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OJ84T2 - Was ist gegen Vergnügen einzuwenden?
2. Öffentliche Rede
Ojai, USA
20. Mai 1984



0:06 2. Öffentliche Rede Ojai, Californien, 20. Mai 1984 Was ist am Vergnügen falsch? Wenn man nochmals daran erinnern darf, dies ist kein Vortrag. Vorträge sollen etwas deutlich machen oder Anweisungen geben, informieren und anleiten. Dies ist also kein Vortrag. Vielmehr werden wir eine Reise machen, zusammen, in das weite Feld der Psyche, in den psychischen Bereich, obwohl es schon viele Beschreibungen gibt, Untersuchungen, die bis zu einem gewissen Punkt gehen. Aber in diesen Reden, wenn ich erinnern darf, werden wir gemeinsam wie zwei Freunde eine lange Reise machen in den Bereich der ganzen psychischen Zustände. Wenn wir Zeit haben und bis ans Ende gelangen. Ohne mittendrin aufzuhören, wenn Sie etwas mögen oder nicht mögen. Man muss die Reise mitmachen, bis die Sache ganz zu Ende ist.
2:51 Wir müssen auch sehen, dass das Denken Außergewöhnliches vollbracht hat in der Welt. In der Welt der Technik, mit den Neutronenbomben, Raketen, die Computer, der ganze Kommunikationsbereich, schnelles Reisen und so weiter. Das Denken ist verantwortlich für das Ganze. Auch für großartige Chirurgie, Medizin und Gesundheit, wenn das möglich ist und so weiter. Aber Denken hat auch gewaltige Kriege verursacht. In den letzten etwa hundert Jahren hatten wir zwei schreckliche Kriege. Auch das ist eine Folge des Denkens, weil Denken die Menschheit spaltet, geographisch und national. Zudem zerteilt das Denken die Menschheit, die Welt in Christen, Buddhisten, Hindus und Moslems. Und wie wir bereits sagten, wo Trennung herrscht in Amerikaner und Russen Europäer und Südafrikaner und so weiter, da muss es zu Konflikt und Krieg kommen. Menschen töten einander zu Tausenden. Das Morden läuft schon seit sechstausend Jahren geschichtlicher Zeit ab. Praktisch gibt es jedes Jahr einen Krieg. Und der Mensch hat in all den vierzig-, fünfzigtausend Jahren, im Lauf dieser langen Evolution, das Morden nicht beendet, ebensowenig das Zerstören der Natur, ganz besonders heute.
5:53 Denken hat die Natur nicht geschaffen, den Tiger, den Wolf und die wunderbaren Bäume und Blumen. Aber das Denken ist Urheber der Trennung zwischen Mann und Frau. Auch wenn sie biologisch verschieden sind, ist es das Denken, das in ihrer Beziehung große Konflikte erzeugt hat. Missverständnisse, Streit, Wortgefechte, Feindschaft, Hass. Das Denken ruft also Konflikt hervor. Nicht nur im Äußeren, draußen, in der Welt, sondern auch innen, in der Welt der Psyche. Dies zu verstehen ist wichtiger, als die Neuordnung der äußeren Struktur der Gesellschaft.
7:10 Die Gesellschaft ist so, wie wir sie geschaffen haben. Durch unsere Habgier, durch unsere Ambitionen, Korruption, Konkurrenzkampf und so weiter. Wir haben diese Gesellschaft geschaffen, die auseinanderfällt und gefährlich wird, genauso wie auch wir Menschen degenerieren und gefährlich werden. Wir morden, entführen, terrorisieren. Wir haben uns gestern damit befasst. Und… wir sagten auch dass das Denken, der Denkvorgang verantwortlich war für die Spaltung der Religionen, wie die Christen mit ihren Konfessionen. Denken ist Urheber all der Dinge in den Tempeln, Kirchen und Moscheen.
