da eine Art Erkenntnisprozess stattfindet, ein sich stellen...
36:23 K: Es ist nicht sich stellen. Wer ist es der sich stellt? Nicht Wiedererkennen. Wer erkennt wieder? Sehen sie, wir denken immer in diesen Begriffen. Ich bin das. Punkt. Wir kommen nie zu dieser Einsicht, vollkommen. Es gibt einen Teil von mir der ist klar, und diese Klarheit wird auf das einwirken, was nicht klar ist. Immerzu läuft das ab.
37:02 S: Ja.

K: Ich sage, der gesamte Inhalt unseres Bewusstseins ist trüb, durcheinander. Es gibt keinen Teil der klar ist. Wir denken das da ein Teil ist, welcher der Beobachter ist, der sich trennt vom Durcheinander. Aber der Beobachter ist das Beobachtete. Gurus, und all das.
37:38 B: Sie stellten die Frage der Handlung. Wenn das der Fall ist, wie soll sich Handlung dann vollziehen?
37:53 K: Dort wo Wahrnehmung von etwas Wahrem ist, da ist diese Wahrheit in sich selbst ausreichend; es ist vorbei.
38:00 B: Ja. Sie haben zum Beispiel auch gesagt, dass das Durcheinander sein eigenes Durcheinander erkennt, richtig?

K: Ja. Durcheinander; und das wars.
38:13 S: Sagen sie, dass die Erkenntnis des Durcheinanders in sich selbst das Durcheinander auflöst?
38:19 K: Ja. Keine getrennte Einsicht, dass ich durcheinander bin. Die Tatsache ist, dass das Bewusstsein durcheinander ist. Punkt. Und ich kann damit nichts tun. Denn, vorher, war das Einwirken darauf eine Verschwendung von Energie. Denn, ich habe es nie aufgelöst. Ich habe mich rumgeschlagen, Schwüre abgelegt, ich habe alles möglich getan um das Durcheinander aufzulösen. Und nichts hat es je bereinigt. Vielleicht teilweise, gelegentlich...
39:04 H: Nun, ich denke das ist ein anderer Aspekt dessen. In der Therapy, oder in unserem Leben, scheinen wir Einsichten zu haben die bruchstückhaft sind, die ein bestimmtes Problem erhellen, und etwas Klarheit verschaffen, und Ordnung, für eine gewisse Zeit. Und dann kehrt die Sache zurück. In dieser oder jener Form.

K: Ja, ja.
39:26 H: ...oder gar auf gleiche Weise. Sie bringen ein, dass die Sache irgendwie in Gänze vollzogen werden muss.

K: Sehen Sie, bevor der Beobachter etwas damit tut, mit dem verwirrten Bewusstsein. Richtig?

H: Ja.
39:44 K: Man sagt, 'Ich werde es bereinigen, geben sie mir Zeit', und die ganze Leier. Und das ist eine Energieverschwendung.

H: Richtig.
39:55 K: Wobei in der Tatsache, dass sie das sind - ist keine Energieverschwendung. Das ist Aufmerksamkeit. Ich weiß nicht ob sie das tiefer betrachten möchten?
40:09 S: Doch, das ist sehr interessant. Bitte tun sie es.
40:16 K: Würden wir zustimmen, dass das 'damit etwas tun' Energieverschwendung ist?
40:25 H: Ja. Das erschafft mehr Unordnung.
40:29 K: Es erschafft mehr Unordnung, und da ist dieser ewige Konflikt zwischen dem Ich und dem Nicht-Ich. Das Ich, welches der Beobachter ist, und ich kämpfe damit, kontrolliere es, unterdrücke es, bemüht, besorgt, verstehen sie? Was alles im Wesen eine Verschwendung von Energie ist. Wobei ich das unordentliche Bewusstsein bin. Das habe ich eingesehen durch Aufmerksamkeit. Nicht 'ich habe es eingesehen', sorry.

B: Würden Sie sagen, dass das Bewusstsein selbst es eingesehen hat?
41:17 K: Ja.

