Was verändert uns?
Ojai - 27 March 1983
Conversation with Jonas Salk
0:18 | Jonas Salk: |
Worüber möchten Sie sprechen? | |
0:21 | K: Worüber sollen wir sprechen? |
0:23 | JS: Bitte sagen Sie mir, |
0:25 | was Ihr tiefstes Interesse, |
Ihr innigstes Anliegen ist? | |
0:33 | K: Es ist recht schwierig, |
das in Worte zu fassen, | |
0:36 | hier, vor der Kamera. |
JS: Ja. | |
0:39 | K: Doch wenn ich sehe, |
was aus der Welt wird, | |
0:48 | glaube ich, dass jeder ernsthafte Mensch |
0:53 | sich über die Zukunft sorgen muss, |
und was mit der Menschheit geschehen wird. | |
0:57 | JS: Ja. |
0:59 | K: Insbesondere wenn man Kinder hat, |
welche Zukunft haben sie? | |
1:10 | Werden sie dasselbe |
alte Muster wiederholen, | |
1:14 | wie es die Menschheit seit |
mehr oder weniger Jahrmillionen | |
1:17 | getan hat? |
1:20 | Oder wird es |
1:22 | einen fundamentalen Wandel |
in ihrer Psyche geben, | |
1:26 | in ihrem gesamten Bewusstsein? |
1:29 | Das ist wirklich die Frage, |
1:32 | ob es so bleibt – |
nicht Atomkrieg oder | |
1:37 | normaler Krieg – |
sondern dieses Mensch gegen Mensch. | |
1:40 | JS: Ja. Ich bin sicher, |
Sie haben eine Meinung dazu. | |
1:44 | K: Ja. ich weiß nicht, |
ob ich eine Meinung habe. | |
1:46 | Ich habe vieles beobachtet, |
1:49 | ich habe in meinem Leben |
mit vielen Menschen gesprochen, | |
1:53 | und es gibt sehr, sehr wenige, |
die wirklich beunruhigt sind, | |
2:00 | die sich für eine Sache einsetzen, |
2:03 | um herauszufinden, |
ob es eine andere Art gibt zu leben, | |
2:09 | eine globale Beziehung, |
ein globales Verstehen. | |
2:15 | Nicht einfach über |
die Sprache zu stolpern, | |
2:21 | nicht die religiösen oder die politischen |
Spaltungen und all dieser Unsinn, | |
2:28 | sondern wirklich herausfinden, |
2:32 | ob wir auf dieser Erde |
in Frieden leben können, | |
2:37 | ohne einander endlos |
umzubringen. | |
2:40 | Ich glaube, das ist das wirkliche Problem, |
dem wir jetzt gegenüberstehen. | |
2:45 | Und wir denken, |
die Krise ist im Außen. | |
2:51 | K: Sie ist in uns. |
JS: In uns. | |
2:53 | K: Die Krise ist in unserem |
Bewusstsein. | |
2:57 | JS: Es gibt eine Aussage |
eines Karikaturisten, | |
3:03 | es ist Pogo, der sagt, dass wir dem Feind |
begegnet sind, und der Feind sind wir. | |
3:11 | JS: Sie sagen also, |
3:14 | dass wir uns mit uns selbst |
konfrontieren müssen. | |
3:19 | K: Ja, mit uns selbst und |
unserer Beziehung zur Welt, | |
3:24 | sowohl im Außen wie im Innen. |
3:26 | JS: Das grundlegende Problem, |
mit dem | |
3:28 | wir konfrontiert sind, |
ist die Beziehung; | |
3:30 | unsere Beziehung mit uns selbst |
und unsere Beziehung mit anderen, | |
3:35 | und ich könnte sogar sagen, |
mit der Welt und dem Kosmos. | |
3:40 | Wir sehen uns wirklich mit der |
ewigen Frage | |
3:44 | nach dem Sinn des Lebens konfrontiert. |
3:46 | K: Dem Sinn unseres Lebens, |
das ist richtig. | |
3:48 | Entweder wir geben unserem Leben |
intellektuell einen Sinn, | |
3:55 | dass wir uns ein Ziel setzen und darauf |
hin arbeiten, | |
3:58 | was sich als so künstlich und |
unnatürlich herausstellt, | |
4:02 | oder wir verstehen die gesamte |
Struktur von uns selbst. | |
4:11 | Ich glaube jetzt, |
4:16 | dass wir technologisch außerordentliche |
Fortschritte gemacht haben, | |
4:22 | – Sie wissen, es ist fantastisch, |
was alles gemacht wird – | |
4:25 | aber auf dem anderen Gebiet, |
4:29 | dem psychischen, |
haben wir uns kaum bewegt. | |
4:35 | Wir sind, was wir schon immer |
gewesen sind. | |
4:41 | JS: Sogar noch heute, |
4:43 | wo wir so genannte künstliche |
Intelligenz entwickelt haben. | |
4:47 | K: Computer und so weiter. |
4:49 | JS: Computer und andere Geräte, |
4:54 | und wir beginnen unsere Aufmerksamkeit |
darauf zu richten, | |
4:57 | wie wir von dieser künstlichen |
Intelligenz Gebrauch machen können, | |
5:00 | ohne ... |
K: ... uns zu zerstören ... | |
5:03 | JS: ohne die Notwendigkeit |
zu erkennen, dass wir | |
5:06 | lernen müssen, unsere eigene |
natürliche Intelligenz zu gebrauchen. | |
5:10 | K: Besitzen wir eine |
natürliche Intelligenz, | |
5:12 | oder haben wir sie zerstört? |
5:15 | JS: Sie ist angeboren, |
5:16 | und wir zerstören jeden Einzelnen |
von klein auf. | |
5:23 | Ich glaube, wir sind mit einer |
natürlichen Intelligenz geboren, | |
5:27 | aber ich glaube manchmal ... |
5:28 | K: Ich würde das wirklich |
gern in Frage stellen, | |
5:30 | ob wir mit einer natürlichen Intelligenz |
geboren werden. | |
5:32 | JS: Wir werden mit der Fähigkeit, |
dem Potenzial dafür geboren, | |
5:36 | genau so wie wir mit der Fähigkeit |
der Sprache geboren werden. | |
5:40 | K: Ja. |
JS: Aber sie muss eingeübt werden, | |
5:42 | aktiviert, |
5:44 | sie muss mit den Lebenserfahrungen |
zusammen angewandt werden. | |
5:49 | Und aus diesem Grund müssen |
wir wirklich verstehen, | |
5:55 | welche Bedingungen und |
Umstände nötig sind, | |
5:57 | um dieses Potenzial hervorzubringen. |
6:00 | K: So lange wie wir konditioniert sind... |
6:05 | JS: Wir können immer konditioniert werden, |
das liegt in unserer Natur. | |
6:09 | K: Ja, aber es ist möglich, uns von |
diesen Konditionierungen zu befreien, | |
6:13 | oder muss es so weitergehen? |
6:17 | JS: Fragen Sie, ob es möglich ist, |
6:19 | den Einzelnen von seiner Konditionierng |
zu befreien? | |
6:25 | K: Der Einzelne, der von der Gesellschaft |
konditioniert wurde, | |
6:29 | durch die Sprache, das Klima, |
6:32 | durch Literatur, Zeitungen, |
alles hat ihn geformt, | |
6:41 | beeindruckt, beeinflusst. |
6:47 | Und kann diese Konditionierung, |
6:54 | kann er sie jemals verlassen? |
6:56 | JS: Das ist sehr schwierig, |
6:59 | denn sie neigt dazu |
sich festzusetzen, | |
7:04 | aus diesem Grund müssen wir unsere |
Aufmerksamkeit der Jugend widmen, | |
7:10 | jeder neuen Generation, die in einen |
neuen Kontext hineingebracht wird, | |
7:16 | und durch diesen Kontext, diese |
Umstände geformt wird. | |
7:20 | Wir haben eine Gelegenheit, |
7:22 | einen neuen und noch |
ungeformten Geist | |
7:26 | in einer gesünderen Weise |
zu beeinflussen, | |
7:29 | als das bisher geschehen ist. |
K: Man ist, | |
7:32 | wenn ich hier über mich sprechen darf, |
7:37 | mit vielen jungen Menschen, |
Tausenden von ihnen, | |
7:41 | in Berührung gekommen. |
7:46 | Im Alter von fünf bis zwölf scheinen sie |
intelligent, neugierig, wach zu sein, | |
7:54 | voller Energie |
und Lebendigkeit und Schönheit. | |
7:58 | K: Wenn sie älter sind – |
und das ist die Verantwortung der Eltern, | |
8:04 | der Gesellschaft, der Zeitungen, |
ihrer eigenen Freunde, der Familie, | |
8:08 | – in all dem scheinen sie |
zu ertrinken, | |
