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OJBR80CB10 - Kosmische Ordnung
10. Gespräch mit David Bohm
Brockwood Park, UK
7. Juni 1980



0:19 Krishnamurti: Am besten, wir vergessen, dass wir Zuhörer haben. Wir führen hier nicht etwas zu Ihrer Unterhaltung auf.
0:33 Das letzte Mal hörten wir damit auf, wenn ich mich recht erinnere, dass, wenn der Geist nichts mehr vom Denken Geschaffenes enthält, dann fängt die eigentliche Meditation an. Aber ich möchte, bevor wir das weiter untersuchen, möchte ich einen Schritt zurückgehen und herausfinden, ob das Gehirn jemals frei sein kann. Nicht nur frei von allen Illusionen und jeder Art von Täuschung, und ob es seine eigene Ordnung haben kann. Eine Ordnung, die nicht vom Denken gemacht ist, oder ob es sich aufraffen kann, die Dinge an ihren richtigen Platz zu stellen. Und außerdem, ob das Gehirn, und sei es noch so beschädigt, und die meisten Gehirne sind beschädigt durch Schock, durch alle Arten von Anregungen, ob dieses Gehirn sich selbst vollständig heilen kann. Mit diesen Fragen möchte ich mich beschäftigen.
2:25 Erlauben Sie mir also bitte, als erstes zu fragen, ob es eine Ordnung gibt, die nicht menschengemacht ist. Eine, die nicht aus einer Absicht entstanden ist, weil Unordnung herrscht. Eine solche Ordnung würde uns wahrscheinlich zufriedenstellen und also immer noch der alten Konditioniertheit entsprechen. Gibt es eine Ordnung, die nicht menschengemacht ist, gedankengemacht?
3:18 D. Bohm: Meinen Sie damit den Geist? Die Ordnung der Natur besteht wohl aus sich selbst heraus.
3:26 – Die Ordnung der Natur ist Ordnung. – Ja, aber nicht von Menschen gemacht. Aber ich spreche nicht von so einer … Ich bin nicht sicher, dass das diese Art von Ordnung ist. Gibt es kosmische Ordnung?
3:48 Aber das ist immer noch die selbe Sache, von der Sie sprechen. – Normalerweise bedeutet das Wort "kosmisch" – "Kosmos" bedeutet Ordnung.
3:58 – Es bedeutet Ordnung, aber die Ordnung des Ganzen. – Die meine ich.
4:03 Und die umfasst die Ordnung des Universums und die Ordnung des Geistes.
4:13 Was ich versuche herauszufinden: Gibt es Ordnung,
4:25 die sich ein Mensch unmöglich vorstellen kann?
4:29 Verstehen Sie mich? Denn jedes Konzept beruht immer noch auf gedanklichen Mustern. Gibt es also Ordnung, die nicht
4:43 – Wie wollen wir darüber sprechen? – Das will ich gerade besprechen.
4:48 Ich glaube, wir kriegen das hin. Was ist Ordnung?
4:57 G. Narayan: Ich dachte, wir hätten gerade darüber gesprochen.
5:02 – Gesprochen über was? – Am Tisch. – Beim Essen?
5:06 Es gibt die mathematische Ordnung,
5:09 und im allgemeinen ist sie die Ordnung wiederum untergeordneter Ordnungen. Wissenschaft sucht die Ordnung unter den oberflächlichen Ordnungen. Hier haben wir die ausgeprägteste Art von Ordnung aller Fachgebiete.
5:27 Würden die Mathematiker auch sagen, dass Mathematik vollkommene Ordnung ist?
5:37 Ja, Mathematik beschäftigt sich mit den Zusammenhängen zwischen Ordnungen.
5:42 Würden sie dem zustimmen?
5:44 Je nachdem, aber der berühmte Mathematiker von Neumann fasste Mathematik auf als Beziehung zwischen Beziehungen, und mit Beziehung meinte er "Ordnung", um auszudrücken, dass da Ordnung nur in ihrem eigenen Feld wirksam ist.
6:03 Ordnung wirkt im Feld der Ordnung. – Und nicht auf eine andere Sache.
6:13 Ja, darauf möchte ich hinaus.
6:20 Die besonders kreativen Mathematiker haben
6:22 eine Schau auf das, was man reine Ordnung nennen könnte. Aber es ist natürlich immer noch begrenzt, weil es auf mathematische Art ausgedrückt werden muss, in Formeln oder Form von Gleichungen.
6:47 Ist Ordnung Teil der Unordnung, wie wir sie kennen?
6:55 Das ist die andere Frage: Was meinen wir mit Unordnung? Es gibt keine stimmige Definition von Unordnung. Ihre Natur entzieht sich dem. Sie ist nicht beschreibbar, – Warum nicht?
7:11 weil Unordnung nunmal jede Ordnung verletzt. Alles Geschehende hat Ordnung. Man kann eine bestimmte Sache als Unordnung bezeichnen.
7:21 – Sie sagen, alles was geschieht, ist Ordnung? – Es hat eine gewisse Ordnung.
7:26 Wenn der Körper fehlerhaft ist, wenn ein Krebsgeschwür entsteht, das hat seine eigene Ordnung, es wächst auf seine Weise, jedoch zu schnell. Es hat ein anderes Wachstumsverhalten, das dem Körper schadet, aber darin ist dennoch Ordnung. Die Naturgesetze werden nicht verletzt. Innerhalb eines bestimmten Kontextes ist es wiederum Unordnung. Wenn wir die körperliche Gesundheit betrachten, da stört der Krebs die Ordnung. Aber für sich genommen,
8:02 Krebs hat seine eigene Ordnung.
8:07 Aber sie stimmt nicht überein mit der Ordnung des körperlichen Wachstums.
8:12 Also, was meinen wir mit Ordnung? Gibt es so etwas wie Ordnung?
8:20 Ordnung liegt im Wahrnehmen, sagten wir. – Wir können sie nicht fassen. – Natürlich nicht.
8:28 Wenn wir von Ordnung sprechen, bezieht sich das auf einen Rahmen, einen bestimmten Bereich. Ordnung hat immer diesen Bezug. Und wenn wir von Ordnung der Ordnungen sprechen, wie in einigen Gebieten der Mathematik, sprechen wir von einem erweiterten Ordnungsbegriff.