8:21 Denken ist eine Folge des Gedächtnisses. Ohne Gedächtnis gäbe es kein Denken. Erinnerung beruht auf Wissen und Erfahrung. Es gibt aber nie eine vollständige Erfahrung. Es gibt immer ein Mehr. Und wo es mehr gibt, findet Messen statt. Und Messen ist nie vollständig, etwas Ganzes. Daher ist Wissen begrenzt. Jetzt und für alle Zukunft. Sie können hinzufügen, erweitern, aber alles Erweitern ist begrenzt. Somit ist Denken begrenzt. Und da es begrenzt ist, wie auch Selbstsucht und egoistisches Handeln begrenzt sind, so muss Denken, was immer es tut, unweigerlich Konflikt verursachen. Denn alles was begrenzt ist, jede Vorstellung, egal ob religiös oder ideologisch, jedes Ideal, alles wird immer begrenzt bleiben. Und daher muss es enorme Konflikte zwischen Menschen erzeugen.
10:16 Wir sprachen gestern darüber. Und wir müssen die Reise fortsetzen, zusammen wie zwei Freunde, die daran interessiert sind, wie sie leben. Und es selbst herausfinden wollen, ohne Guru, Autorität und den ganzen Quatsch. Selber herausfinden, eine Kunst eine Lebensweise, die eine Kunst ist. Eine Kunst, die dazu führt, dass in Menschen eine tiefe Ruhe einkehrt, Zuneigung und die Kunst zu leben.
11:22 Diese beiden Freunde, Sie und der Sprecher machen eine lange, weite Reise zusammen. Zusammen. Bitte denken Sie daran, die ganze Zeit. Er spricht nicht zu seinem Vergnügen. Wenn das so wäre, könnte er das bei sich zu Hause tun. Also wie zwei Freunde erkunden, zögernd, unvoreingenommen, skeptisch anzweifeln, hinterfragen, erforschen und objektiv betrachten, ohne Vorurteile, gemeinsam. Denn es geht um unser eigenes Leben. Und… dieses Erforschen der Psyche ist kein selbstsüchtiges Vorgehen. Es führt nicht zur Ermutigung oder Zunahme der ichbezogenen, egoistischen Vorgänge. Ganz im Gegenteil. Sowohl durch die Religion wie auch durch die Erziehung wurde weltweit egozentrisches Verhalten betont. Christen glauben an Seelen, anders als die übrige Menschheit. So auch die Hindus, mit ihrem Atman und so weiter. Und dieses, großen Wert legen auf Individualität hat großen Schaden verursacht, harten Konkurrenzkampf und Grausamkeit. Deshalb muss man, Sie und der Sprecher, all das hinterfragen. Ob wir überhaupt Individuen sind? Oder sind wir Teil der menschlichen Gemeinschaft voll Leid, Angst, Vergnügen, Sorgen, Niedergeschlagenheit und voll Angst vor dem Unbekannten, dem Tod? Das ist das gemeinsame Los aller Menschen dieser Erde. Jeder Mensch dieser Welt hat sich eigene Götter ausgedacht. In der Hoffnung dadurch könnte es irgendeine Sicherheit geben, einen Ausweg aus der Angst. Man betet auf eigene Weise, um die eigenen Verwicklungen zu beenden, die eigenen Schmerzen und Sorgen. Das haben alle Menschen gemeinsam. Nicht nur Sie als Amerikaner, oder als Italiener, Russe, Engländer oder Inder. Dieses Los teilen alle Menschen auf dieser Erde. Intellektuell stimmen Sie, mein Freund vielleicht zu, der Logik der Sache. Aber, was logisch ist, vernünftig, ist nur oberflächlich. Anders wenn man wirklich in jeder Faser, im ganzen Wesen, die Wahrheit spürt, dass die ganze Menschheit unser Bewusstsein teilt. Sie glauben vielleicht an einen bestimmten Gott oder Erlöser usw., aber dieser Glaube, das Glauben, ist allen Menschen gemeinsam, das Glauben an etwas. Daher sind Sie die Menschheit. Das ist eine tiefe Wahrheit, etwas Großes, wenn man tatsächlich im Herzen, in jeder Faser, im ganzen Innern dies erkennt. Dann würden wir über diese Welt ganz anders denken. Jemand zu töten heißt dann, sich selbst zu töten. Jemand zu hassen heißt dann, sich selbst zu hassen und so weiter.