8:12 | es macht sie so häßlich, gemein, |
verstehen Sie, | |
8:15 | die gesamte Menschheit |
ist so geworden. | |
8:17 | Ist es also möglich, |
sie anders zu erziehen? | |
8:22 | JS: Ich glaube ja. |
8:24 | Ich habe in einem |
kürzlichen Artikel gesagt, | |
8:30 | dass wir eine immunisierende |
Erziehung brauchen. | |
8:34 | Die Analogie, die ich gebrauche, |
ist die Immunisierung | |
8:38 | gegen eine lähmende Krankheit. |
K: Lähmung, richtig! | |
8:40 | JS: Und hier denke ich an |
die Lähmung des Verstandes, | |
8:43 | nicht nur eine Lähmung |
des Körpers. Und ich glaube... | |
8:46 | K: Können wir das etwas untersuchen: |
8:48 | Was lähmt den Verstand? |
8:53 | Grundsätzlich, |
natürlich nicht oberflächlich. | |
8:56 | Grundsätzlich gesehen, |
ist es das Wissen? | |
9:06 | JS: Falsches Wissen. |
9:07 | K: Wissen, |
9:08 | ich gebrauche das Wort Wissen, |
sei es nun richtig oder falsch, | |
9:12 | aber Wissen, |
psychisches, psychologisches Wissen, | |
9:15 | nicht akademisches Wissen, |
9:18 | nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, |
nicht Wissen von... | |
9:21 | nicht technologisches Wissen, |
Computer und so weiter, | |
9:24 | wenn wir all das beiseite lassen, |
9:28 | ist dem Menschen in seinem Innern |
durch dieses Wissen geholfen worden? | |
9:38 | JS: Beziehen Sie sich |
auf das Wissen, | |
9:41 | das der Erfahrung entspringt? |
9:44 | K: Den gesamten Bereich des Wissens. |
9:47 | Das Wissen ist letztendlich |
das Ansammeln von Erfahrungen. | |
9:51 | JS: Ich sehe zwei Arten von Wissen. |
9:53 | Ich sehe eine organisierte Ansammlung |
von Wissen, | |
9:56 | die von der Wissenschaft kommt; |
9:58 | und dann sehe ich ein Wissen, |
10:01 | das der menschlichen Erfahrung |
entspringt. | |
10:03 | K: Ja, der menschlichen Erfahrung – |
10:06 | nehmen wir nur die menschliche Erfahrung. |
10:07 | Wir haben wahrscheinlich über |
siebentausend Jahre Kriege geführt | |
10:13 | JS: Ja. |
10:15 | K: Und heutige Kriege, |
10:19 | früher wurde mit einem Pfeil |
oder einer Keule getötet, | |
10:23 | zwei oder drei Menschen, |
höchstens einhundert, | |
10:25 | heutzutage Millionen auf einmal. |
10:30 | JS: Sehr viel effizienter. |
K: Sehr viel effizienter. | |
10:33 | Man ist oben in der Luft und |
weiß nicht, wen man umbringt. | |
10:37 | Es kann deine eigene Familie sein, |
deine eigenen Freunde. | |
10:42 | Also hat diese Erfahrung |
10:44 | nach zehntausend Jahren |
oder fünftausend Jahren Krieg, | |
10:50 | hat diese Erfahrung den Menschen gelehrt |
nicht zu töten? | |
10:55 | JS: Nun, mich hat es |
etwas gelehrt. | |
10:59 | ich sehe keinen Sinn darin, |
andere teilen diese Ansicht, | |
11:04 | eine wachsende Zahl, |
11:07 | es gibt eine wachsende Zahl von Menschen, |
die sich bewusst werden, | |
11:11 | wie absurd |
diese Art des Verhaltens ist. | |
11:14 | K: Nach zehntausend Jahren? |
Können Sie meine Frage nachvollziehen? | |
11:18 | JS: Ja, ich folge Ihnen. |
11:22 | K: Wir müssen fragen, |
ob es überhaupt ein Lernen gibt, | |
11:28 | oder wandern wir nur blind umher? |
11:34 | Wenn nach mehr oder weniger |
zehntausend Jahren | |
11:40 | die Menschheit eine sehr simple |
Tatsache nicht gelernt hat: | |
11:45 | Töte niemanden, |
um Gottes Willen. | |
11:49 | Du tötest dich selbst, |
du tötest deine Zukunft. | |
11:54 | Und das ist nicht gelernt worden. |
Richtig? | |
12:01 | JS: Manche haben es gelernt, |
nicht alle. | |
12:05 | K: Natürlich gibt es Ausnahmen. |
12:08 | Lassen wir die Ausnahmen. |
12:11 | Glücklicherweise wird es immer |
Ausnahmen geben. | |
12:15 | JS: Glücklicherweise ... |
K: Glücklicherweise. | |
12:16 | JS: Das ist sehr wichtig. |
K: Natürlich, glücklicherweise. | |
12:19 | Doch die Mehrheit, |
12:21 | die den Krieg wählt, |
die Präsidenten, | |
12:25 | die Premierminister |
und alle anderen, | |
12:29 | sie hat nichts gelernt. |
Sie wird uns vernichten. | |
12:35 | JS: Wenn wir es zulassen. |
K: Aber es geschieht. | |
12:40 | JS: Die endgültige Vernichtung |
ist noch nicht geschehen. | |
12:44 | K: Ah, natürlich. |
12:45 | JS: Sie haben vollkommen recht, |
Sie haben vollkommen recht. | |
12:49 | Doch wir müssen uns dieser neuen |
Gefahr bewusst werden. | |
12:56 | Und etwas muss jetzt |
in uns aufsteigen. | |
12:59 | K: Sir, ich würde das gern untersuchen, |
denn ich frage mich, | |
13:04 | ob die Erfahrung die Menschen |
irgend etwas gelehrt hat, | |
13:09 | außer noch brutaler, |
noch eigennütziger, | |
13:14 | noch selbstbezogener zu sein, |
13:18 | mehr an sich selbst interessiert |
und ihrer kleinen Gruppe, | |
13:22 | ihrer kleinen Familie, |
ihrer kleinen... | |
13:25 | Das Stammesdenken, |
13:29 | das zum nationalen Bewusstsein |
geworden ist - verherrlicht, | |
13:32 | und das dabei ist uns zu zerstören. |
13:36 | Also, mehr oder weniger |
zehntausend Jahre | |
13:42 | haben den Menschen nicht gelehrt: |
Töte nicht, da ist etwas falsch. | |
13:50 | JS: Ich würde gern |
einen Vorschlag machen, | |
13:53 | eine Art, dieses Problem, diese Frage |
anzugehen. | |
13:58 | Ich würde es gern von einem evolutionären |
Standpunkt aus betrachten | |
14:02 | und vermute, dass wir uns über einen |
Zeitraum hinweg entwickeln, | |
14:11 | in dem die Ausnahme, |
14:14 | die Sie vorher erwähnten, |
14:16 | eines Tages die Regel wird. |
14:20 | Nun, wie kann das geschehen? |
14:23 | Es muss geschehen, sonst |
wird es nichts Nennenswertes mehr geben, | |
14:27 | nach dem Ereignis. |
K: Natürlich. | |
14:29 | JS: Deshalb sehen wir uns jetzt |
einer Krise gegenüber. | |
14:33 | K: Das sagten wir. |
14:35 | JS: Die Krise ist unmittelbar, |
14:38 | sie kommt immer näher. |
K: Ja, Sir. | |
14:42 | JS: Und deshalb müssen wir wohl |
14:45 | selbst in die Arena steigen, |
14:48 | ganz bewusst, |
14:50 | und während wir jetzt darüber sprechen, |
14:53 | im vollen Bewusstsein dessen, |
was wir sagen, | |
14:56 | im Bewusstsein des Risikos |
und der Gefahr, | |
14:59 | muss eine Anstrengung unternommen werden, |
15:02 | ein Weg muss gefunden werden, |
um das Bewusstsein | |
15:06 | der gesamten Welt emporzuheben, |
so schwierig das auch sein mag. | |
15:09 | K: Ich verstehe das alles. |
15:11 | Ich habe in der ganzen Welt |
mit vielen Politikern gesprochen, | |
15:16 | und das ist ihr Argument. |
15:19 | K: Sie, und Menschen wie Sie |
müssen in die Arena steigen. | |
15:25 | Warten Sie einen Moment. |
15:31 | Wir versuchen immer, |
Krisen zu bewältigen, | |
15:35 | und fragen uns nicht, |
was sie verursacht hat. | |
15:41 | Wenn es zu einer Krise kommt, |
sind wir derart besorgt, | |
15:47 | wir versuchen, sie beizulegen, |
ohne uns um das Vergangene | |