8:55 Wir ordnen nicht mehr nur Dinge.
8:59 Mathematiker beginnen meist mit der Ordnung der Zahlen, 1, 2, 3, und auf dieser Grundlage bauen sie eine komplizierte Struktur auf. Die Ordnung der Zahlen ist offensichtlich. Es gibt eine Reihe von Beziehungen, die immer gültig sind zum Beispiel. Die Zahlen sind das einfachste Beispiel einer Ordnung.
9:27 Die Entdeckung der Null führte zu einer neuen Ordnung, es entstanden neue Ordnungsregeln. Und ist mathematische Ordnung und die Ordnung der Natur eingebettet eine noch größere Ordnung? Oder ist sie lediglich auf einen Bereich begrenzt?
10:06 Das Gehirn, der Geist ist so widersprüchlich, so beschädigt,^p es kann Ordnung nicht finden.
10:27 Ja, aber welche Art von Ordnung möchte es haben?
10:32 Es will eine Ordnung, in der es sich sicher fühlt. Wo es nicht verletzt wird, nicht erschreckt, nicht den Schmerz fühlt von körperlicher oder seelischer Verletzung.
10:46 Bei Ordnung geht es hauptsächlich um einen widerspruchsfreien Zustand. Darum geht es in der Mathematik vor allem.
10:54 – Aber das Gehirn ist in sich widersprüchlich. – Ja,
10:58 etwas ist schiefgegangen. Wir sagten mal, es habe eine falsche Richtung eingeschlagen.
11:09 Man könnte Krebs als Fehlwachstum im Körper ansehen. Dann sind zwei Ordnungen in Konflikt: das Krebswachstum und die normale Ordnung des Körpers. Sie können auf Dauer nicht gleichzeitig bestehen.
11:26 Ich möchte mal eine Frage betrachten. Kann der Geist, das Gehirn vollkommen frei sein von jeder organisierten Ordnung?
11:43 Warum sollte er das sein und was meinen Sie mit organisierter Ordnung? – Sonst wird es zu einem Muster.
11:51 Sie meinen damit eine feststehende, aufgezwungene Ordnung.
11:55 Ja, eine feste Ordnung, ein festes Muster.
11:59 – Aufgezwungen oder starr. – Aufgezwungen oder selbst auferlegt. Weil wir herausfinden wollen, jedenfalls möchte ich das, ob das Gehirn jemals frei sein kann von all den Zwängen, Druck, Wunden, Verletzungen, den Banalitäten der Existenz, die es hierhin und dorthin schleudern, ob es vollständig frei davon sein kann. Wenn nicht, dann hat Meditation keinen Sinn.
13:05 Man könnte sagen, das Leben hat wahrscheinlich keinen Sinn, wenn das nicht geht. – Das würde ich nicht sagen.
13:13 – Wenn es immer so weiter ginge? – Dann ja.
13:16 Wenn es so immer weiter geht wie bisher, jahrtausendelang, hat das Leben keinen Sinn.
13:24 Aber um herauszufinden, ob das Leben irgendeinen Sinn hat, und ich glaube, es hat einen, muss das Gehirn nicht vollkommen frei sein von alldem?
13:41 Das, was Sie Unordnung nennen woher kommt das, was wir Unordnung nennen? Es ist wie Krebs sozusagen, der innerhalb des Gehirns wächst. Seine Bewegung verträgt sich nicht mit der Gesundheit des Gehirns. Es nimmt immer mehr zu, sogar von einer Generation zur nächsten.
14:12 – Aber jede Generation hat das gleiche Verhaltensmuster! – Aber es nimmt sogar zu
14:17 von einer Generation, die es an die nächste weitergibt. Es ist hier die ähnliche Frage, wie wir es verhindern können, dass diese Krebszellen überhand nehmen. – Das ist es, was mich interessiert.
14:36 Wie dieses Muster, das sich geformt hat und das sich über Generationen weiter entwickelt hat, wie beendet man das, wie durchbricht man es? Das ist wirklich die Frage, die ich im Hinterkopf habe.
14:58 Eine andere Frage ist, warum das Gehirn den Nährboden für dieses Zeug zur Verfügung stellt.
15:04 Es könnte einfach Tradition sein, Gewohnheit.
15:09 Warum macht es als weiter damit?
15:12 Vielleicht hat es Angst davor, dass etwas Neues abläuft. In der alten Tradition fühlt es sich wohl. Es fühlt sich sicher.
15:30 Dann stellt sich die Frage, warum das Gehirn sich selber betrügt? In sich Unordnung zu haben, geht nur, wenn das Gehirn sich über diese Unordnung was vormacht. Es scheint das nicht klar erkennen zu können.
15:54 Für meine Begriffe steckt hinter Ordnung eine Intelligenz, die diese irgendwie benutzt. Ich habe eine Absicht, erschaffe eine Ordnung. Wenn die Absicht erreicht ist, vergesse ich diese Ordnung. Hinter Ordnung steckt eine Intelligenz, welche sie herstellt, so ist die übliche Vorstellung. – Aber Sie meinen etwas anderes. – Ich und er fragen uns,
16:27 ob dieses jahrtausendealte Muster unterbrochen werden kann und warum das Gehirn ihm gefolgt ist trotz aller Konflikte, Elend und es immer so weiter macht. Und kann dieses Muster unterbrochen werden? Das ist meine eigentliche Frage.
16:51 Ich formuliere es nur anders. Wenn eine Ordnung ihren Zweck erfüllt hat, kann sie beiseite gelegt werden, weil sie nicht mehr gebraucht wird oder jetzt unangemessen ist. – Offensichtlich nicht!
17:07 Psychisch meine ich. Es geht nicht, es geschieht nicht. Nehmen Sie einen gewöhnlichen Menschen wie einen von uns. Es geht immer weiter, dieselben Ängste, Leid, Elend. All das setzt sich Tag für Tag fort. Und Dr. Bohm fragt, warum es weiter geht, warum es keinen Durchbruch gibt. Und wir sagen, vielleicht ist er so stark konditioniert, dass er keinen Weg sieht, da rauszukommen. Oder es liegt nur am ständigen Wiederholen, und das Gehirn ist stumpf geworden.
18:04 Da ist also diese ständige Wiederholung. – Und wir kommen nicht raus. – Das ständige Wiederholen macht das Gehirn träge, mechanisch.