B: Also nicht ich, richtig?
41:19 K: Ja. Das heißt, ich richte meine ganze Aufmerksamkeit auf dieses Bewusstsein, nicht 'ich richte' - da ist Aufmerksamkeit und Unaufmerksamkeit. Unaufmerksamkeit ist eine Verschwendung von Energie. Aufmerksamkeit ist Energie. Wo da die Beobachtung ist, dass dieses Bewusstsein durcheinander ist, kann diese Tatsache nur in totaler Aufmerksamkeit existieren. Und wo totale Aufmerksamkeit ist, ist Durcheinander nicht mehr existent. Es ist nur die Unaufmerksamkeit, die die Probleme erschafft. Fechten sie es an!
42:15 S: Also ich habe nicht ganz verstanden... Diese totale Aufmerksamkeit über die sie sprachen, kann nur diesen Effekt haben, wenn sie so beschaffen ist, dass sie vollkommen im Jetzt geschieht und frei von Erinnerung.
42:27 K: Ganz klar, Aufmerksamkeit ist das. Wenn ich achtsam bin gegenüber dem was sie gerade gesagt haben, - frei von Erinnerung, was also Aufmerksamkeit ist - höre ich ihnen nicht bloß mit dem Sinnesorgan Ohr zu, aber zugleich mit dem anderen Ohr, das heißt: Ich gebe meine gesamte Aufmerksamkeit um herauszufinden, was sie sagen, was wirklich im Jetzt geschieht. In Aufmerksamkeit gibt es keinen Mittelpunkt.
43:14 S: Weil Aufmerksamkeit und das Objekt der Aufmerksamkeit, eins werden, meinen Sie. Sie meinen es gibt keinen Mittelpunkt in der Aufmerksamkeit, weil die Aufmerksamkeit das Einzige ist was da ist; der Gegenstand der Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeit, ist das Einzige was ist.
43:27 K: Ah, nein, nein. Da ist Durcheinander, weil ich unaufmerksam war. Richtig?

S: Ja.
43:38 K: Wenn da die Beobachtung der Tatsache ist, dass der Beobachter das Beobachtete ist, und der Zustand der Beobachtung, indem es keinen Beobachter gibt, in Form von Vergangenheit; das ist Aufmerksamkeit. Sir, ich weiß nicht ob wir hier in die Frage der Meditation eindringen? Das ist ein anderes Thema.
44:08 H: Das mag ein wichtiges Thema sein. Es scheint, dass das worüber sie sprechen teilweise geschieht.
44:16 K: Ah! Es kann nicht teilweise sein; dann bleiben sie halb durcheinander, halb klar. Wir fallen zurück in den selben Zustand.
44:26 H: Ja.
44:28 S: Aber denken Sie, dass diese Art der Aufmerksamkeit von der Sie sprechen, etwas sei, dass viele Menschen gelegentlich erfahren in Momenten großer Schönheit, oder bei einem Musikstück, dass sie genießen, wo sie sich verlieren? Denken Sie, dass viele von uns einen Eindruck davon hatten während dieser Art von Erfahrungen?
44:46 K: So ist es. So ist es. Wenn ich einen Berg sehe, seine Majestät, seine Würde und Tiefe, lässt das mich selbst verschwinden. Ein Kind mit einem Spielzeug wird vom Spielzeug absorbiert. Der Berg hat mich absorbiert, das Spielzeug hat das Kind absorbiert. Ich sage, es bedeutet dass es etwas außerhalb von mir gibt, das mich ganz einnehmen wird, was mich friedlich werden lässt. Das bedeutet eine äußerliche Instanz, die mich ruhig stellt - Gott, Gebet, zu der einen oder anderen Sache aufschauen. Wenn ich die äußere Instanz ablehne, ganz und gar, kann mich nichts einnehmen. Sagen wir sie füllen mich ganz aus; wenn sie gehen, werde ich auf mich selbst zurück geworfen.
45:50 H: Ja.
45:52 K: Ich lasse also jede äußerliche Instanz zurück, die mich absorbieren könnte. Ich bin also auf mich selbst zurück geworfen, das ist mein Punkt.
46:02 H: Ich verstehe. Sie sagen also, dass wenn dies teilweise geschieht, liegt es daran, dass wir von etwas abhängen.
46:08 K: Ja, gewiss.

H: Ich verstehe.
46:11 K: Wie wenn ich von meiner Frau abhänge.

H: Oder meinem Therapeuten, oder Problem.
46:16 K: Etwas Größerem.