15:50 | oder alles andere zu kümmern. |
Wichtig ist, die Krise beizugelegen. | |
15:53 | JS: Das ist falsch. |
K: Aber das tun sie. | |
15:56 | JS: Das verstehe ich. |
15:57 | Und deshalb ist Ihre Weisheit nötig, |
15:59 | die Weisheit von Menschen Ihresgleichen, |
16:03 | die in die Zukunft blicken, |
vorausahnen können, | |
16:09 | die die Schrift an der Wand erkennen |
16:11 | und handeln, bevor die Wand |
in sich zusammenfällt. | |
16:14 | K: Deshalb schlage ich vor, |
16:18 | all dem auf den Grund zu gehen. |
16:22 | Nicht einfach zu sagen, |
werdet mit dieser Krise fertig. | |
16:25 | JS: Ich bin ganz Ihrer Meinung. |
16:27 | K: Aber das ist es, |
was die Politiker sagen. | |
16:31 | JS: Ich werde dieses Spiel |
nicht mitspielen, | |
16:33 | und auch nicht vorschlagen, |
dass wir es tun. | |
16:36 | K: Nur dumme Menschen tun es. |
JS: Ja. | |
16:38 | K: Törichte Menschen. Doch ich glaube, |
16:41 | dass all dem das Verlangen |
zugrunde liegt, | |
16:45 | ein sicheres, behütetes Leben zu führen. |
16:52 | Ich sondere mich als Familie ab, |
16:55 | dann als kleine Gruppe, |
usw, usw. | |
17:01 | JS: Wir werden erkennen, |
17:04 | dass wir alle miteinander |
eine große Familie sind. | |
17:07 | Unsere größte Sicherheit |
werden wir daraus beziehen, | |
17:10 | dass wir in unserer Familie für andere |
Sorge tragen. | |
17:13 | K: Ja. |
17:14 | JS: Es wird uns keinen Vorteil bringen, |
17:17 | andere leiden zu lassen, |
17:20 | die für uns und für sich selbst |
zu einer Bedrohung werden, | |
17:23 | jetzt, im Hinblick |
auf einen Atomkrieg. | |
17:27 | K: Daher meine Frage, |
ob das Leiden uns etwas lehrt. | |
17:32 | - das tut es nicht, oder? - |
17:36 | auch die qualvollen Kriege |
sind uns keine Lehre - | |
17:44 | wodurch lernen wir also, |
wodurch verändern wir uns? | |
17:48 | Was sind die Voraussetzungen dafür? |
17:52 | Weshalb lernen die Menschen nicht, |
17:54 | sie haben so lange auf dieser |
unglücklichen Erde gelebt, | |
17:59 | und sie zerstören die Erde, |
auf der sie anbauen, | |
18:04 | und letztendlich auch sich selbst. |
18:06 | Was ist der Grund? |
18:08 | Wir spekulieren nicht, wir wollen die |
tiefe menschliche Ursache finden. | |
18:17 | K: Wenn wir die nicht finden, können wir |
ewig so weitermachen. | |
18:21 | JS: Das stimmt. |
18:24 | Sie fragen nach den Ursachen, |
18:28 | K: die den Menschen in diese Krise |
geführt haben. | |
18:37 | JS: So wie ich das sehe, |
ist es die Notwendigkeit, | |
18:43 | in Zeiten einer Bedrohung |
überleben zu können, | |
18:51 | wenn aus einem Krieg irgendein |
Nutzen gezogen werden kann. | |
18:57 | An einem Krieg sind Menschen beteiligt. |
19:03 | Wenn dann die Zeit kommt, |
dass nichts mehr gewonnen, | |
19:08 | aber alles verloren werden kann, |
19:11 | werden wir uns vielleicht |
anders besinnen. | |
19:14 | K: Doch wir werden die Verlierer sein, |
nicht wahr? | |
19:17 | Wir verlieren jeden Krieg, |
weshalb haben wir das nicht erkannt? | |
19:25 | Die Historiker haben darüber berichtet, |
19:28 | alle großen Schüler, verstehen Sie? |
Und der Mensch | |
19:32 | ist stammesbewusst geblieben, |
kleinkariert und auf sich selbst bezogen. | |
19:40 | Ich frage Sie: |
Was wird ihn ändern? | |
19:46 | Ich meine augenblicklich, |
nicht in der Zukunft, nicht allmählich, | |
19:54 | denn die Zeit könnte der Feind |
des Menschen sein. | |
19:58 | Die Evolution könnte der Feind sein. |
20:02 | JS: Feind - die Evolution |
könnte die einzige Lösung sein. | |
20:06 | K: Oder - wenn der Mensch nicht |
aus all diesem Leid gelernt hat, | |
20:13 | und immer so weitermacht ... |
20:19 | JS: Er hat sich bislang |
nicht genügend weiterentwickelt. | |
20:22 | Bislang hat es keine günstigen |
Voraussetzungen gegeben, | |
20:26 | um die Probleme zu lösen, |
die zum Krieg führen. | |
20:33 | K: Wir haben Kinder, |
wie sieht ihre Zukunft aus? Krieg? | |
20:42 | Und wir als Eltern, |
wie sollen wir damit umgehen? | |
20:52 | Wie werden wir uns |
dieser Vorgänge bewusst, | |
20:59 | des Ausmaßes, |
21:02 | und wenn sich nichts ändert, |
wird es endlos so weitergehen. | |
21:05 | JS: Ein Wandel ist deshalb unerlässlich. |
21:08 | K: Ja, schon... |
21:09 | JS: Wie werden wir |
ihn herbeiführen? | |
21:10 | K: Das ist unsere Frage. |
21:11 | Ein Wandel ist unerlässlich. |
JS: Das verstehe ich. | |
21:13 | K: Wenn der Wandel |
durch Evolution geschehen soll, | |
21:15 | was Zeit beinhaltet, |
21:18 | werden wir uns zerstören. |
21:20 | JS: Doch ich glaube, dass wir den |
21:23 | evolutionären Prozess |
beschleunigen müssen. | |
21:26 | Wir müssen das vorsätzlich und |
bewusst tun. | |
21:29 | Bislang haben wir uns |
unbewusst weiterentwickelt, | |
21:33 | was uns an den Punkt gebracht hat, |
den Sie beschreiben. | |
21:36 | Es muss ein neuer, |
anders gearteter Wandel stattfinden, | |
21:40 | ein Wandel in unserem Bewusstsein, |
21:45 | indem wir unsere Intelligenz gebrauchen. |
21:47 | K: Ich frage also, |
was sind die Ursachen? | |
21:52 | Wenn ich die Ursachen finde, |
kann ich sie beenden. | |
21:58 | Wenn ich also die Gründe |
22:02 | oder die vielen Ursachen finde, |
22:03 | die den Menschen |
in diesen Zustand gebracht haben, | |
22:07 | dann kann ich diesen Ursachen nachgehen. |
22:10 | JS: Darf ich eine |
andere Betrachtungsweise vorschlagen: | |
22:13 | Nehmen wir einmal an, |
22:16 | dass die Ursachen, die |
bis hierhin geführt haben, | |
22:18 | bestehen bleiben, wenn von Außen |
22:23 | kein Richtungswechsel vorgenommen wird. |
22:25 | Ich schlage vor, |
22:27 | dass wir uns auf die positiven Seiten |
im Menschen konzentrieren | |
22:32 | und nach Möglichkeiten suchen, |
22:33 | diese zu bestärken. |
22:35 | K: Das setzt Zeit voraus. |
22:38 | JS: Auf der menschlichen Ebene |
geschieht alles in der Zeit. | |
22:42 | Ich schlage vor, dass wir |
den zeitlichen Prozess beschleunigen, | |
22:46 | ihn verkürzen, |
22:47 | dass wir nicht alles nur der Zeit oder |
dem Zufall überlassen, | |
22:52 | sondern in unsere |
Evolution in einer Weise eingreifen, | |
22:56 | dass wir unsere Evolution |
mitbestimmen können. | |
22:59 | K: Das verstehe ich. |
23:02 | Meine Frage ist aber weitergehend, |
23:06 | es mag keine Antwort darauf geben, |
doch für mich liegt die Lösung | |
23:10 | im Enden der Zeit. |
23:16 | Mit diesen Gedankengängen |
23:21 | habe ich noch ein paar Tage, |
bevor Sie mich umbringen. | |
23:29 | In diesen paar Tagen |
muss ich mich ändern. | |
23:34 | JS: Ich glaube, |
dass die Zeit folgendermaßen enden wird: | |
23:37 | dass die Vergangenheit vergeht |
und die Zukunft beginnt. | |
23:41 | K: Was meinen Sie damit? |
23:43 | Damit die Vergangenheit, die derart |