17:17 Und… da wir zusammen, Sie und der Sprecher, eine Reise machen, sollten wir auch untersuchen, was Disziplin ist und was Parapsychologie ist. Viele Leute beschäftigen sich mit Parapsychologie und Okkultismus. Gedanken lesen und die Kundalini erwecken. Sie haben sicher schon alle davon gehört? Nach Indien gehen, um etwas zu finden. Oder nach Tibet, wenn möglich. Das geht nicht mehr. Oder nach Japan gehen, um alles übrige herauszufinden. Der Sprecher wurde schon als Kind da hineingezogen. Verzeihen Sie, wenn ich etwas persönlich werde. Er weiß recht viel oder einiges über all das. Aber all diese Dinge sind wie ein herrlicher Tag oder ein schöner Nachmittag, der vergeht und diese Dinge haben absolut keine Bedeutung. Was wichtig ist, das Wesentlichste, sind nicht diese mysteriösen Dinge, die gar nicht mysteriös sind. Wenn man sehr einfühlsam ist, auch physisch, und wenn man ein sehr ruhiges, stilles Gehirn hat, dann ist all das möglich. Und was möglich ist, kann man verstehen und darüber hinausgehen. Was man herausfinden muss, ist das, was zeitlos ist und unermesslich. Das ist weitaus wichtiger, als sich diesen kindischen Dingen zu widmen.
20:08 Und… wir sollten auch darüber sprechen, was Disziplin ist. Warum Menschen mehr und mehr keinen Sinn für Ordnung haben. Bitte, dies ist keine Predigt, die langweilig wird. Der Sprecher sagt nicht, was zu tun ist oder was Sie denken sollen. Vielmehr etwas gemeinsam zu betrachten, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Nicht wie Sie oder der Sprecher sie haben wollen. Sie genau so zu sehen, akkurat, direkt, so wie die Dinge sind. Wir leben in einer Welt, die in Unordnung ist. Eine chaotische, gegensätzliche, grausame Welt. Und das ist das Ergebnis einer langen, 40.000 Jahre währenden Evolution. Und wir haben diesen chaotischen Zustand erreicht. Und wenn man das betrachtet, was ist dann Ordnung? Gibt es überhaupt irgendeine Ordnung? Oder muss der Mensch, müssen die Menschen auf ewige Zeiten in Unordnung leben? Nicht nur im Äußeren,.. sondern auch im Inneren? Unordnung scheint unser Los zu sein. Klar zu denken und objektiv, scheint fast unmöglich. Denn jeder von uns will seinen Willen durchsetzen, sucht die eigene Erfüllung, hat eigene Ambitionen und so weiter.
22:47 Also, was ist dann Ordnung? Und in welchem Verhältnis steht sie zur Disziplin? Das Wort 'Disziplin' bedeutet ursprünglich, 'ein Schüler, der lernt'. Es kommt von dem Wort 'discipulus'. Ein 'discipulus' ist jemand, der lernt, der sich nicht anpasst, nichts nachspricht, keine Parolen wiederholt, sondern beständig am lernen ist. Was meinen wir also mit 'lernen'? Wenn Sie zur Schule gehen, zur Universität, dann lernen Sie aus Büchern, von Professoren und Lehrern und merken sich das. Diese Erinnerung ist zu einem gewissen Grad notwendig, um einen Beruf, eine Arbeit zu haben. Entweder nutzt man diese Erinnerung geschickt oder schlampig. Also heißt lernen im allgemeinen Verständnis sich etwas zu merken. Wenn Sie ein Buch lesen über Mathematik, Computer oder andere, und es sich aneignen und danach handeln, dann wird es mechanisch. Findet da lernen statt? Bitte prüfen Sie das