18:15 Und dann fühlt es sich wohl in dieser mechanischen Trägheit und sagt: "Es geht schon, ich kann so weitermachen." So machen es die meisten Menschen!
18:36 Das kommt von der Unordnung. – So zu denken, ist ein Ausdruck der Unordnung. – Natürlich.
18:48 Verbinden Sie Ordnung mit Intelligenz? Oder existiert Ordnung unabhängig davon?
18:55 Irgendeine Art von Intelligenz.
19:03 Intelligenz hat sicher mit Ordnung zu tun. Intelligenz geht einher mit der korrekten Wahrnehmung von Ordnung, ohne inneren Widerspruch. Aber ich glaube, bei dem, worüber wir hier sprechen, handelt es sich um eine Ordnung, die wir nicht erschaffen, sondern die naturgegeben ist.
19:33 Kommen wir nochmal zurück. Ich bin ein gewöhnlicher Mensch. Ich sehe, ich bin gefangen. Meine ganze Art zu leben, mein Denken, meine Ansichten usw., alles, was ich glaube, ist das Ergebnis einer langen zeitlichen Entwicklung. Wie wir neulich sagten, meine ganze Existenz besteht aus Zeit. Ich fühle mich wohl in der nicht mehr veränderbaren Vergangenheit.
20:11 Ich glaube, ein normaler Mensch, wird als erstes sagen, dass er das mit der Zeit nicht versteht. – Er empfindet, dass Zeit ihm geschieht. – Ich habe schon gesagt,
20:23 ich bin ein gewöhnlicher Mensch, spreche mit Ihnen und sehe, meine ganze Existenz hat Zeit als Grundlage. Zeit ist die Vergangenheit, und darin fühlt das Gehirn sich wohl.
20:44 – Wie macht es das? – Weil die Vergangenheit unveränderlich ist.
20:50 Aber Menschen denken auch an eine bessere Zukunft, an ein Aufgeben der Vergangenheit,
20:57 an Veränderung. – Aber ich kann nicht.
21:00 Wir glauben, sie aufgeben zu können.
21:03 Sogar diejenigen, die die Vergangenheit aufgeben wollen, sich nicht darin zurückziehen wollen, können sie nicht aufgeben. Genau das meine ich.
21:13 Es sieht so aus, was immer man tut, man steckt fest.
21:20 Die nächste Frage ist dann, warum das Gehirn
21:25 das hinnimmt, diese Art zu leben und warum es sie nicht durchbricht. Ist es Faulheit? Sieht es den Versuch, es niederzureißen, als hoffnungslos an?
21:47 – Das ist immer noch die selbe Frage. – Natürlich.
21:51 Das Vergangene ist Grundlage des Handelns.
21:53 Was ist also zu tun?
21:57 Ich denke, das gilt für die meisten Menschen, oder? Also, was tun? – Wir verstehen noch nicht, warum
22:09 es das tut, also haben wir dafür keine Antwort. Angenommen, dieses Verhalten ist irrational und Menschen sagen, "Okay, ich gebe die Vergangenheit auf", und können es nicht.
22:23 – Wir können nicht. – Warum können wir nicht?
22:30 Warum können wir die Vergangenheit nicht aufgeben? Einen Moment, Sir. Wenn ich die Vergangenheit aufgebe, habe ich keine Existenz mehr.
22:48 Das müssen Sie erläutern, weil manche sagen würden
22:52 Es ist einfach: wenn ich all meine Erinnerungen aufgebe, habe ich nichts. Ich bin nichts.
23:03 Einige würden es anders sehen, z. B. die Marxisten. Marx sagte, es sei notwendig, die Umstände der menschlichen Existenz zu verändern und das beseitige die Vergangenheit. – Aber es hat nicht funktioniert.
23:22 Es kann nicht funktionieren.
23:26 Der Versuch, etwas zu verändern, ist immer noch von der Vergangenheit bestimmt. – Das meine ich.
23:34 Wenn wir nicht von der Vergangenheit abhängen,
23:37 was gibt es dann zu tun? – Ja, ich bin nichts!
23:42 Ist das der Grund, weshalb wir die Vergangenheit unmöglich aufgeben können? Weil meine Existenz, meine Art zu denken, mein Leben, alles stammt aus der Vergangenheit. Und wenn jemand sagt, "Wisch das weg!", was bleibt dann übrig?
24:10 Einiges aus der Vergangenheit muss offensichtlich erhalten bleiben. Wissen, technische Kenntnisse.
24:16 Man könnte diesen Teil der Vergangenheit behalten, und alles von der Vergangenheit wegwischen, was widersprüchlich ist.
24:23 Das sind die ganzen inneren Widersprüche usw. Was bleibt übrig? Der tägliche Gang zur Arbeit? Es bleibt nichts übrig. Können wir sie deshalb nicht aufgeben? Es ist ein Widerspruch zu fragen,
24:42 was übrig bleibt. Man fragt dann immer noch nach der Vergangenheit. – Natürlich.
24:51 Sie meinen also, wenn Menschen sagen
24:54 sie geben die Vergangenheit auf, dass sie es nicht tun? Sie machen daraus lediglich ein Vorhaben und vermeiden damit das Eigentliche.
25:03 Weil mein ganzes Wesen nur aus Vergangenheit besteht, verändert, umgewandelt, aber seine Wurzeln liegen in der Vergangenheit.
25:17 Wenn man sagte, "Gib es auf, deine Zukunft wird ganz anders aussehen, besser", das würde Menschen interessieren.
25:25 Aber das "besser" kommt immer noch aus der Vergangenheit.
25:34 Es könnte offen sein und kreativ. Die Menschen wollen irgendwie sicher sein, dass da etwas sein wird. – Genau das ist es, Sir! Da ist nichts!
25:46 Als Mensch möchte ich sicher sein, dass da etwas ist,, an das ich mich klammern kann, an das ich mich halten kann.
25:56 Etwas, das ich anstrebe oder erreichen kann. – Erreichen.
25:59 Man hängt nicht an Vergangenem, man will etwas erreichen, so empfindet man.
26:05 Wenn ich etwas erreiche, ist das immer noch die Vergangenheit.