komplex ist, enden kann, | |
23:50 | muss das Gedächtnis, das Wissen, |
das Verlangen, die Hoffnung, | |
24:00 | all das muss aufhören. |
24:03 | JS: Lassen Sie mich |
ein Beispiel anführen | |
24:05 | von einem Enden und einem Neuanfang. |
24:10 | Als man erkannte, dass die Erde |
rund ist und nicht flach, | |
24:14 | fand eine Änderung in der |
Wahrnehmung statt, und fortan | |
24:18 | wurde die Erde nicht als flach, sondern |
als rund wahrgenommen. | |
24:22 | Dasselbe galt |
24:23 | für den Glauben, dass die Sonne |
sich um die Erde dreht, | |
24:27 | bis sich herausstellte, |
24:29 | dass es die Erde war, |
die sich um die Sonne dreht. | |
24:30 | K: Galileo wurde dafür von der Kirche |
fast verbrannt. | |
24:32 | JS: Ganz genau. Und dasselbe kann |
wieder passieren. | |
24:38 | K: Meine Frage lautet also: Ist die Zeit |
ein Feind oder eine Hilfe? | |
24:44 | JS: Wir müssen die Zeit |
zu unserem Vorteil nutzen. | |
24:50 | In welcher Weise? |
D.h., ich habe eine Zukunft | |
24:57 | - richtig? - |
24:58 | Ich habe noch einhundert |
oder fünfzig Jahre zu leben, | |
25:03 | und kann ich innerhalb dieser fünfzig Jahre |
die gesamte menschliche Erfahrung, | |
25:12 | meinen Bewusstseinsinhalt, |
in einer Weise komprimieren, | |
25:20 | dass er zu einem |
winzig kleinen Punkt wird, | |
25:27 | um dann zu verschwinden? |
25:32 | Hat das menschliche Gehirn diese Fähigkeit |
25:37 | - auf dem technologischen Gebiet |
vermag es so Vieles - | |
25:43 | doch scheinen wir diese außerordentliche |
25:45 | Fähigkeit nicht für unser inneres |
Wohlergehen zu nutzen. | |
25:49 | JS: Gehen wir darauf ein. |
25:50 | K: Das sagte ich. |
JS: Das ist das zentrale Thema. | |
25:52 | K: Das sagte ich. |
JS: Ich bin vollkommen einverstanden. | |
25:55 | K: Wenn wir diese gewaltige Energie |
darauf richten könnten, | |
26:00 | wären wir augenblicklich verändert. |
JS: Augenblicklich, da haben Sie es. | |
26:03 | K: Das weiß ich. |
26:06 | Was wird den Menschen dazu veranlassen, |
seine Aufmerksamkeit auf | |
26:11 | diese Energie, |
auf diesen einen Punkt zu richten? | |
26:17 | Das Leid hat ihn nicht dazu gebracht, |
26:21 | eine bessere Verständigung auch nicht. |
26:23 | Nichts hat ihm dazu verholfen, |
26:26 | weder Gott, die Kirche, Religionen, |
26:31 | bessere Staatsoberhäupter, |
die neuesten Gurus, nichts von alledem. | |
26:36 | JS: Das stimmt. |
26:38 | K: Kann ich das jetzt alles beiseite lassen, |
von niemandem mehr abhängig sein? | |
26:49 | K: Weder von Wissenschaftlern, Ärzten, |
26:51 | Psychologen, von niemandem... |
26:57 | JS: Was Sie sagen, ist, dass noch kein |
Mittel erfunden wurde, | |
27:02 | um das zu erreichen, wovon Sie sprechen. |
27:05 | K: Ich glaube nicht, dass es die Mittel sind |
- die Mittel sind der Zweck. | |
27:10 | JS: Das akzeptiere ich. |
27:12 | K: Deshalb suchen Sie nicht nach Mitteln. |
27:14 | Erkennen Sie, dass diese Menschen Ihnen |
in keiner Weise geholfen haben. | |
27:17 | Im Gegenteil, sie haben Ihnen den falschen |
Weg gezeigt. Vergessen Sie es. | |
27:23 | JS: Sie sind nicht die Mittel. |
K: Sie sind nicht die MIttel. | |
27:26 | JS: Weil sie dem Zweck, |
von dem wir sprechen, | |
27:28 | nicht dienen. |
K: Sie sind nicht die Mittel. | |
27:31 | Autoritäten im Außen sind nicht |
die Mittel, es ist in uns. | |
27:38 | Es erfordert einen gewaltigen |
27:45 | - ich scheue mich, das Wort 'Mut' |
zu benutzen - um allein dazustehen, | |
27:50 | allein, an nichts gebunden. |
28:00 | Wer wird das tun? |
Der eine oder andere. | |
28:04 | JS: Das ist die Herausforderung. |
28:06 | K: Ich sage also, um Himmels Willen, |
schauen Sie genau hin, | |
28:10 | es sind weder die Mittel, |
noch ist es der Zweck. | |
28:19 | JS: Was die Lösung des Problems angeht, |
bin ich mit Ihnen einer Meinung. | |
28:28 | Ich teile Ihre Meinung, |
es ist vielleicht eine der | |
28:32 | schwierigsten Herausforderungen, |
mit denen die Menschheit | |
28:36 | konfrontiert gewesen ist. |
28:38 | Deshalb hat man es bis zuletzt gelassen. |
28:41 | Die einfachen Dinge sind getan. |
28:43 | Wir manipulieren beispielsweise |
die künstliche Intelligenz, | |
28:50 | aber nicht unsere eigene. |
28:54 | Das ist verständlich, denn wir sind |
gewissermaßen | |
29:01 | beides, die Ursache und die Wirkung. |
29:03 | K: Die Ursache wird zur Wirkung, |
29:05 | die Wirkung wird zur Ursache, usw., |
29:07 | wir bleiben darin gefangen. |
29:09 | JS: Ja. |
Da wir nun an einen Punkt gelangt sind, | |
29:16 | an dem die Menschheit |
sich auslöschen kann, | |
29:22 | scheint es mir, dass sozusagen die |
einzige notwendige Erfindung, | |
29:28 | auf die wir warten, |
ein Mittel sein muss, | |
29:33 | mit dem alle Faktoren, alle Bedingungen |
beherrscht werden können, | |
29:40 | die in der Vergangenheit |
29:45 | zu Kriegen geführt haben. |
K: Ja, ich frage mich | |
29:49 | - es mag belanglos sein - |
29:54 | die Welt ist auf Vergnügen |
ausgerichtet. | |
29:57 | Sie bemerken das in diesem Land |
mehr als anderswo, | |
30:02 | ein riesiges Verlangen nach Vergnügen |
und Unterhaltung, | |
30:11 | d.h., stets unterhalten zu werden. |
30:16 | In der Schule ziehen die Kinder |
die Unterhaltung dem Lernen vor. | |
30:23 | Weiter gen Osten ist man begierig |
zu lernen. | |
30:28 | Sie sind dort gewesen. |
JS: Ja. | |
30:30 | K: Sie wollen lernen. |
30:32 | JS: Das ist auch erfreulich. |
30:37 | K: Ja. Natürlich, natürlich. |
30:39 | Das menschliche Bestreben ist |
auf Vergnügen ausgerichtet, | |
30:47 | offensichtlich ist das |
geschichtlich belegt | |
30:50 | - Vergnügen, ob nun in der Kirche, |
30:53 | in der Messe, diesem ganzen Zirkus, |
der im Namen der Religion geschieht, | |
30:57 | oder beim Fußball, |
31:00 | das gab es schon in der Antike. |
31:06 | Und das mag eine |
unserer Schwierigkeiten sein; | |
31:10 | von Spezialisten unterhalten zu werden, |
31:14 | Sie wissen schon, eine ganze Welt |
von Unterhaltungskünstlern. | |
31:20 | Jede Zeitschrift, die hier und da |
eine Reihe | |
31:23 | von guten Artikeln enthält, |
ist eine Form von Unterhaltung, | |
31:27 | Der Mensch strebt also nicht nur danach, |
der Angst zu entkommen, | |
31:35 | er jagt auch dem Vergnügen nach. |
31:38 | Beides geht zusammen. |
JS: Gewiss, das ist so. | |
31:44 | K: Zwei Seiten einer Medaille. |
31:46 | K: Doch wir vergessen die andere Seite, |
die Angst. | |
31:52 | Und das mag einer der Gründe |
für die bevorstehende Krise sein. | |
31:58 | JS: Es ist nicht das erste Mal, |
32:00 | dass eine Spezies ausgestorben ist. |
32:02 | Wir sollten uns die Frage stellen, |
32:04 | ob es nicht in einigen Gesellschaften |