25:05 mit dem Sprecher. Er fragt den Freund, der ihn begleitet, mit ihm zusammen reist. Er fragt ihn: "Was ist eigentlich lernen?" Ist da nur das Gedächtnis am Werk? Sammelt man nur eine Menge Informationen, Wissen über verschiedene Gebiete, die ihre eigenen Regeln und Wege haben? Und allmählich ist das Gehirn am befolgen bestimmter Kategorien und bestimmter Bahnen. Und so werden die Bahnen, Kategorien und Spezialisierungen, ein Mittel, um Wissen anzusammeln und Erinnerungen, und werden zum Handeln aus dieser Erinnerung. Das ist, was wir lernen nennen. Aber lernen beinhaltet auch eine ständige Bewegung. Ein Gehirn, das nicht nur belastet ist mit Wissen aus Mathematik, Geographie, Geschichte oder Computer, sondern das Gehirn muss auch aktiv sein, prüfen, hinterfragen, anzweifeln. Und durch diesen Prozess kommt es nie, ich finde das richtige Wort, kommt es nie zu einem statischen Zustand. Wissen wird statisch, wenn Sie viel davon angesammelt haben. Es wiederholt sich, stagniert. Aber Lernen ist eine Bewegung. Und daher ist es nie statisch, es ist lebendig. Das muss man ganz genau verstanden haben, denn jeder von uns, das Selbst, das 'Ich', die Persona, wie immer Sie die Psyche nennen wollen, sie ist eine Ansammlung von Erinnerungen. Wir glauben spirituelle Wesen zu sein, Götter und alles mögliche, aber das bleibt Erinnerung. Wir sind eine Ansammlung von Erinnerungen. Und zu den Erinnerungen fügen wir ständig etwas hinzu, aber im Kern bleibt es statisch. Dagegen ist Lernen nicht nur Wissen ansammeln, sondern abrücken vom Wissen, und zwar ständig. Das ist der Vorgang des Lernen. Dieses Lernen bringt ihre eigene Disziplin mit sich, die Ordnung ist. Daher ist Ordnung etwas Lebendiges. Nicht konform gehen, einem Muster folgen. Was nicht heißt, dass Sie sich täglich verändern. Das machen Sie alle, jedem Trend nachlaufen. Aber Lernen erfordert enormes Beobachten. Beobachten ohne Motiv. Sobald Sie ein Motiv haben, ist dieses Motiv statisch. Denn dieses Motiv entspringt der Erinnerung.
30:07 Ich hoffe, mein Freund kann dem folgen. Wenn nicht sagt er: "Ich verstehe nicht, wovon zum Teufel du überhaupt sprichst!" Wir alle sind angetrieben von Motiven. Sexuelle Motive, Motive wie Vergnügen, Motive wie Wollen, Befriedigen, Erreichen, erreichen von Erleuchtung, all das. Wir leben aus Motiven. Und was du sagst ist entweder etwas wahres oder völliger Unsinn.
30:55 Das Wort 'Motiv', der Ursprung dieses Wortes ist 'bewegen'. 'Bewegen' – aber nicht in einer bestimmten Richtung. Kein selbstbezogenes, egoistisches Verlangen. Das wird schwierig. Ein Motiv umfasst, wie schon gesagt, ein Motiv entspringt der Erinnerung.
31:34 Richtig? Ich will etwas, was ich vermisse. Das ist eine Art von Motiv. Ich will berühmt sein, in den Klatschblättern erscheinen. Bekannt sein, Macht, Ansehen haben. Dass jeder sagt: "Was für ein toller Typ." Das ist ein Motiv. Es ist eine Projektion unserer Erinnerungen und Wünsche. Daher ist diese Erinnerung begrenzt und auch statisch. Hast du verstanden, mein Freund? Er sagt: "Mach weiter, ich verstehe worüber du sprichst." "Aber ist das möglich," fragt er, "zu leben und so zu leben, dass ständiges Lernen erfolgt, bis zu dem Punkt, wo es gar kein Lernen mehr gibt?" Was gibt es denn zu lernen außer Mathematik, Ingenieurwesen, Wissenschaft usw., technisches Lernen? Abgesehen davon, was gibt es noch zu lernen?