26:10 Das sieht man oft nicht, weil man es als großartige, neue revolutionäre Situation ansieht. Aber die Wurzeln liegen in der Vergangenheit. Und die Vergangenheit ist Unordnung.
26:22 Solange ich in der Vergangenheit verwurzelt bin, gibt es keine Ordnung.
26:28 – Weil die Vergangenheit durch und durch Unordnung ist. – Ja, Unordnung. Und ist mein Geist, mein Gehirn bereit, einzusehen, dass da absolut nichts ist, wenn ich die Vergangenheit aufgebe? Verstehen Sie?
26:58 – Sie meinen, da ist nichts zu erreichen. – Nichts, ich meine, da ist keine Bewegung.
27:04 Deshalb kann ich unmöglich die Vergangenheit aufgeben. Also hängen die Leute mir eine Karotte vor die Nase, und als dummer Mensch folge ich ihr. Aber wenn ich keine Karotte vor mir habe, nichts, keine Belohnung, keine drohende Strafe. Wie soll die Vergangenheit aufgelöst werden? Weil ich ansonsten immer noch im Bereich der Zeit lebe. Und es ist immer noch menschengemacht. Was soll ich also tun? Bin ich bereit, dem gegenüberzustehen, der absoluten Leere? Richtig, Sir?
28:20 – Und wenn jemand nicht bereit ist? – Das ist nicht mein Problem.
28:24 Wenn jemand dies alles als Unsinn ansieht, sagt man, "Mach halt weiter so." Aber ich bin bereit, meine Vergangenheit vollkommen loszulassen, das heißt, es gibt weder Bemühen noch Belohnung, Strafandrohung, Karotte – nichts. Und das Gehirn ist bereit, diesem außerordentlichen Zustand ins Auge zu sehen, etwas, das ihm vollkommen neu ist, ein Sein, ein Existieren in einem Zustand von Nichts. Das ist furchtbar angsteinflößend.
29:14 Auch die Bedeutung dieser Worte wurzelt im Vergangenen, so kommt Angst ins Spiel.
29:20 Das Wort ist nicht die Sache.
29:23 Aber das macht Angst, weil der Begriff "Nichts" von früher her angstbesetzt ist. – Mein Gehirn sagt,
29:30 "Ich bin bereit, das zu tun." Ich bin bereit, diesem absoluten Nichts, der Leere ins Auge zu sehen, weil es eingesehen hat, dass all diese Zufluchtsorte, die verschiedenen Nischen, wohin es sich zurückgezogen hat, Illusionen sind. Damit ist also Schluss.
30:04 Aber es gibt noch etwas zu berücksichtigen. Sie sprachen von der Beschädigung, den Narben des Gehirns. Wenn das Gehirn nicht beschädigt wäre, würde es das ziemlich einfach hinkriegen. – Okay, kann ich herausfinden,
30:24 wo die Ursache liegt für den Gehirnschaden? Eine der Ursachen sind heftige Emotionen.
30:34 – Ja. Heftige, anhaltende Emotionen. – Heftige, anhaltende Emotionen, wie Hass.
30:40 – Kurzzeitge Emotionen schaden wohl nicht, aber wir halten sie aufrecht. – Ja, natürlich.
30:46 Hass, Ärger,
30:50 Gewaltgefühle, diese sind offensichtlich nicht nur erschreckend, sondern sie verwunden das Gehirn.
31:02 – Richtig? – Ja, und häufiges Aufregen auch. – Übermäßige Angeregtheit, z. B. durch Vergnügen. – Drogen usw.
31:12 Häufige Angeregtheit, häufiger Ärger, Gewaltempfindungen, Hass, all das. Die natürlichen Reaktionen schaden dem Gehirn nicht. Mein Gehirn ist also geschädigt, mal angenommen, Ärger hat es geschädigt.
31:43 Wahrscheinlich wurden sogar Nervenbahnen falsch verbunden und die Verbindungen sind nicht sehr stabil. Es gibt Belege dafür, dass diese Vorgänge tatsächlich die Struktur verändern.
32:01 Das heißt also, kann ich eine Einsicht haben in das ganze Wesen der Störungen, Ärger, Gewalt, das ist alles Teil desselben Geschehens. Kann ich das durch Einsicht erkennen? Und dann verändert diese Einsicht die Gehirnzellen, die verwundet worden sind.
32:30 – Möglicherweise setzt das Heilung in Gang. – Okay, Heilung in Gang setzen.
32:36 Diese Heilung findet sofort statt.
32:39 Eventuell braucht es auch Zeit, weil falsche Verbindungen bestehen und es Zeit braucht, das Gewebe umzuorganisieren,, aber der Heilungsprozess sollte sofort beginnen. – Ja, sehen wir es mal so.
32:52 Kann ich das? Ich habe Ihnen zugehört, ich habe es sorgfältig studiert, über all das nachgedacht und ich sehe, dass Ärger, Gewalt, Hass, all diese übermäßigen oder sogar jede Art von Aufregung usw. das Gehirn verletzt. Und die Einsicht in diese ganzen Abläufe bewirkt eine Veränderung der Zellen. Es ist so! Und so schnell wie möglich verändern sich die Zellen und ihre Ordnung.
33:48 Beim Krebs hört auch manchmal das Geschwür plötzlich auf zu wachsen und zieht sich zurück. Die Gründe sind nicht bekannt, aber in den Zellen muss sich etwas verändert haben.
34:03 Könnte es sein, vielleicht irre ich mich, wenn sich die Gehirnzellen verändern, wenn da eine grundlegende Veränderung stattfindet, dass die Krebsentwicklung aufhört?
34:18 – Ja, sie hört vollständig auf und das Geschwür baut sich ab. – Abbau, das ist es.
34:28 – Sie sagen, es entwickeln sich die richtigen Verbindungen – Ja.
34:32 und die falschen werden unterbrochen?
34:35 Oder sie werden sogar aufgelöst.
34:37 Ein Anfang ist also gemacht, und zwar jetzt.
34:41 Ab einem bestimmten Moment.
34:42 – Das ist die Einsicht.
34:45 Aber die Zeit spielt hier keine Rolle, weil die richtige Bewegung eingesetzt hat.
34:53 Was, was, was?
34:56 David sagt, Zeit spielt keine Rolle, weil die richtige Bewegung
35:01 jetzt eingesetzt hat. – Ja, natürlich.