Kulturen gibt, | |
32:07 | die größere Überlebenschancen haben, |
32:10 | weil sie mit den notwendigen |
Eigenschaften ausgestattet sind, | |
32:13 | um die Probleme und Schwachstellen, |
auf die Sie hingewiesen haben, | |
32:22 | zu überwinden. |
32:26 | Mir scheint, |
dass Sie eine Zeit | |
32:33 | großer Schwierigkeiten und |
großer Gefahr voraussagen. | |
32:37 | Und Sie verweisen |
auf die Unterschiede, | |
32:40 | die zwischen Völkern, Kulturen und |
Individuen existieren, | |
32:43 | von denen einige, mit Ausnahmen, |
32:48 | diejenigen sein werden, |
die das Inferno | |
32:54 | überleben und weitermachen werden. |
32:57 | K: D.h., ein oder zwei oder |
33:00 | ein halbes Dutzend Menschen, |
die diesen Schlamassel überleben. | |
33:03 | - nein, ich kann mir nicht vorstellen, |
dass das... | |
33:08 | JS: Ich schlage das nicht vor. |
33:10 | Ich male nur etwas aus, |
33:14 | füge Anzahl, Menge, Beschaffenheit hinzu, |
33:17 | um den Menschen ihre Verantwortung |
für diese Zukunft | |
33:23 | deutlich zu machen. |
33:25 | K: Sir, bezieht sich diese Verantwortung |
33:29 | nicht lediglich auf Ihr kleines Umfeld, |
Ihre Familie, | |
33:33 | sondern, dass Sie als Mensch |
für die gesamte Menschheit | |
33:36 | verantwortlich sind? |
33:39 | JS: Ich glaube, ich nannte Ihnen |
33:41 | den Titel einer Rede, die ich |
in Indien gehalten habe, er lautete: | |
33:45 | 'Sind wir gute Vorfahren?' |
33:48 | Als Vorfahren haben wir eine Verantwortung |
für die Zukunft. | |
33:52 | Da bin ich ganz Ihrer Meinung. |
33:55 | Und je eher wir uns dessen bewusst werden |
33:59 | und bewusst etwas dafür tun, |
34:02 | so, als seien wir unmittelbar bedroht. |
34:04 | K: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, |
dass es Ausnahmen gibt. | |
34:09 | Doch die überwiegende Mehrheit |
34:13 | sieht das nicht so, sie wählen Vorstände, |
34:17 | Präsidenten, Premierminister oder |
totalitäre Machthaber, | |
34:22 | die alles unterdrücken. |
34:27 | Während also die Mehrheit |
für diese Leute stimmt | |
34:32 | oder einige Wenige die Macht |
an sich reißen, | |
34:39 | um über andere zu bestimmen, |
sind wir denen ausgeliefert, | |
34:43 | sogar die ganz außergewöhnlichen |
Menschen. | |
34:50 | Bislang ist das nicht geschehen. |
34:52 | Es geht dann vielleicht |
um ein Rede- oder Schreibverbot. | |
35:01 | Verstehen Sie? |
35:04 | Auf der einen Seite gibt es also den Drang |
nach Sicherheit, | |
35:11 | um irgendwo so etwas |
wie Frieden zu finden. | |
35:16 | JS: Wären Sie bereit zu sagen, |
35:20 | dass es den Menschen |
in Führungpositionen | |
35:24 | derzeit an Weisheit mangelt? |
35:26 | K: Oh ja, das ist offensichtlich! |
35:28 | JS: Würden Sie sagen, dass Einige |
über genügend Weisheit verfügen, | |
35:33 | um zu führen und zu leiten? |
35:35 | K: Nicht, wenn die Masse von Menschen, |
die sie wählen | |
35:42 | oder nicht wählen, |
35:45 | von ihnen geführt werden wollen, |
dann entstehen Diktaturen. | |
35:51 | Meine eigentliche Frage ist, |
wie kann ein Mensch, | |
35:59 | jemand, der kein Individuum mehr ist, |
für mich gibt es keine Individualität, | |
36:03 | wir sind menschliche Wesen. |
JS: Das ist richtig. | |
36:05 | K: Wir sind die Menschheit. |
36:08 | JS: Wir gehören zu dieser Spezies. |
Unsere Zellen sind die der Menschheit. | |
36:14 | K: Wir sind die Menschheit. |
36:17 | Es ist nicht unser Bewusstsein, |
es ist das Bewusstsein der Menschheit. | |
36:20 | K: Das Herz, die Liebe, all das, |
menschlich. | |
36:25 | Und jetzt legen sie Wert darauf, |
individuell zu sein, | |
36:29 | Sie möchten sich verwirklichen, |
tun, was immer sie möchten, | |
36:33 | Sie kennen all das. |
36:35 | Das zerstört menschliche Beziehungen. |
36:40 | JS: Ja. Das ist grundlegend. |
36:43 | K: In all dem gibt es keine Liebe, |
kein Mitgefühl. | |
36:47 | Nur eine riesengroße Masse, |
die hoffnungslos unterwegs ist, | |
36:53 | und die diese seltsamen Menschen |
wählt, die sie führen sollen. | |
36:58 | Sie werden sie in den Untergang führen. |
37:01 | Der Punkt ist, dass sich das |
immer und immer wiederholt, | |
37:06 | jahrhundertelang. |
37:10 | Und wenn Sie es überhaupt ernst meinen, |
geben Sie entweder auf oder Sie kehren | |
37:16 | dem Ganzen den Rücken. |
Verschiedene Leute haben zu mir gesagt, | |
37:19 | 'Seien Sie kein Narr, Sie können |
die Menschen nicht ändern. Geben Sie auf. | |
37:26 | Verbringen Sie den Rest Ihres Lebens |
doch lieber bettelnd im Himalaya.' | |
37:31 | Ich empfinde das nicht so, doch... |
JS: Ich auch nicht. | |
37:35 | K: Natürlich hat man erkannt, wie |
hoffnungslos das alles ist. | |
37:41 | Ich persönlich empfinde weder Hoffnung |
noch Hoffnungslosigkeit. | |
37:44 | Es sind Tatsachen, die sich ändern müssen. |
37:49 | JS: Genau. |
K: Sofort. | |
37:50 | JS: Genau. |
37:54 | Nachdem wir uns darauf verständigt haben, |
wohin können wir von hier aus gehen? | |
38:01 | K: Ich muss ganz nah bei mir anfangen, |
sonst komme ich nicht weit. | |
38:05 | Das 'ganz nah' ist das, was ist. |
JS: Ja. | |
38:08 | Gut, beginnen wir hier. |
38:11 | K: Genau hier. Wenn ich nicht hier beginne, |
sondern dort drüben, | |
38:15 | komme ich nirgendwo hin. |
Also beginne ich hier. | |
38:18 | Nun frage ich mich, wer ist das Ich, |
das sich derart abmüht? | |
38:26 | Wer ist das Ich, |
wer ist das Selbst, wer ist... | |
38:29 | Was veranlasst mich, auf diese Weise |
zu handeln? Folgen Sie mir? | |
38:35 | JS: Oh ja, ich folge Ihnen. |
K: So dass ich anfange, | |
38:39 | mich selbst zu sehen, nicht theoretisch, |
sondern in dem Spiegel von Beziehungen, | |
38:45 | mit meiner Frau, meinen Freunden, |
38:47 | wie ich mich verhalte, wie ich denke - |
38:50 | in diesen Beziehungen beginne ich |
wahrzunehmen, was ich bin. | |
38:53 | JS: Ja, das ich richtig. |
38:54 | Sie können sich nur im Spiegelbild |
des anderen sehen. | |
38:57 | K: In Beziehungen. |
JS: In Beziehungen. | |
39:01 | K: In ihnen gibt es vielleicht Zuneigung, |
Ärger, | |
39:03 | Neid, |
39:05 | und ich entdecke die monströse Kreatur, |
die sich in mir versteckt, | |
39:12 | aber auch die Ahnung, |
dass ich etwas | |
39:17 | außergewöhnlich Spirituelles bin. |
39:20 | All das beginne ich zu entdecken. |
39:22 | Die Illusionen und die Lügen, |
mit denen die Menschheit gelebt hat. | |
39:29 | In diesen Beziehungen sehe ich, ob ich |
mich ändern will, | |
39:36 | ich zerbreche den Spiegel, d.h., den Inhalt |
meines gesamten Bewusstseins. | |
39:42 | Möglicherweise macht dieser |
zerbrochene Inhalt den Weg frei für Liebe, | |
39:50 | Mitgefühl und Intelligenz. |
39:53 | Die einzige Intelligenz, |
die es gibt, | |