33:23 Verstehst du? Mach langsam, mein Freund. Er sagt zum Sprecher: "Mach langsam." "Mein Gehirn arbeitet nicht so schnell wie Deines." Das ist eine Schmeichelei, auf die der Sprecher nicht hereinfällt. Und er sagt: "Erkläre etwas mehr." Denn wir sprechen über Ordnung. Diese Ordnung kann nur begriffen und gelebt werden, nicht nur intellektuell verstanden, sondern gelebt werden im täglichen Leben. Diese Ordnung kommt nur, wenn die statische Bewegung des Selbst, das aus Erinnerung besteht, mit seinen Motiven nicht länger aktiv ist. Denn das Selbst ist eine Ansammlung von Erinnerungen. Ich sage dem Freund: "Wenn du schaust, siehst du, du bestehst aus Erinnerungen." Diesen Erinnerungen kann man viel hinzufügen, aber es bleibt Erinnerung. Und daher ist es begrenzt und statisch. Alles statische, muss zu Konflikt führen mit Dingen, die sich bewegen. "Also finde heraus", sagt der Sprecher zum Freund, "finde heraus, ob du ohne Motiv leben und dabei immer lernen kannst. Bis du an einen Punkt kommst, wo es nichts mehr zu lernen gibt." Wir werden uns gleich damit befassen, damit vollkommene Ordnung herrscht. Ordnung bedeutet für die meisten Übereinstimmung, Wiederholung, Anpassung. Immer von einem Zentrum aus sich anpassen. Doch Ordnung ist etwas Lebendiges, und nichts Geplantes. Und… diese Ordnung bringt ein außergewöhnliches Gefühl der Stabilität mit sich. Sie gibt sehr viel Kraft, aus der, wie bei der Erde die Bäume, alles wächst. Dieses Gefühl großer Stabilität und Stärke, woraus alles andere fließen kann.
37:19 Mein Freund sagt: "Das klingt wunderbar, die Worte, aber ich erfasse nicht ganz, was du sagst. Ich verstehe es in etwa, aber vielleicht erfasse ich es eines Tages." Und der Sprecher sagt: "Du wirst es nie 'eines Tages' erfassen! Entweder du erfasst es jetzt und wenn du es jetzt nicht verstehst, wirst du es auch morgen nicht verstehen. Denn das 'Jetzt' ist Zeit. Das 'Jetzt' enthält die ganze Zeit. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Was jetzt ist, was du jetzt bist, wirst du auch morgen sein. Wenn du dich jetzt nicht radikal änderst, bist du in Zukunft, was du jetzt bist. Das ist so klar. Also ist die Zukunft die Gegenwart, und die Gegenwart ist die Vergangenheit. Somit enthält die Gegenwart, das Jetzt die ganze Zeit." Und wenn mein Freund sagt: "Ich denke nach und vielleicht erfasse ich es irgendwann", dann ist das nur ein Aufschieben, und er achtet nicht auf den ganzen Inhalt des 'Jetzt'. Und das 'Jetzt' das Achtsamkeit ist, ist Ordnung.
39:25 Fahren wir also fort. Mein Freund fragt: "Warum war ich mein ganzes Leben lang auf Vergnügen aus?" Vergnügen scheint das Wichtigste im Leben zu sein. Was ist falsch daran? Warum jagen die Menschen dem so unablässig nach? Vergnügen durch Sex, Vergnügen durch Besitztümer, Vergnügen durch Macht, Ruhm, schlechter Ruf? Vergnügen, ein Buch zu schreiben. Vielleicht ein Flop, ein Ladenhüter, aber das Vergnügen ist, es zu schreiben. Vergnügen scheint ein gemeinsames Los der Menschheit zu sein. Und warum? Warum wurde es so wichtig? "Bitte, untersuche es", sagt der Sprecher, "untersuche es. Sage nicht, ich brauche Vergnügen." Wir haben immer mit dem Vergnügen gelebt. Erfüllung, Befriedigung, etwas Erreichen. Es gibt verschiedene Formen des Vergnügens. Aber warum halten wir daran fest, jagen ihm ständig nach? Wir nehmen Drogen, trinken Alkohol, mit all dem Elend, aber es ist angenehm. Die sofortige Wirkung des Vergnügens. Verstehen Sie? Kein Aufschieben des Vergnügens. Klar? Das heißt, wo Vergnügen da ist, jetzt, in diesem Moment, da gibt es kein Einmischen oder Interpretieren des Denkens. Vergnügen, da ist der Moment des Vergnügens, einige Sekunden später erzeugt Denken, ein Bild des Vergnügens, dieser Empfindung und will es haben. Klar, mein Freund, hast du das verstanden?