H: Ja.
46:17 K: Wie ein Hindu, Katholik, oder sonstwer, sie sind von etwas abhängig. Abhängigkeit setzt daher Anhaftung voraus.
46:29 H: Nun ist es möglich sich das anzuhören was Sie sagen und sich eine Idee darüber zu machen, und zu versuchen es umzusetzen.
46:36 K: Ah, Sie können es nicht tun! Das hieße, dass sie erneut tätig sind. Sie wollen etwas dafür erhalten. Als Tauschgeschäft; ich werde dir dies geben, du gibst mir jenes. Das ist nur Handel. Hier ist es nicht so, sie ergründen etwas was eine Menge Nachsinnen bedarf, eine Menge Intelligenz, und Aufmerksamkeit die sagt, 'Schau, warum ist da diese Trennung, dieses Durcheinander in der Welt?' Weil unser Bewusstsein ein Durcheinander ist, ist auch die Welt ein Durcheinander. Daraus ergibt sich also; Ist es möglich frei zu sein vom Ich? Bewusstsein, das unordentliche Bewusstsein, ist dieses Ich.
47:38 S: Es ist nicht möglich vom Inhalt des Bewusstseins frei zu sein, von den verschiedenen Erfahrungen, solange meine Augen offen sind. Ich schaue und sehe alle möglichen Dinge. Nun, was sie über die Aufmerksamkeit sagen, wenn jemand beispielsweise einen Berg betrachtet; schlagen sie vor, dass wenn ich die gleiche Art der Aufmerksamkeit allem entgegen bringe was ich erfahre, dass dies dann...
48:03 K: Sehen Sie, schon wieder; Sie erfahren.
48:06 S: Ja, nun, in Ordnung, aber...

K: Aber Sie sind die Erfahrung.
48:11 S: Ja.
48:13 K: Richtig? Das heißt, da ist keine Erfahrung.
48:21 S: Da ist nur Aufmerksamkeit, meinen Sie.
48:28 K: Erfahrung setzt Erinnerung voraus, Zeit, welche die Vergangenheit ist. Daher ist der Erfahrer das Erfahrene. Wenn ich Illumination suche, Erleuchtung, oder wie auch immer sie es gerne nennen, werde ich alle möglichen Dinge versuchen um es zu erreichen. Aber ich weiß nicht was Erleuchtung ist. Ich weiß es nicht. Nicht weil Sie es gesagt haben, oder der Buddha es sagte, oder sonstwer es sagte, Ich weiß nicht. Aber ich werde es herausfinden. Das bedeutet, dass das Bewusstsein vollkommen frei sein muss - von Vorurteil, von Angst, und all der Rest dieses Durcheinanders. Mein Anliegen ist also nicht Erleuchtung, sondern ob der Inhalt meines Bewusstseins bereinigt werden kann - welches Wort auch immer Sie bevorzugen. Das ist mein Anliegen - nicht Anliegen - das ist was ich ergründe. Und solange ich getrennt bin von meinem Bewusstsein kann ich es erfahren, kann ich es analysieren, kann ich es in Stücke zerlegen, darauf einwirken, was alles fortwährender Konflikt bedeutet, zwischen mir und meinem Bewusstsein. Ich frage mich warum wir das alles akzeptieren. Warum akzeptiere ich, dass ich ein Hindu bin? Warum akzeptiere ich, dass ich ein Katholik bin? Verstehen Sie?

S: Ja.
50:26 K: Warum akzeptieren wir, was andere Leute sagen?
50:30 H: Wir sagen es ja selbst.
50:33 K: Ja. Nein, nicht nur wir selbst sagen es, aber wir werden ermutigt, dazu angehalten, es wird gepfelgt von Menschen im Außen. Warum? Warum akzeptieren wir? Er ist ein Lehrer, und er unterrichtet mich, ich akzeptiere das. Weil er über Biologie mehr weiß als ich, darum gehe ich zu seinem Untericht, und ich werde informiert durch das was er sagt. Aber er ist nicht mein Guru, er bestimmt nicht über mein Verhalten. Er gibt mir Informationen über Biologie, und das interessiert mich. Ich will das lernen, ich möchte raus gehen und alles mögliche ausprobieren. Aber warum akzeptieren wir Authorität, psychologische Authorität, spirituelle - in Anführungszeichen spirituelle - Authorität? Erneut stoßen wie auf Sicherheit. Ich weiß nicht was zu tun ist, und Sie wissen es besser als ich; sie sind mein Guru. Ich lehne diese Position ab.
51:44 S: Aber kommen wir nicht auf die gleichen Probleme zurück, wenn wir nicht bei Authorität beginnen, sondern bei Verantwortung? Sagen wir, ich bin Vater, ich habe dieses Kind, wir haben vereinbart vor einiger Zeit...
51:57 K: Sie müssen es anleiten, sicher.
51:59 S: Sie müssen sich um das Baby kümmern.