39:54 | ist die des Mitgefühls. |
40:03 | JS: Wir sind überein gekommen, was die |
endgültige Lösung des Problems sein kann, | |
40:15 | auch, dass es im Hier und Jetzt |
geschehen muss. | |
40:20 | K: Ja. |
40:20 | JS: Im Hier und Jetzt. |
K: Ja. | |
40:23 | Kehren Sie jetzt um! |
40:27 | Warten Sie nicht, bis |
die Evolution Sie erdrosselt. | |
40:30 | JS: Ja. Die Evolution |
kann im Hier und Jetzt stattfinden. | |
40:36 | K: Sozusagen eine Evolution, |
40:40 | bei der wir uns von etwas fortbewegen, |
40:43 | hin zu etwas, das die Gedanken |
übersteigt. | |
40:49 | JS: Wenn ich sage, |
'die Evolution kann jetzt stattfinden ', | |
40:54 | spreche ich von einem Mutationsereignis. |
40:56 | K: Ja, eine Mutation. |
Mutation ist keine Evolution. | |
41:02 | JS: Ich möchte etwas anderes hinzufügen, |
das mir wichtig erscheint. | |
41:08 | Ich glaube, dass Einzelne |
41:11 | die Welt genauso sehen wie Sie und ich - |
41:15 | Es gibt andere außer uns. |
41:18 | Es gibt andere, |
die das Problem genauso sehen, | |
41:21 | die Lösung sehen, die Sie erkannt haben. |
41:26 | Nennen wir diese Individuen |
41:29 | einzigartig, außergewöhnlich. |
41:33 | Man könnte sie auch |
als ungewöhnlich bezeichnen | |
41:35 | - als Mutationen, wenn Sie so wollen. |
41:39 | K: Biologische Sonderlinge. |
JS: Wenn Sie so wollen. | |
41:43 | In gewisser Weise merkwürdig, |
anders als der Rest. | |
41:46 | Könnte man sie zusammenführen? |
Könnte man sie auswählen? | |
41:53 | Werden sie einander auswählen und |
zusammenkommen, eine Macht bilden? | |
41:58 | K: Sie kommen zusammen, sie wählen |
einander nicht aus. | |
42:01 | JS: Ich meine, sie kommen zusammen, |
42:05 | weil sie einander |
in irgendeiner Weise wiedererkennen, | |
42:09 | sie werden zusammengeführt, es ist ein |
eigenständiger Auswahlmechanismus. | |
42:16 | Können Sie sich vorstellen, dass das |
einen Unterschied machen wird? | |
42:21 | K: Vielleicht ein wenig. |
42:24 | JS: Gibt es etwas anderes, das |
einen Unterschied machen wird? | |
42:28 | K: Ich stelle mir nichts vor, ich sehe - |
42:36 | lassen Sie es mich so formulieren: |
42:42 | Der Tod spielt im Leben |
eine außerordentliche Rolle. | |
42:51 | Wir haben es vermieden, ihm zu begegnen, |
denn wir fürchten uns vor dem, was er ist. | |
42:57 | Wir klammern uns an all das, |
was wir kennen, | |
43:01 | und wenn wir sterben, |
möchten wir es nicht loslassen. | |
43:05 | Wir können nichts mitnehmen, doch... |
43:08 | Es geht tatsächlich darum, |
allem zu sterben, an dem wir hängen. | |
43:18 | Sterben. |
43:19 | Und nicht spekulieren, ob das Sterben |
womöglich eine Belohnung bereithält. | |
43:26 | Denn Sterben und Leben sind eins. |
43:32 | JS: Ja, Sterben ist Teil des Lebens. |
K: Teil des Lebens. | |
43:36 | K: Doch es gibt nur sehr wenige, |
die so denken. | |
43:40 | JS: Ich bin ganz Ihrer Meinung. |
43:41 | Wir sprechen jetzt von |
denselben außergewöhnlichen Individuen. | |
43:46 | K: Und ich frage mich, ob |
diese außergewöhnlichen Individuen - | |
43:51 | ohne pessimistisch oder optimistisch |
zu sein, ich sehe nur die Fakten | |
43:56 | - haben sie etwas bewirkt? |
44:00 | JS: Bislang noch nicht. |
44:06 | Ich gehe davon aus, |
44:07 | dass das in der Zukunft |
der Fall sein wird. | |
44:08 | JS: Wenn wir bewusst und gezielt |
etwas unternehmen, | |
44:13 | kann es früher geschehen. |
44:16 | Ob nun bewusst oder gezielt - |
44:18 | ist das nicht eine Fortsetzung |
der Ichbezogenheit? | |
44:23 | JS: Darauf sollte es nicht hinauslaufen. |
44:28 | Das verstehe ich. |
Das muss ausgeschlossen werden. | |
44:31 | Es sollte auf die Spezies bezogen sein, |
auf den Menschen, | |
44:36 | auf die Menschheit. |
44:40 | Es kann nicht dieselbe |
Ichbezogenheit sein, | |
44:43 | die Sie bislang gemeint haben. |
44:46 | Das wird |
das Mutationsereignis sein. | |
44:47 | K: Ja. |
Das Ende der Ichbezogenheit. | |
44:53 | Wissen Sie, sie haben versucht, |
es durch Meditation zu erreichen, | |
44:58 | dadurch, dass sie Orden beitreten, |
45:03 | der Welt entsagen - die Mönche, |
die Nonnen, die Sannyasins in Indien. | |
45:13 | Da kommt mir eine interessante |
Begebenheit in den Sinn: | |
45:16 | Als ich einmal in Kaschmir war, |
45:19 | bin ich hinter einer Gruppe von |
Sannyasins, Mönchen, hergelaufen, | |
45:23 | es waren etwa ein Dutzend. |
45:26 | Die Landschaft war wunderschön, |
45:29 | ein Fluss auf der einen Seite, |
Blumen, Vögel, eine Quelle, | |
45:33 | und ein außerordentlich blauer Himmel. |
45:38 | überall Frohsinn, die Erde stahlte. |
45:45 | Und diese Mönche |
nahmen all das nicht wahr. | |
45:54 | Sie hielten ihre Häupter gesenkt |
und wiederholten Wörter in Sanskrit, | |
46:00 | soviel habe ich mitbekommen, |
das war alles. | |
46:04 | Sie setzten ihre Scheuklappen auf, |
so fühlten sie sich sicher. | |
46:11 | Das haben auch wir getan, in der Religion, |
in der Politik. | |
46:17 | Man kann sich so Vieles vormachen. |
46:23 | Die Täuschung spielt eine große Rolle. |
46:26 | JS: Täuschung und Verleugnung. |
K: Verleugnung. | |
46:29 | JS: Verleugnung. |
K: Wir hinterfragen nichts, | |
46:31 | weder im Buddhismus noch im Hinduismus. |
46:39 | Der Zweifel ist unendlich wichtig, |
er reinigt ... | |
46:43 | JS: Ja, genau. |
46:44 | Doch was um uns herum geschieht, |
wird nicht bezweifelt. | |
46:54 | JS: Das ist sehr ungesund, denn ein |
gesunder Zweifel ist nötig. | |
47:00 | K: Skepsis - erläutern Sie es mir. |
47:04 | JS: Ja. Wir müssen die Dinge hinterfragen |
47:07 | und keine fertigen Antworten akzeptieren. |
47:09 | K: Natürlich. Also kann mir niemand bei |
der Lösung meiner Probleme helfen. | |
47:14 | Ich selbst muss die Lösung finden. |
47:17 | Schaffen Sie also keine Probleme. Darauf |
möchte ich jetzt nicht eingehen. | |
47:24 | Ein Verstand, der geschult ist, |
Probleme zu lösen, | |
47:30 | ein solcher Verstand |
findet immer Probleme. | |
47:33 | Doch wenn das Gehirn nicht geschult ist, |
Probleme zu lösen, | |
47:38 | ist es frei von Problemen. |
47:40 | Es kann sich Problemen stellen, |
doch im wesentlichen ist es frei. | |
47:44 | JS: Es gibt Gehirne, |
47:46 | oder wenn Sie so wollen, Gemüter, |
die Probleme verursachen, | |
47:49 | und andere, die Probleme lösen. |
47:52 | Und worauf Sie jetzt hinauswollen, |
ist die Frage, | |
47:58 | ob wir das letztendliche Problem |
lösen können, | |
48:03 | die letztendliche Frage, |
die sich uns stellt. | |
48:06 | D.h., ob unsere Spezies weiterleben kann, |
48:08 | oder werden wir uns selbst zerstören? |
48:11 | K: Ja. Der Tod. |
Deshalb ging ich auf den Tod ein. | |
48:19 | Den Dingen zu sterben, |
die sich in der Psyche angesammelt haben. | |