42:38 Das Denken erzeugt also wieder das Bild jener Sekunde, mit der unglaublichen Schönheit des Sonnenuntergangs mit all dem goldenen Licht des Abends. Die große Schönheit und Stille des Sonnenuntergangs mit den grünen Strahlen, die so selten sind. Das ist die unmittelbare Wahrnehmung. Dann sagt das Denken: "Wie wunderbar das war! Wie schön! Wie ungemein lebendig!" Und hat ein Bild erzeugt, und tags darauf will es das Bild wieder. Also, das Verstehen des Denkens, des Denkvorgangs, ist ungemein wichtig.
43:57 Angst ist ein Faktor unseres Lebens, wie das Vergnügen. Vielleicht ist Angst gewichtiger als Vergnügen. Die Angst, kein Vergnügen zu haben. Also, sagt mein Freund: "Können wir uns die Frage der Angst anschauen? Und durch Forschen", sagt er, "kann sie da je aufhören? Oder bleibt die Angst auf ewig die Bürde der Menschheit?" "Gemeinsam, mein Freund, werden wir es heraus finden." Nicht, dass der Sprecher belehrt, und Sie folgen. Was recht kindisch wäre und unreif. Vielmehr werden wir gemeinsam, Sie und der Sprecher, auf das Problem der Angst eingehen.
45:21 Der Mensch hat mit der Angst seit Jahrtausenden gelebt. Angst vor der Natur, vor Gewitter. Angst vor Dunkelheit. Angst vor dem Leben selbst. Angst vor dem Nachbarn, vor dem Ehepartner. Angst nichts zu erreichen. Angst ein Versager zu sein. Besonders in diesem Land, wo Erfolg angebetet wird. Wollen Sie nicht alle Erfolg haben? Natürlich wollen wir das. Und die Meisten, leider oder zum Glück, sind nicht besonders erfolgreich. Bis auf einige Politiker und die Gurus, die Geld scheffeln, mit ihrem Unsinn. Und die Evangelisten usw. Haben Sie je mitbekommen, dass die katholische Kirche der weltgrößte Grundbesitzer ist? Sie besitzt große Mengen an Land auf der ganzen Welt. Und… etwas Erreichen, Erfolg, die Sehnsucht geliebt zu werden, und entdecken, nicht geliebt zu werden. Und Angst, Verbitterung, Sorge und Hass. Zusammen sollten wir die Frage der Angst ausloten. Nicht nur die Erklärung, die Beschreibung, was sehr trügerisch ist. Denn Menschen hängen meist in Beschreibungen und Erklärungen fest und gelangen daher nie bis zur Wurzel des Ganzen.
47:55 Mein Freund sagt: "Ergründen wir es bis zur Wurzel, denn auch ich habe genug von Erklärungen. Ich kann zum Psychologen gehen usw. Aber diese Erklärungen haben in mir nicht das Gefühl der Angst völlig beseitigt.“ Solange wir der Sache nicht tief auf den Grund gehen, sind bloße Erklärungen nicht viel Wert. Wie sie sich anfühlt, ihre Beschaffenheit, ihre Struktur. Denn wo Angst herrscht, gibt es auf ewig das Suchen nach Sicherheit. Angst hat alle Götter und Erlöser der Welt erschaffen. Für einen Menschen ohne jede Angst, weder biologisch noch psychisch, für ihn gibt es keinen Gott, denn er verkörpert den religiösen Geist. Wir befassen uns später damit.
49:18 Zusammen wollen wir herausfinden, was die Wurzel der Angst ist. Finden Sie es heraus, oder wird es der Sprecher tun, und es Ihnen sagen? Das heißt, ist Ihr Gehirn, der Sprecher fragt den Freund: "Ist dein Gehirn aktiv genug, leidenschaftlich genug? Hat es die Energie das herauszufinden?" Oder wollen Sie nur mit Reden etwas herausfinden? Aber wenn Sie die Intensität haben, ergründen wir es gemeinsam.