35:05 Ich habe noch eine Frage zur Vergangenheit. Die meisten sehen im Vergangenen Vergnügen.
35:11 Nicht nur Vergnügen, alles, was in der Erinnerung gespeichert ist.
35:16 Man verliert die Lust am Vergnügen, wenn es schal wird oder zu Problemen führt, ansonsten will man immer Vergnügen.
35:27 Es ist schwierig zu erkennen, wann das Vergnügen schal wird oder es problematisch wird, weil man das Vergnügen aufrechterhalten will und nicht das Schale oder Probleme will. Ich meine den normalen Menschen. Ich wollte Sie fragen, "Was ist Ihre Einstellung zu Vergnügen?"
35:52 Was heißt "Einstellung"?
35:53 Wie behandelt man das Problem "Vergnügen", in dem viele gefangen sind; denn das ist die Vergangenheit?
36:02 Vergnügen ist immer die Vergangenheit. Es gibt kein – einen Moment –, es gibt kein Vergnügen in dem Moment, wo es stattfindet. Es kommt erst später, wenn man sich daran erinnert. Und die Erinnerung ist die Vergangenheit. Wie ich sagte, ich als menschliches Wesen, bin bereit, dem Nichts ins Auge zu schauen, und das beseitigt das alles!
36:37 Wie beseitigt man diesen enormen Trieb nach Vergnügen? Es scheint fast ein Trieb zu sein.
36:50 Nein, wir hatten das schon. Was ist das Wesen von Vergnügen? Was ist Vergnügen? Es ist das ständige Erinnern von früheren Geschehnissen.
37:08 – Und auch die Erwartung von zukünftigen Ereignissen. – Natürlich,
37:12 immer aus der Vergangenheit. – Normalerweise unterscheiden Sie Vergnügen von Freude.
37:18 Natürlich, aber ich sage, der Mensch,
37:23 auch wenn er Sie versteht, kommt er da irgendwie nicht weiter.
37:29 Nein, Narayan, er ist nicht bereit, sich dieser Leere zu stellen.
37:42 Vergnügen ist nicht Mitgefühl. Vergnügen ist nicht Liebe. Aber vielleicht geschieht diese Veränderung. Mitgefühl ist stärker als Vergnügen. Mache ich mich verständlich? Vergnügen hat neben Mitgefühl keinen Platz. Es kann sein, dass sogar Ordnung mehr Anziehungskraft hat als das Verlangen nach Vergnügen. Intensive Beschäftigung mit etwas, das mit Ordnung zusammenhängt, – Kunst, Wissenschaft – lässt das Vergnügen in den Hintergrund treten.
38:24 Das meine ich,, dieses Verlangen kann hinter anderem zurückstehen.
38:30 Mitgefühl besitzt eine ungeheure Kraft, eine unvergleichliche Kraft, in der kein Raum für Vergnügen ist.
38:40 – Aber was ist mit jemandem, bei dem Vergnügen dominiert? – Wir hatten das schon.
38:47 Solange er nicht bereit ist, dieser enormen Leere gegenüberzustehen, lebt er weiter nach seinen alten Mustern.
38:57 Er leidet ebenfalls unter einem geschädigten Gehirn. Die Schädigung des Gehirns ist verantwortlich für sein ständiges Suchen nach Vergnügen, genauso wie Angst, Ärger und Hass.
39:10 Aber das geschädigte Gehirn heilt, wenn Einsicht stattfindet.
39:21 Viele würden wohl, einsehen, dass Hass, Ärger usw. Folgen der Schädigung sind, aber beim Vergnügen sehen sie es anders. – Oh, doch,
39:32 natürlich ist es so.
39:34 Sie sprechen ja von eigentlicher Freude, die nicht Folge der Schädigung ist, die jedoch mit Vergnügen verwechselt wird.
39:45 Das ist das Problem, weil wenn Vergnügen Ärger mit sich bringt, ist Ärger Teil des geschädigten Gehirns. – Und ebenso
39:55 das Verlangen nach Vergnügen. – Es kann Ärger, Hass, Enttäuschung, Angst hervorrufen.
40:02 Wenn ich das gewünschte Vergnügen nicht kriege, werde ich ärgerlich.
40:09 Ich bin enttäuscht und die anderen Gefühle kommen dann auch. Ist das also möglich, dass ich als Mensch eine Einsicht habe in die Vergangenheit, wie zerstörerisch sie für das Gehirn ist, und das Gehirn sieht das, hat eine Einsicht darin und bewegt sich weg davon?
40:46 – Sie sagen, Ordnung beginnt mit einer Einsicht. – Offensichtlich.
41:03 – Lassen Sie uns weitergehen! – Geht es auch anders?
41:06 Kann man ein solches Maß an Ordnung erreichen
41:13 – Künstlich? – Als Muster, nicht künstlich, sodass daraus ein gewisses Maß an Einsicht folgt? Ah, man kann nicht durch das Falsche die Wahrheit finden.
41:31 Ich frage das absichtlich, weil viele Menschen
41:36 nicht genug Energie haben oder es fehlt am Ehrgeiz, Einsichten zu haben.
41:44 Wir wollen alle unbedingt unseren Lebensunterhalt verdienen, etwas hinkriegen. wenn wir uns dafür interessieren. Wenn Sie wirklich interessiert sind an dieser Veränderung usw., werden Sie auch die Energie dafür haben.
42:11 Wollen wir weitergehen, Sir? Für einen Menschen hat diese Einsicht die ganze Vergangenheit weggefegt und das Gehirn ist bereit, im Nichts zu leben. Wir sind an diesen Punkt mehrmals von verschiedenen Seiten gekommen. Von da aus möchte ich weitergehen. Wollen wir? Das heißt, es ist absolut nichts mehr von Gedanken Erzeugtes übrig. Es findet keine gedankliche Bewegung mehr statt. Außer den Gedanken, die sich auf praktisches Wissen usw. beziehen. Aber uns geht es um den psychischen Zustand, wo keine gedankliche Bewegung stattfindet, deshalb ist da absolut nichts.
43:32 Also auch keine Gefühle, Gedanken und Gefühle sind zusammen, meinen Sie das?
43:38 Einen Moment. Was meinen Sie mit Gefühl?