K: Klar.
52:01 S: Gut. Aber nun, um das Baby zum ernähren müssen sie sich um Sicherheit kümmern, Job, Anstellung, sie wissen schon, Haus...
52:08 K: Gewiss, gewiss.

S: ... das Haus gegen Diebe schützen, usw.

K: Sicher doch.
52:12 S: Dann gelangen Sie in den selben Sog der Sorge um Sicherheit. Nur fangen Sie nicht bei Authorität, sondern bei Verantwortung an, für Andere oder für Kinder zum Beispiel.
52:21 K: Natürlich.
52:23 S: Was ist also die Antwort darauf? Es ist einfach zu sagen, sie sollten Verantwortung ablehnen.
52:29 K: Natürlich, wenn ich Geld habe, wenn ich Geld verdiene, Job, usw., muss ich nach mir selbst schauen, wenn ich Bedienstete habe muss ich nach denen schauen, meinen Kindern, vielleicht auch deren Kinder. Ich bin für all das verantwortlich.

S: Ja.
52:44 K: Physisch bin ich verantwortlich. Ihnen Nahrung zu geben, ihnen den richtigen Geldbetrag zu geben, ihren Kindern ermöglichen auf eine gute Schule zu gehen, wie meine eigenen - ich bin verantwortlich für all das.
52:59 S: Aber führt Sie das nicht wieder in die gleiche Position der Unsicherheit, usw., die sie versuchten durch diese Ablehnung der Authorität aufzulösen?
53:14 K: Ich sehe nicht ein warum ich spirituel- le oder psychologische Authorität brauche. Weil wenn ich weiß, wie ich mich selbst zu lesen habe, brauche ich niemanden um es mir zu sagen. Aber wir haben nie in voller Tiefe versucht das Buch unserer Selbst zu lesen. Ich komme zu Ihnen und sage, 'Bitte helfen sie mir zu beim lesen.' Und dann ist die ganze Angelegenheit verloren.
53:43 H: Aber ich denke was Rupert fragt, ist dass wenn wir damit beginnen Anzunehmen das wir eine Verantwortung für Andere haben, dass dies zu...

K: Was? Meine Arbeitsfähigkeit?
53:59 H: Welche sichergestellt sein muss.

K: Ja, so sicher wie eben geht. Nicht in Ländern wo eine enorme Arbeitslosigkeit herrscht.
54:07 H: Sie sagen also, dass dies keine psycho- logische Unsicherheit mit sich bringt?
54:11 K: Bestimmt nicht. Aber wenn ich sage, 'Er ist mein Bediensteter, ich werde ihn in dieser Position festhalten,' verstehen Sie?
54:19 H: Nein. Führen Sie das aus.

K: Ich behandle ihn wie einen Diener.
54:23 H: Ja.
54:25 K: Was unverantwortlich wird - ich weiß nicht... natürlich.
54:31 H: Aber wenn es ein Diener ist, kann er kommen und gehen. Aber wenn es ein Kind ist, kann es nicht kommen und gehen.

K: Ah! Er ist Teil meiner Familie.
54:39 B: Ich denke die Frage ist eher diese; nehmen wir an, Sie sind verantwortlich für eine Familie und die Umstände sind schwierig, Sie haben vielleicht keinen Job und machen sich Sorgen, und werden psychologisch unsicher.
54:49 K: Ja.