48:23 | JS: Wir müssen den Tod |
48:25 | von Dingen, |
die keinen Wert mehr haben, akzeptieren, | |
48:29 | und erlauben, dass das Neue entsteht, |
48:32 | das für die neue Zukunft notwendig ist. |
48:36 | Ich bin ganz Ihrer Meinung, |
die Vergangenheit muss enden. | |
48:39 | K: Oh ja. |
48:41 | JS: Der Krieg muss enden. |
48:43 | K: D.h., das Gehirn muss die Vergangenheit |
speichern - aufzeichnen. | |
48:48 | JS: Ja. |
48:49 | K: Doch das Gehirn zeichnet ständig auf. |
48:52 | JS: Immerzu. |
K: Immerzu. Es zeichnet auf, | |
48:57 | und danach wird alles abgespielt. |
49:00 | JS: Es zeichnet auf, |
und es erkennt. | |
49:03 | K: Ja, natürlich. |
JS: Es ist ein Wiedererkennen. | |
49:05 | Es erkennt, was es bereits weiß. |
49:09 | Jetzt müssen wir all das erkennen, |
49:12 | was in der Vergangenheit geschehen ist, |
49:14 | und wir müssen uns klar werden, |
dass es einen neuen Weg geben muss. | |
49:20 | K: Dass das Aufzeichnen aufhören muss. |
49:27 | Weshalb sollten wir aufzeichnen? |
49:31 | Das Erlernen von Sprachen |
jetzt beiseite. | |
49:34 | Weshalb sollte ich auf der |
psychologischen Ebene etwas speichern? | |
49:40 | Nehmen wir an, Sie verletzen mich. |
49:45 | Sie beleidigen mich, |
weshalb sollte ich das speichern? | |
49:49 | JS: Ich würde es dem Vergessen übergeben. |
49:52 | K: Nein, ich meine, |
weshalb sollte ich das speichern? | |
49:55 | Und wenn mir jemand schmeichelt, |
weshalb solte ich das speichern? | |
49:58 | Es ist so langweilig, immer |
nach denselben alten Mustern zu reagieren. | |
50:05 | JS: Es wird gespeichert, |
doch das muss enden. | |
50:08 | K: Nein, ich frage... |
50:12 | ob es möglich ist, |
gar nicht zu speichern. | |
50:16 | Es geht mir nicht darum, |
50:18 | dass das Autofahren gespeichert wird, |
50:21 | sondern dass auf der psychologischen Ebene |
nichts gespeichert wird. | |
50:30 | JS: Ist Ihnen das möglich? |
K: Oh ja! Sonst würde ich nicht reden. | |
50:34 | S: Sie müssen unterscheiden können |
50:36 | zwischen dem, was Sie speichern, |
und dem, was Sie nicht speichern. | |
50:43 | K: Das Gedächtnis ist selektiv. |
50:45 | JS: Deshalb habe ich scherzhaft gemeint, |
dass Sie auswählen, | |
50:52 | dem einen einen Platz |
in Ihrem Gedächtnis einräumen | |
50:56 | und dem anderen |
in Ihrem Vergessen. | |
50:58 | Eine Art, |
nach Ihrem Belieben auszuwählen ... | |
51:01 | K: Kein Auswählen. Autofahren muss |
gespeichert werden. | |
51:09 | Eine Sprache zu lernen |
muss gespeichert werden. | |
51:12 | Das Erlernen einer Fähigkeit |
muss gespeichert werden. | |
51:16 | In der physischen Welt muss ich speichern: |
51:20 | Wie ich von hier nach Paris komme, |
51:23 | all das muss ich speichern. |
51:27 | Doch wozu |
51:30 | psychologische Ereignisse speichern? |
51:37 | Die nur das Selbst, das Ich, bestärken, |
51:42 | all diese selbstbezogene Aktivität. |
51:46 | JS: Gehen wir näher darauf ein, |
51:49 | denn in Ihren Aussagen |
scheint das zentral zu sein, | |
51:53 | was ich vorher auch |
mit Selbstbeschränkung meinte. | |
51:59 | Ich glaube, wir sprechen |
ein ähnliches Phänomen an: | |
52:03 | Die Notwendigkeit, uns von |
52:06 | Erfahrungen zu befreien, |
die uns nachtragend machen, | |
52:13 | und die uns ein Zusammensein |
mit Menschen erschweren, | |
52:17 | die uns in der Vergangenheit |
beleidigt haben. | |
52:21 | Heutzutage sehen wir das |
zwischen Nationen, | |
52:25 | zwischen religiösen Gruppen |
und anderen, | |
52:27 | die nicht in der Lage sind, |
der jetzigen Generation zu verzeihen, | |
52:31 | die mit den Vergehen der |
Vergangenheit | |
52:33 | nichts zu tun hatten. |
52:36 | Es stellt sich also |
52:41 | erneut die Frage, |
52:44 | was müssen wir tun, |
52:46 | was können wir jetzt tun, |
um Ursachen zu beseitigen, | |
52:51 | die unerwünschte Wirkungen |
nach sich ziehen? | |
52:53 | Sie sagten, |
diese seien psychologischer Natur. | |
52:56 | Sie sagten, diese seien |
Teil des menschlichen Verstandes. | |
53:00 | K: Als erstes würde ich sagen, |
53:01 | identifizieren Sie sich mit nichts |
53:04 | - weder mit einer Gruppe, einem Land, |
einem Gott, mit Ideologien | |
53:11 | - Nicht wahr? - |
Identifizieren Sie sich nicht. | |
53:14 | Denn das, womit Sie sich identifizieren, |
müssen Sie beschützen | |
53:20 | - Ihr Land, Ihr Gott, Ihre Erkenntnisse, |
53:26 | Ihre Erfahrung, |
Ihre Vorurteile, usw. | |
53:31 | Diese Identifikationen sind eine Art |
von Ichbezogenheit. | |
53:39 | JS: Gehen wir jetzt davon aus, |
53:43 | dass eine Notwendigkeit besteht, |
sich mit Dingen zu identifizieren, | |
53:49 | oder sich mit etwas anderem |
in Beziehung zu setzen. | |
53:53 | Das ist der Grundstein von Religionen, |
53:55 | denn das Wort religio |
bedeutet sich binden | |
54:00 | - und Menschen |
haben das Bedürfnis nach Bindungen. | |
54:04 | Sie gehen möglicherweise |
Beziehungen ein, die ihnen schaden | |
54:09 | und zerstörerisch sind. |
54:13 | Wäre es jetzt möglich, |
54:17 | uns nur auf die Beziehungen einzulassen, |
54:20 | die, wenn sie gepflegt werden, |
uns von denjenigen abhalten, | |
54:25 | die jetzt schädlich sind? |
54:26 | Z.B., die grundlegendste Beziehung |
ist die zu uns selbst, | |
54:33 | nicht im Sinn |
einer Ichbezogenheit, | |
54:34 | sondern zu uns als Mitglieder |
der menschlichen Spezies, | |
54:37 | und untereinander. |
54:38 | K: D. h., meine Beziehung als Mensch |
54:45 | zu allen anderen Menschen. |
JS: Ja. | |
54:47 | K: Einen Moment mal! |
54:51 | Eine Beziehung bedeutet Mehrere: |
54:53 | Meine Beziehung zu Ihnen, und zu anderen. |
54:57 | Doch ich bin die Menschheit! |
55:01 | Ich bin nicht anders als mein Bruder |
auf der anderen Seite der Welt. | |
55:04 | JS: Das sind Sie nicht. |
55:06 | K: Ich bin die Menschheit. |
Wenn ich diese Art von Liebe habe, | |
55:13 | bin ich in Beziehung getreten. |
55:17 | Es gibt Beziehung. |
55:20 | JS: Das glaube ich. |
55:22 | Ich denke, Sie besitzen es, |
ebenso Ihre Brüder in Übersee, | |
55:25 | in allen Ländern der Welt, |
55:28 | doch uns wurde beigebracht zu hassen. |
Uns gegenseitig zu hassen. | |
55:35 | Uns wurde gelehrt, |
uns voneinander abzusondern. | |
55:39 | JS: Es gibt eine vorsätzliche... |
K: Nicht nur, | |
55:42 | doch es gibt auch |
dieses Gefühl des Besitzenwollens, | |
55:50 | das Sicherheit und Wohlbehagen vermittelt. |
55:52 | Ich besitze mein Eigentum, |
ich besitze meine Frau, | |
55:56 | ich besitze meine Kinder, |
ich besitze meinen Gott. | |
56:01 | Ich versuche zu sagen, |
56:04 | dass dieser Drang, sich zu isolieren, |
so mächtig in uns ist, | |
56:14 | dass wir uns dem nicht entziehen können. |
56:18 | Bitte erkennen Sie die Tatsache, |