43:41 Oft hört man Leute sagen, sie haben keine Gedanken, aber Gefühle verschiedener Art schon.
43:49 Natürlich. Wenn Sie mit einer Nadel
43:52 Das sind Empfindungen, aber es gibt noch die inneren Gefühle.
43:58 – Innere Gefühle wovon? – Sie sind schwer beschreibbar.
44:02 Die Beschreibbaren sind offensichtlich die falschen, so wie Ärger und Angst.
44:07 – Ist Mitgefühl ein Gefühl? – Wahrscheinlich nicht. – Nein, es ist kein Gefühl. – Aber manche sagen vielleicht, sie empfinden sich als mitfühlend.
44:18 Das Wort suggeriert, dass es ein Gefühl ist.
44:22 – Ich empfinde Mitgefühl. – Ein ähnliches Wort ist "Mitleid" und Leid ist ein Gefühl.
44:29 Oder man fasst es auf diese Weise auf.
44:35 Es ist nicht so einfach. Was normalerweise unter Gefühlen verstanden wird,
44:40 diese Erscheinungen, die wahrgenommen werden können als Gefühle mit einer beschreibbaren Eigenart.
44:47 Untersuchen wir das ein bisschen. Was meinen wir mit "Gefühl"? Eine körperliche Empfindung?
44:53 Das meint man normalerweise nicht damit. – Empfindung hat zu tun mit dem Körper. – Körper, Sinne.
45:00 Oder den inneren Organen.
45:03 Sie meinen also Gefühle, die nicht körperlich sind.
45:07 Früher hätte man gesagt, sie gehören zur Seele.
45:13 Damit weicht man nur aus, das bedeutet überhaupt nichts.
45:19 Was sind die inneren Gefühle? Vergnügen?
45:25 Insofern, als man es benennen kann, ist klar, dass es nicht von Belang ist. – Und was ist von Belang? Der wortlose Zustand?
45:39 Vielleicht ein wortloser Zustand, dem etwas ähnliches innewohnt.
45:46 Gäbe es darin etwas entsprechendes, ein nicht genau fassbares Gefühl? Das man nicht benennen könnte?
45:55 – Sie meinen, kein Gefühl, sondern etwas ähnliches, das nicht genau bestimmbar ist. – Ja.
46:02 Ich überlege, ob es das geben könnte.
46:05 – Mitgefühl. – Nicht Mitgefühl, sondern –
46:07 Wenn Sie es "wortlos" nennen, müssen wir versuchen, das zu verdeutlichen. Jemand könnte sagen, "Ich verstehe. Ich denke nicht, spreche nicht, ich will nichts herausfinden." – Nein, nein, nein. – Wir müssen also genauer untersuchen, was das wirklich bedeuet.
46:28 Okay. Es bedeutet,
46:31 Denken ist Bewegung, Denken ist Zeit, richtig? Zeit und Denken gibt es nicht.
46:39 Vielleicht kein Gefühl vom Existieren eines inneren eigenständigen Gebildes, das man Gefühl nennen könnte. – Absolut, natürlich.
46:46 Dieses Gebilde ist höchstens die Ansammlung von Erinnerungen, von Vergangenem.
46:51 Es beruht nicht nur auf Gedanken, auch auf dem Gefühl, dass es existiert, man hat so ein Gefühl. – Das heißt, da existiert nicht wirklich etwas.
47:02 Ansonsten, verstehen Sie? Sie sind nicht der Geist, das Gehirn. Da ist nichts. Dieses Gefühl von einem inneren, dauerhaften Sein
47:14 – Auch wenn es nicht in Worten fassbar ist – Natürlich.
47:21 Ich frage mich, ob wir einer Illusion erliegen, dass so ein Zustand existiert.
47:28 Das könnte sein. Sie sagen, es gäbe dann keinen Willen, kein Begehren.
47:34 Natürlich, das ist alles verschwunden.
47:37 Woher wissen wir, dass dieser Zustand wirklich ist, echt? – Das ist meine Frage.
47:42 Wie weiß ich, erkenne ich, stelle ich fest, dass es so ist? In anderen Worten, man will einen Beweis dafür.
48:01 Nein, keinen Beweis. Ein Sprechen über diesen Zustand.
48:05 Einen Moment. Wie können Sie darüber sprechen, angenommen, Sie haben dieses eigenartige Mitgefühl, wie können Sie das einem beschreiben, der vor allem im Vergnügen lebt usw.? Es geht nicht!
48:22 – Nein, aber ich bin bereit, Ihnen zuzuhören. – Wie sehr bereit, wie tief?
48:32 – So tief, wie mich mein Zuhören führt. – Und das heißt was?
48:39 – Mehr kann ich nicht sagen. – Ganz einfach,.
48:42 Sie gehen so weit mit, wie es sicher ist,
48:48 nicht bedrohlich.
48:50 Nein, nicht notwendigerweise.
48:54 Der Mann sagt, es gibt dieses innere Wesen nicht.
49:03 Und man hat sich sein ganzes Leben lang daran orientiert, etwas zu werden, etwas zu sein usw. Und er sagt, in diesem Zustand gibt es kein Sein. Anders gesagt, es gibt kein Ich. Nun sagen Sie, "Zeigen Sie es mir". Es zeigt sich nur anhand gewisser Qualitäten, die es hat, anhand gewisser Handlungen. Was sind die Handlungen eines Geistes, der innerlich keine Art von Sein hat? Das ist eine gute Was sind seine Handlungen? Einen Moment, Handlungen auf welcher Ebene? Handlungen in der materiellen Welt?
50:20 – Zum Teil. – Hauptsächlich diese. Nur teilweise diese, nicht überwiegend.
50:26 Nein? Ich frage, stellen sie den unbedeutenderen Teil dar?
50:33 Okay, dieser Mann hat diesen inneren Sinn von Leere, er hat kein inneres Sein. Er handelt also nicht aus ichhaftem Interesse. Er handelt also in der normalen Welt. Das ist alles. Nur anhand dieser können Sie beurteilen, ob er ein Heuchler ist, ob er seinen Aussagen im nächsten Moment widerspricht, ob er das wirklich lebt, dieses Mitgefühl. – Nicht: ich fühle, – Aber wer nicht dasselbe Mitgefühl hat, versteht nicht.
51:16 Genau das meine ich!