B: Richtig?
54:51 K: Ich sorge mich nicht darum; es ist da. Ich habe kein Geld mehr. Also, mein Freund, ich habe kein Geld mehr, wenn du bleiben willst, teilen wir das bisschen Essen das ich habe. Wir werden es teilen.
55:01 B: Sie sagen, dass selbst wenn Sie arbeitslos sind und Verantwortung tragen für eine Familie, wird es die Ordnung des Bewusstseins nicht stören, richtig?
55:09 K: Natürlich nicht.
55:10 B: Sie finden einen intelligenten Weg es zu lösen.
55:12 K: Damit umzugehen.

B: Ja.
55:15 S: Aber diese Art der Sorge, als Folge von Verantwortung, ist relativ.
55:18 K: Ich nenne es nicht Sorge. Ich bin verantwortlich.
55:22 S: Ja.
55:24 K: Und daher kümmere ich mich so gut ich kann.
55:27 S: Und wenn sie nicht können?

K: Entschuldigung?
55:31 S: Wenn sie nicht können?

K: Dann kann ich nicht. Warum sollte ich mich darum sorgen - ich kann nicht, es ist eine Tatsache.
55:40 B: Sie sagen, es sei möglich vollkommen frei zu sein von Sorge, zum Beispiel im Angesicht großer Schwierigkeiten.
55:46 K: Ja. Da ist keine... Sehen Sie, das ist was ich sage. Wo da Aufmerksamkeit ist, ist keine Notwendigkeit... da ist keine Sorge, weil da kein Mittelpunkt ist, von dem aus Sie aufmerksam sind.
56:02 S: Es gibt immernoch Probleme, und es mag immernoch Verantwortlichkeiten geben.
56:06 K: Natürlich, ich habe Probleme, also löse ich sie.
56:09 S: Aber wenn Sie sie nicht lösen können.
56:11 K: Dann kann ich nicht.

S: Wenn ihre Familie hungert.
56:13 K: Warum sollte ich mich darum sorgen? Ich kann nicht die Königin von England sein.
56:17 S: Nein.
56:18 K: Nein. Warum also darum sorgen?
56:20 S: Aber wenn Sie ein armer Inder sind, arbeitslos, Ihre Familie hungert, da ist nichts... Sie haben alles versucht, sie sind gescheitert. Sie sorgen sich nicht. In der Tat, verwunderlich genug, eine Menge von Indern in der Situation sorgen sich nicht - das ist das Erstaunlichste an Indien. Aber dann schauen Leute von Außen darauf und sagen, 'Nun, das ist Fatalismus'.

K: Ja, das ist wahr.
56:40 S: Und es wird oft als die Krankheit Indiens angesehen, die Tatsache, dass so Viele es schaffen sich nicht zu sorgen unter diesen Umständen, wie wir es erwarten würden.
56:48 K: Ich würde Sie gerne etwas fragen. Sie haben sich all das angehört - unordentliches Bewusstsein - erkennen wir das? Und entleeren den Inhalt, Angst, Sie wissen schon, die gesamte Angelegenheit? Interessiert es Sie?

H: Ja.
57:11 K: Vollkommen?

H: Ja.
57:13 K: Was heißt das?
57:16 H: Es bedeutet man hört einfach zu.
57:18 K: Nein, es bedeutet eine Unterhaltung, Dialog zwischen uns. Immer tiefer eindringend, tiefer und tiefer. Was heißt, dass Sie frei sein müssen um zu ergründen. Frei von Ihrem Vorurteil, von Ihrer vorherigen Erfahrung. Gewiss, andernsfalls können Sie nicht ergründen. Sie können nicht untersuchen. Untersuchen bedeutet entdecken, verstehen Sie, es weiter und weiter führen. Nun, sind Sie, sind wir, gewillt das zu tun, so dass tatsächlich das Ich nicht ist? Aber wenn das Ich nicht ist, bedeutet das nicht, dass sie Ihre Frau missachten, ihre Kinder - verstehen Sie? Das wäre so dumm, wie wenn Sie ein Sannyasi werden, sich in die Berge zurückziehen, ein Mönch, der sich ins Kloster zurückzieht. Das ist eine außerordentliche Form der Flucht. Die Tatsache ist, ich muss auf meine Frau und Kinder eingehen, und wenn ich einen habe, auf meinen Bediensteten. Kann ich so vollkommen ohne Ich sein, dass ich intelligent auf diese Probleme eingehen kann?