50:17 Vor allem ist Zeit ein Faktor der Angst. Zeit, in Form des Gestern, das wir kennen, weil die Erinnerung an Gestern im Gehirn gespeichert ist, und das Morgen ist ungewiss. Morgen kann tausend morgen währen, aber es ist ungewiss, und das macht Angst. Ich könnte etwas einbüßen, ich könnte nichts erreichen, womöglich werde ich einsam sein, verzweifelt, ängstlich. Somit ist die Zeit als Faktor der Angst klar erkennbar. Was ist also Zeit? Wie kommt es, dass Zeit in unserem Leben so wichtig geworden ist? Zeit, um eine Sprache zu lernen. Zeit, um sich zu verloben. Zeit, um irgendein Spezialist zu werden. Zeit einen Brief zu schreiben. Aber der Computer wird Ihnen Zeit abnehmen, da er alles so schnell erledigt. Sollen wir jetzt über den Computer sprechen? Vielleicht tun wir's, denn es ist recht interessant.
52:12 Wir haben mit Experten darüber gesprochen, Spezialisten, die Computer produzieren. Der Computer kann fast alles, was der Mensch kann. Außer vielleicht liebevoll zu anderen sein. Er kann komponieren, etc., Sie wissen was er kann. Er kann mit Robotern Autos bauen, wie es schon in einigen Fabriken in Japan, Deutschland und hier geschieht. Der Computer kann programmiert werden, programmiert wie wir, als Christen, Hindus, Amerikaner, Spezialisten. Wir sind programmiert. Unser Gehirn arbeitet nach Programmen, das ist Erinnerung. Und der Computer kann alles rasend schnell machen. IBM hat etwas entwickelt, diesen Chip, Millionen 'Erinnerungen' in dem kleinen Chip. Er kann rechnen, kann addieren und enormes leisten, der Computer. Was passiert nun mit dem menschlichen Gehirn? Verstehen Sie meine Frage?
53:55 Unsere Gehirne waren beschäftigt mit addieren und subtrahieren. In einem Laden, im Supermarkt, addieren Sie, benutzen Sie Ihr Gehirn zum rechnen. Wenn aber durch Knopfdruck der Computer alles addiert, dann denken Sie gar nicht mehr. Was geschieht dann mit dem Gehirn das mehr und mehr, oder immer weniger aktiv wird? Wird es immer mechanischer, begrenzter, wenn der Computer fast alles machen kann? Entweder degeneriert es schnell, was gerade passiert und den meisten von uns nicht bewusst ist, oder es will ständig unterhalten sein. Die Unterhaltungsindustrie ist ungeheuer mächtig. Die Unterhaltungsindustrie ist mehr als Kino, Illustrierte usw., es ist auch religiöse Unterhaltung. Regen Sie sich nicht darüber auf. Es gehört zur Unterhaltung, denn es hat nichts mit unserem täglichen Leben zu tun. Der Computer könnte dazu führen, dass das Gehirn verkümmert, und so die Unterhaltungsindustrie sich seiner bemächtigt, was schon passiert. Bitte, achten Sie darauf! Oder wir müssen den ganzen weiten Raum der Psyche erforschen und anders leben. Diese beiden Möglichkeiten stehen Ihnen offen. Und unweigerlich wird der Mensch, so wie er ist, die Unterhaltung wählen.
56:23 Also müssen wir zurückkommen und herausfinden, was die Wurzel der Angst ist. Wir sagten: die Zeit. Zeit ist die bemerkenswerteste komplexe Sache. Wir leben in der Zeit. Wir essen zu einer bestimmten Zeit. Und Zeit ist enthalten in Gegenwart, Zukunft, Vergangenheit. Die ganze Bewegung der Zeit ist jetzt. Wenn Sie hinschauen. Denn das Morgen ist, was Sie jetzt sind. Sind Sie jetzt voll Wut, Hass, Gewalt, sind Sie morgen dasselbe, vielleicht etwas weniger oder mehr.