51:19 – Ich kann Ihre Aussage nicht beurteilen. – Man kann nicht.
51:23 Wie können Sie also mir in Worten
51:29 diese eigenartige geistige Qualität vermitteln? Man kann es beschreiben, umschreiben, aber das Wesentliche ist nicht sagbar. David z. B. kann mit Einstein diskutieren, weil sie auf der gleichen Ebene sind. Und wir beide können bis zu einem gewissen Punkt diskutieren. Und wenn er dieses Gefühl des Nicht-seins, des Leer-seins hat, kann ich sehr nahe herankommen, aber ich kann unmöglich in diesen geistigen Zustand eintreten, wenn ich es noch nicht habe.
52:17 Gibt es jenseits der Worte eine Möglichkeit der Kommunikation, wenn jemand offen dafür ist?
52:23 Wir erwähnten schon das Mitgefühl. Aber nicht, wie David schon sagte, "Ich empfinde Mitgefühl", das ist etwas vollkommen anderes. Also, im alltäglichen Leben handelt so ein Geist ohne ein Ich, ohne das Ego. Er mag Fehler machen, aber er korrigiert sie sofort. – Er lebt nicht mit dem Fehler weiter. – Er steckt nicht fest.
53:22 Wir müssen hier gut aufpassen, dass wir das Falsche nicht einfach entschuldigen.
53:35 Wir sind also jetzt wieder an dem Punkt:
53:39 was ist dann Meditation? Solange jemand im Werden lebt, ein inneres Sein empfindet, hat sein Meditieren keine Bedeutung. Das ist eine gewaltige Aussage. Ohne das Werden, ohne das innere Sein, was ist dann Meditation? Es ist dann vollkommen unbewusst, oder? Bleiben Sie dran! Vollkommen uneingeladen.
54:27 Sie meinen, ohne eine bewusste Absicht.
54:31 Ja, ohne bewusste Absicht. Ja, ich glaube, das stimmt.
54:45 Würden Sie sagen, Sir, es klingt unsinnig, aber, das Universum, die kosmische Ordnung befindet sich in Meditation?
54:59 – Wenn es lebendig wäre, müsste man es so sehen. – Nein, es ist
55:04 in einem Zustand von Meditation. – Ja.
55:10 Ich glaube, das stimmt. Ich bleibe dabei.
55:17 Wir sollten genauer betrachten, was Meditation ist. Was geschieht da?
55:37 Wenn Sie sagen, das Universum ist im Zustand der Meditation, ist Ordnung der Ausdruck davon? Welche Ordnung können wir erkennen, die ein Hinweis wäre auf kosmische Meditation, Meditation des Universums? – Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ist Ordnung.
56:06 Sämtliche Sterne, die Planeten, das ganze Ding ist in perfekter Ordnung.
56:12 Wir müssten zeigen, was das mit Meditation zu tun hat.
56:17 Er hat das Wort "Ordnung" eingebracht.
56:20 Laut Wörterbuch bedeutet "meditieren" sinnieren, etwas von verschiedenen Seiten betrachten, genau betrachten. – Und auch zu messen.
56:31 Ja, das heißt es auch, aber im geistigen Sinne abwägen, ermessen.
56:37 – Abwägen, sinnieren usw. – Die Bedeutung einer Sache erwägen.
56:43 – Ist das, was Sie meinen? – Nein. – Warum benutzen Sie dann dieses Wort?
56:49 Soweit ich weiß, bedeutet "Kontemplation" im Englischen etwas anderes als "Meditation".
56:55 Kontemplation meint einen tieferen geistigen Zustand, während Meditation ist
57:01 – Kontemplieren. – So hat man mir gesagt.
57:04 Das ist schwer zu sagen. "Kontemplation" hat mit "Tempel" zu tun. "Einen weiten Raum schaffen", bedeutet es im wesentlichen. Einen weiten Raum schaffen, um etwas anschauen zu können. Dieser weite Raum zwischen Gott und mir, sodass …
57:23 So ist dieses Wort entstanden.
57:28 – Von "Tempel", Raum. – Das bedeutet "weiter Raum".
57:34 Das Sanskrit-Wort "dhyana" bedeutet nicht das gleiche wie "Meditation". – Dhyana, nein. – Weil bei Meditation das Messen mitschwingt
57:44 und wahrscheinlich ist dieses Messen irgendwie gleich "Ordnung".
57:49 Nein, lassen wir den Begriff "Ordnung" mal weg. Darüber haben wir ausführlich genug geredet.
57:57 – Warum benutzen Sie das Wort "Meditation"? – Lassen wir es weg.
58:01 Lassen Sie uns herausfinden, was genau Sie damit meinen.
58:23 Würden Sie sagen, Sir,
58:26 es ist ein Zustand von Unendlichkeit, ein Zustand ohne Maß?
58:42 Es gibt darin keine Teilung irgendwelcher Art. Wir haben viele Beschreibungen dafür, aber das trifft es alles nicht.
58:56 Ja, aber kann man irgendwie sagen, der Geist ist sich seiner selbst bewusst? Ist es das, was Sie versuchen zu sagen?
59:11 – Ein andermal sagten Sie, der Geist entleert sich seines Inhalts. – Ja.
59:22 Worauf wollen Sie hinaus?
59:23 Ich will sagen, dass es nicht nur Unendlichkeit ist, sondern es scheint, dass etwas weiteres noch von Bedeutung ist. – Viel mehr.
59:44 Bei diesem Leerwerden sagten wir, dass
59:46 dieser Inhalt die zur Unordnung gewordene Vergangenheit ist. Dann könnte man sagen, dass es im gewissen Sinne ständig die Vergangenheit aufräumt. Würden Sie dem zustimmen?
59:59 Ständig die Vergangenheit aufräumt? Nein.
1:00:03 Aber wenn Sie sagen, der Geist entleert sich seines Inhalts
1:00:08 Er hat sich bereits entleert.
1:00:11 Okay, wenn wir sagen, die Vergangenheit ist aufgeräumt, das nennen Sie dann "Meditation". – Das ist Meditation,
1:00:20 aber Kontemplation von was? – Das ist der Anfang.
1:00:25 – Ist es der Anfang? – Anfang von was? – Das Entleeren der Vergangenheit.
1:00:30 Das muss vorher erledigt sein.