dass Sie die Menschheit sind, | |
56:22 | bitte erkennen Sie das! |
56:26 | JS: Was Sie also sagen, |
56:30 | ist, dass wir Individuen sind, |
und gleichzeitig | |
56:36 | mit allen Menschen verbunden. |
K. Oh nein. | |
56:38 | Ich sage, dass Sie kein Individuum sind. |
Ihr Denken teilen Sie mit allen. | |
56:44 | Ihr Bewusstsein teilen Sie mit allen, |
denn jeder Mensch leidet, | |
56:51 | jeder Mensch durchlebt die Hölle, |
die Unruhe, Angst, Qualen, | |
56:59 | alles, was jeder Mensch, |
57:00 | im Westen oder im Osten, |
im Norden oder im Süden durchmacht. | |
57:04 | Wir sind also menschliche Wesen, |
57:06 | nicht voneinander getrennt. |
57:09 | Ich bin also mit |
der ganzen Menschheit verbunden. | |
57:12 | Ich bin die Menschheit. |
57:17 | Jetzt möchten wir aber von |
einem Zustand in einen anderen wechseln. | |
57:21 | K: Das können Sie nicht. |
JS: Gut, was kann ich dann machen? | |
57:24 | K: Sich wandeln, mutieren. Eine Form |
gegen eine andere eintauschen geht nicht. | |
57:33 | Sie müssen erkennen, |
57:36 | dass Sie die gesamte Menschheit sind. |
57:39 | Wenn Sie das erkennen, |
57:41 | es ganz tief im Innern spüren, |
57:47 | dann wird sich Ihr gesamtes Handeln, |
Ihre gesamte Haltung, | |
57:51 | Ihre gesamte Lebensweise ändern. |
57:56 | Dann sind Ihre Beziehungen |
57:58 | nicht mehr zwei menschliche Bilder, |
die sich gegenseitig bekämpfen. | |
58:02 | Ihre Beziehungen werden lebendig sein, |
voll von Schönheit. | |
58:11 | Doch um auf die Ausnahmen |
zurückzukommen: | |
58:14 | JS: Es gibt sie. |
58:17 | Lassen Sie uns einen Moment auf die |
Ausnahmen konzentrieren, | |
58:23 | denn wir haben uns schon mit |
58:28 | der vorherrschenden Spezies befasst, |
sagen wir, der vorherrschenden Art. | |
58:35 | Lassen Sie uns, praktisch gesehen, |
58:38 | mit der Rolle befassen, die die |
außergewöhnlichen Menschen | |
58:44 | einnehmen könnten, |
um die Art von Wandel herbeizuführen, | |
58:49 | die für die gesamte Menschheit |
einer Mutation | |
58:52 | gleichkäme. |
58:54 | K: Nehmen wir an, |
Sie wären einer der Ausnahmen. | |
59:00 | JS: Ja. |
K: Das ist nur eine Annahme... | |
59:03 | JS: Ich verstehe. |
59:05 | K: Welche Beziehung haben Sie zu mir, |
der ich nur ein gewöhnlicher Mensch bin? | |
59:12 | Haben Sie überhaupt eine Beziehung zu mir? |
59:15 | JS: Ja. |
K: Welche? | |
59:18 | JS: Wir sind von derselben Spezies. |
59:19 | K: Gut, doch Sie nicht mehr. |
Sie sind eine Ausnahme. | |
59:24 | Davon sprechen wir. |
Sie sind eine Ausnahme, ich nicht. | |
59:31 | Richtig? Welche Beziehung |
haben Sie zu mir? | |
59:36 | JS: Ich bin... |
K: Haben Sie überhaupt eine? | |
59:38 | JS: Ja. |
59:43 | K: Oder sind Sie außerhalb |
und versuchen, mir zu helfen. | |
59:48 | JS: Nein, Ich habe eine Beziehung zu Ihnen |
und eine Verantwortung, | |
59:53 | denn Ihr Wohlergehen wird einen Einfluss |
auf das meine haben. | |
59:59 | Unser Wohlergehen ist ein und dasselbe. |
1:00:01 | K: Nein, Sie sind eine Ausnahme. |
1:00:05 | Sie agieren nicht mehr |
auf der psychologischen Ebene. | |
1:00:11 | Sie haben diese Kategorie verlassen. |
1:00:14 | Und ich versuche die ganze Zeit, |
1:00:19 | Dinge zusammenzufügen. |
1:00:22 | Es besteht ein gewaltiger Unterschied |
zwischen dem Freisein | |
1:00:26 | und dem, der gefangen ist. |
1:00:30 | Ich bin gefangen, in einem Gefängnis, |
von mir selbst gemacht, | |
1:00:33 | und von Politikern, Büchern usw. |
1:00:39 | - ich bin gefangen, |
Sie nicht, Sie sind frei. | |
1:00:43 | Und ich möchte wie Sie sein. |
1:00:45 | JS: Ich würde Ihnen gerne |
bei Ihrer Befreiung helfen. | |
1:00:48 | K: Worin besteht also Ihre Beziehung? |
Sind Sie der Helfer? | |
1:00:54 | Oder haben Sie wirkliches Mitgefühl? |
- nicht für mich - | |
1:01:02 | - sondern die Flamme, den Duft, |
die Tiefe, die Schönheit, | |
1:01:05 | die Lebendigkeit und die Intelligenz - |
Mitgefühl und Liebe. | |
1:01:11 | Das ist alles. |
1:01:13 | Das wird viel wirksamer sein |
als Ihr Entschluss, mir zu helfen. | |
1:01:17 | JS: Da stimme ich Ihnen zu, vollkommen. |
1:01:22 | Darin erkenne ich den Außergewöhnlichen. |
1:01:25 | Und ich erkenne, |
dass die außergewöhnlichen Menschen | |
1:01:29 | dieses Mitgefühl besitzen. |
1:01:30 | K: Ja. Und dieses Mitgefühl |
entspringt nicht dem Denken. | |
1:01:38 | JS: Es ist da. |
1:01:40 | K: Wie kann es da sein, wenn mein Herz |
mit Hass erfüllt ist, | |
1:01:45 | wenn ich am liebsten jemanden töten würde, |
1:01:47 | wenn ich verzweifelt bin, |
dass all das existiert? | |
1:01:51 | Wir müssen frei von all dem sein, |
damit das Andere sein kann. | |
1:01:56 | JS: Ich richte meine Aufmerksamkeit jetzt |
auf die Außergewöhnlichen. | |
1:02:00 | K: Das tue ich auch. |
1:02:02 | JS: Sind die Herzen |
1:02:06 | der Außergewöhnlichen hasserfüllt? |
1:02:08 | K: Es ist wie die Sonne. Der Sonnenschein |
gehört weder Ihnen noch mir. | |
1:02:15 | Er gehört uns allen. |
1:02:17 | Doch Anspruch darauf zu erheben, |
wäre kindisch. | |
1:02:23 | Sie können |
wie die Sonne sein, | |
1:02:28 | so außergewöhnlich, |
1:02:31 | Alles was Sie brauchen, ist |
Mitgefühl, Liebe und Intelligenz. | |
1:02:36 | Wenn Sie mehr wollen, |
1:02:39 | sind Sie in die Falle gegangen, |
1:02:42 | das haben alle Kirchen |
und Religionen getan. | |
1:02:49 | Freiheit bedeutet, das |
selbst erschaffene, | |
1:02:56 | menschengemachte Gefängnis |
zu verlassen. | |
1:03:00 | Und Sie, der Sie frei sind, |
seien Sie dort. | |
1:03:05 | Das ist alles. Folgen Sie mir? |
Sie können nichts tun. | |
1:03:08 | JS: Was Sie sagen, klingt sehr positiv, |
1:03:13 | sehr bedeutsam und bemerkenswert. |
1:03:16 | Ich höre Sie sagen, |
dass es sehr wohl Menschen gibt, | |
1:03:24 | Einzelne, eine Gruppe von Individuen, |
1:03:27 | die über diese Fähigkeiten verfügen, |
etwas in die Welt zu senden, | |
1:03:31 | die der Menschheit helfen könnte. |
1:03:33 | K: Sehen Sie, |
daraus besteht das Konzept, | |
1:03:35 | - ich möchte darauf nicht eingehen, |
es ist zu belanglos - | |
1:03:39 | es gibt Menschen, die helfen |
1:03:42 | - sie führen nicht, sagen nicht, |
was zu tun ist, das ist alles zu dumm. | |
1:03:48 | Sie sind wie die Sonne, die Licht spendet. |
1:03:53 | Wenn Sie in der Sonne sitzen wollen, |
tun Sie das; | |
1:03:56 | wenn nicht, sitzen Sie im Schatten. |
1:04:03 | JS: Das ist also |
diese Art von Erleuchtung... | |
1:04:06 | K: Das ist Erleuchtung. |
1:04:08 | JS: ...dass wir kurz davor sind, |
etwas zu empfangen. | |
1:04:13 | Ich glaube, dass Sie uns das |
heute gegeben haben. | |
1:04:20 | K: Ist es vorbei? |
Es ist Zeit. | |
1:04:23 | Es ist elf Uhr. |
Richtig. | |