57:26 Also, die Zukunft ist jetzt. "Bitte, sieh, dass es wahr ist, eine Tatsache, mein Freund." Wenn Sie nicht radikal, von Grund auf eine totale psychische Revolution in sich bewirken, sind Sie morgen das Gleiche. Daher ist die Zeit der Feind des Menschen. Bitte, erkennen Sie das. Somit ist Zeit ein Faktor der Angst. Ich habe Arbeit und kann sie verlieren. Meine Frau könnte weglaufen, und mich allein zurücklassen. Eifersucht usw. folgt. Also ist Zeit die grundlegende Ursache der Angst. Und Zeit ist auch Denken. Beides sind Bewegungen. Sowohl psychisch als auch im Außen, äußerlich. So sind Zeit und Denken die Wurzel der Angst. Das ist eine Tatsache.
59:13 Dann fragt mein Freund: "Wie um Himmels Willen kann ich Zeit und Denken beenden? Wie geht das? Ich muss ins Büro gehen, dazu ist Zeit nötig. Aber Zeit, sagst du zu mir, im Inneren, psychisch, benutzt man Zeit, um etwas zu werden, zu sein, diese Zeit ist der Feind. Weil morgen das ist, was du jetzt bist. Daher, außer du wandelst dich grundlegend jetzt, daher ist das Morgen der Feind."
1:00:03 Also Angst, der Sie sich alle voll bewusst sind, jeder Mensch auf der Welt kennt Angst. Ihr Elend, ihre Traurigkeit und die Grausamkeit der Angst. Das geschieht laufend: die Brutalität der Ideologien, die russische und die demokratische Ideologie. Ja, Herrschaften, schauen Sie es sich genau an. Also sind Zeit und Denken die Wurzeln der Angst. Mein Freund fragt: "Wie stoppe ich den Gang von Zeit und Denken." Der Sprecher entgegnet: "Das ist eine falsche Frage." Wenn Sie eine falsche Frage stellen, gibt es keine Antwort darauf. Stellen Sie die richtige Frage. Sie lautet: Sehen Sie die Tatsache was Zeit und Denken wirklich sind? Nicht als Vorstellung, sondern als Fakt, dass, was Sie sind, Sie auch sein werden. Und wenn Sie diese Tatsache erkennen, aber nicht als Tatsache durch eine Idee. Verstehen Sie? Unsere Gehirne ergreifen zuerst die Idee, und richten dann die Gedanken auf die Tatsache. Das Wort 'Idee' im Griechischen hat mehrere Bedeutungen, aber 'Idee' bedeutet auch 'beobachten'. Nicht durch Beobachten, zu einer Folgerung kommen, sondern nur beobachten. Wenn Sie so genau beobachten, mit Leidenschaft, Intensität, d.h. Ihr ganzes Augenmerk auf Zeit und Denken richten, dann gibt es überhaupt keine Angst mehr.
1:02:57 Mein Freund sagt: "Jetzt, wenn du das sagst, verstehe ich es. Deine Intensität hilft mir." Aber seien Sie nicht davon abhängig. Finden Sie heraus, ob Sie das haben, diese Energie, Vitalität, Intensität, um ganz bis ans Ende zu gehen. Ganz bis ans Ende der Reise in die Angst. Das bedeutet, ständig die gleiche Intensität beizubehalten, niemals nachzulassen. Gehen Sie mit der gleichen Intensität, mit der gleichen Bewegung, bis Sie ans Ende kommen.
1:04:06 Aber die meisten von uns vergeuden ihre Energie. Durch schwatzen, endlos schwatzen, klatschen, kritisieren, verleumden. Und wir vergeuden auch unsere Energie in Konflikten. Ständig im Streit untereinander. Wir vergeuden Energie, im Versuch etwas zu werden. Es gibt überhaupt kein 'etwas werden'. Es gibt nur das, 'was ist', und das Vollenden dessen, 'was ist'. Dann haben Sie unfassbare Energie. Nicht um mehr Unheil anzurichten. Vielmehr um ein Leben zu führen, Tag für Tag, mit viel Liebe, Mitempfinden und Intelligenz.
1:05:26 Heute höre ich auf. Es geht weiter Samstag und Sonntag, nächsten Samstag und Sonntag. Dienstag und Donnerstag wird es Fragen geben, die eingereicht wurden, und Antworten vom Sprecher. Keine Antworten, wir untersuchen diese Fragen gemeinsam. Gestatten Sie bitte, dass ich aufstehe?