1:00:33 Frei sein von Inhalt. Ärger, Eifersucht, Glaubenssätze, Dogmen, Anhaftung, all das ist der Inalt. Wenn auch nur eines davon noch existiert, führt das unweigerlich zu Illusionen. So, das haben wir festgestellt. Das Gehirn, der Geist müssen gänzlich frei von Illusionen sein. Illusionen, die entstehen durch Begehren, Hoffnung, dem Wunsch nach Sicherheit, all das.
1:01:18 – Wenn das erledigt ist, öffnet es die Tür zu etwas breiterem, tieferem. – Ja.
1:01:27 Ansonsten hat Leben keine Bedeutung, wenn nur alte Muster wiederholt werden. Ich möchte das gerne vertiefen. Es ist fünf Uhr.
1:01:40 Was meinten Sie damit, "das Universum ist in Meditation"?
1:01:44 Sie wollen etwas ausdrücken, mit dieser Aussage. – Ich habe das Gefühl, dass es so ist.
1:01:51 Meditation ist ein Zustand von "Nicht-Bewegungs-Bewegung"?
1:02:06 Könnten wir erstmal sagen, das Universum ist nicht wirklich festgelegt durch seine Vergangenheit. Das wäre der erste Punkt. – Es ist frei und schöpferisch tätig. – Es ist schöpferisch, in Bewegung.
1:02:22 Und dieser Bewegung liegt Ordnung zugrunde.
1:02:28 Würden Sie als Wissenschaftler so etwas akzeptieren?
1:02:32 Ja, das würde ich schon. Sind wir beide verrückt?
1:03:07 Das Universum lässt bestimmte Formen entstehen, die relativ beständig sind. Wenn man das nur oberflächlich anschaut, scheint es von seiner Vergangenheit bestimmt zu sein.
1:03:24 Sir, stellen wir die Frage anders: ist es wirklich möglich, dass die Zeit aufhört? Zeit als Vergangenheit, die ganze Vorstellung von Zeit. Kein Morgen haben? Natürlich gibt es ein Morgen. Man muss zu einem Termin, da gibt es das Morgen. Aber das Gefühl haben, die jetzt empfundene Wirklichkeit, kein Morgen zu haben. Ja, Sir, ich glaube, das ist die gesündeste Art zu leben. Das heißt nicht, verantwortungslos zu werden. Das wäre kindisch.
1:04:47 Da geht es nur um physikalische Zeit. Sie spielt eine Rolle in der natürlichen Ordnung, die wir weiterhin beachten, aber die Frage ist, ob wir das Gefühl haben, Vergangenheit und Zukunft zu erleben, oder ob wir frei davon sind.
1:05:06 Beruht das Universum, ich frage Sie als Wissenschaftler, auf der Zeit?
1:05:14 Ich würde sagen, nein, aber üblicherweise formuliert man
1:05:17 Das reicht mir, wenn Sie nein sagen. Und kann das Gehirn, das sich in der Zeit entwickelt hat,
1:05:29 Hat es sich in der Zeit entwickelt? Man sagt das, aber es ist eher verwoben mit der Zeit. Irgendwie damit verknüpft. Sie sagen ja, das Universum beruht nicht auf Zeit, das Gehirn ist aber Teil des Universums. – Es kann nicht nur auf Zeit beruhen. – Nein.
1:05:50 Mit Gehirn meine ich das Denken.
1:05:53 – Das Denken hat zur Verwicklung mit der Zeit geführt. – Das stimmt.
1:05:59 Kann diese Verwicklung rückgängig gemacht werden, aufgelöst, so dass das Universum der Geist ist? Wenn das Universum nicht Zeit ist, kann dann der mit der Zeit verwobene Geist dies auflösen und so das Universum sein? – Und das ist Ordnung! – Ja. Würden Sie sagen,
1:06:36 das ist Meditation? – Das ist es.
1:06:40 Das würde ich Meditation nennen. Nicht im Sinne des Wörterbuchs ein Abwägen usw. Das ist ein Zustand von Meditation ohne irgendeinen Rest von Vergangenheit.
1:06:59 Sie sagen, der Geist befreit sich von der Verwicklung mit Zeit und befreit auch das Gehirn von dieser Verwicklung.
1:07:09 – Würden Sie dem zustimmen? – Es erscheint mir vorstellbar.
1:07:13 – Als Theorie? – Ja, als Hypothese.
1:07:16 – Nicht nur Hypothese! – Was meinen Sie mit Theorie?
1:07:19 Theorie heißt, jemand kommt daher und
1:07:24 sagt, "Das ist wirkliches Meditieren." Oder: jemand sagt, man kann auf diese Art leben. Das Leben ist dann voller Sinn, voller Mitgefühl usw. und jede Handlung im Äußeren kann sofort korrigiert werden usw. Würden Sie als Wissenschaftler das akzeptieren oder sagen, es ist Spinnerei? – Nein, das würde ich nicht sagen.
1:07:55 Ich halte das für möglich. – Es ist durchaus im Einklang mit allem, was ich über die Natur weiß. – Das ist gut.
1:08:07 Ich bin also kein geistesgestörter Spinner!
1:08:12 Nein. Ein Aspekt der Verwicklung ist, dass die Wissenschaftler der Zeit eine grundlegende Rolle zugeordnet haben, was die Verwicklung noch verstärkt.
1:08:50 – Vielleicht sollten wir aufhören und morgen weitermachen? – Wann schlagen Sie vor?
1:08:55 Kommender Sonntag.
1:08:57 – Da bin ich in den USA. – Oh, wann fliegen Sie? – Am Donnerstag.
1:09:02 Dann können wir nicht weitermachen.
1:09:05 – Höchstens über´s Fernsehen. – Ja, ganz einfach.
1:09:10 Vielleicht im Herbst im September? – Ja, halten wir September fest.
1:09:17 Sprechen darüber ist natürlich nicht die Sache selbst.
1:09:21 Das ist klar, aber kann man es jemand anders vermitteln?
1:09:29 Ja, ich denke, es geht beim Sprechen hauptsächlich darum, etwas zu bewirken. – Natürlich.
1:09:41 Können einige von uns da hinkommen? Sodass wir tatsächllich darüber sprechen können?
1:09:59 Wir hören jetzt besser auf.