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OJBR80CB13 - Das Enden psychischen Wissens
13. Gespräch mit David Bohm
Brockwood Park, UK
18. September 1980



0:32 Krishnamurti: Wollen wir da anknüpfen, wo wir gestern aufgehört haben?
0:47 Was quält unseren Geist? Er folgt ständig einem bestimmten Muster, ist immer auf der Suche. Er legt ein Muster ab und beginnt mit einem neuen, sein Funktionieren ist die ganze Zeit davon geprägt. Warum? Man kann das erklären. Man erkennt die Gründe: zum Schutz, zur Sicherheit, aus Nachlässigkeit, aus Gleichgültigkeit und aus einer gewissen Gefühllosigkeit heraus, einem totalen Desinteresse am eigenen Blühen und so weiter. Aber
1:45 ich halte es für sehr wichtig herauszufinden, warum unser Geist sich immer in eine bestimmte Richtung hin bewegt.
1:57 Wir waren an einem Punkt angekommen, es so zu formulieren, dass man schließlich, nach vielen Mühen, Untersuchungen und Einsichten, ankommt an einer leeren Wand. Und diese leere Wand kann nur allmählich zerfallen oder niedergerissen werden, wenn Liebe und Intelligenz herrschen. Da waren wir gestern. Aber bevor wir uns damit beschäftigen, möchte ich fragen, warum die Menschen, egal wie intelligent oder gebildet, egal wie philosophisch orientiert oder religiös sie sind, immer verfallen sie in den gleichen Trott.
2:59 D. Bohm: Ich glaube, das ist eine notwendige Folge des Anhäufens von Wissen.
3:06 Wollen Sie also sagen, dass Wissen unweigerlich zu diesem Trott führt?
3:15 Vielleicht nicht unweigerlich, aber so hat es sich entwickelt in der Menschheit. – Ich rede dabei vom psychischen Wissen. – Nur davon sprechen wir ja.
3:28 Ich würde auch sagen, psychisches Wissen führt in einen Trott.
3:33 Aber warum sieht der Geist das nicht, sieht nicht die Gefahr,
3:39 das rein mechanische Wiederholen, dass da nichts Neues geschieht, und macht einfach weiter so?
3:48 Wir sprachen über die Ansammlung von Wissen, die für diesen Trott verantwortlich ist.
3:55 Verantwortlich für den Trott, ja. Aber warum?
4:01 Das ist die gleiche Frage. Die Wissensansammlung, die den Trott erzeugt, erklärt nicht, warum jemand dabei bleibt.
4:10 Darum geht es mir.
4:11 Mir scheint, wir sehen den Trott oder das angesammelte Wissen als bedeutsamer an, als sie in Wirklichkeit sind. Wir sehen sie als notwendig an. Wenn wir etwas wissen, z. B. über ein Mikrofon, hat das nur begrenzte Bedeutung. Wissen über die eigene Nation jedoch scheint für uns enorm bedeutsam zu sein. Ja. Also,
4:49 ist diese Bedeutsamkeit die Ursache für die Einengung des Geistes?
4:56 Es fesselt ihn. Dieses Wissen wird als Wert über alles andere gestellt. – Es fesselt den Geist, als sei es das wichtigste in der Welt. – Wissen Sie,
5:08 in einigen der Philosophien, einigen der Vorstellungen usw. in Indien gibt es diese Philosophie, dass Wissen enden muss. Sie wissen das natürlich, der Vedanta. But offensichtlich hören nur sehr, sehr wenige Menschen mit Wissen auf und sprechen aus Freiheit heraus.
5:36 Nochmal zu dem Punkt, dass einerseits Wissen normalerweise als extrem wichtig angesehen wird, wert, daran festzuhalten, auch wenn jemand sagt, es müsse enden. – Also Wissen über das Selbst. – Sie meinen, ich bin so dumm,
5:56 dass ich nicht sehe, dass dieses Wissen eigentlich nur eine sehr geringe Bedeutung hat, psychisches Wissen, und ich halte als weiter daran fest?
6:07 Ich würde jemand nicht als dumm bezeichnen, sondern sagen, dass dieses Wissen das Gehirn benommen macht. Ich glaube, ein Gehirn, das in diesem Wissen gefangen ist, verdummt dadurch.
6:21 Aber es befreit sich nicht daraus.
6:25 Es sieht nicht, was es tut, weil es so benommen ist.
6:29 Was kann es also tun? Ich beobachte das schon viele Jahre, warum Menschen glauben oder versuchen, frei zu werden von gewissen Dingen, doch genau das ist das Grundübel. Verstehen Sie? Dieses Ansammeln, im Psychischen, woraus psychisches Wissen wird, führt zur Getrenntheit und zu allen möglichen anderen Dingen. Und trotzdem weigert sich der Geist, es loszulassen. Sieht der Geist es nicht? – Oder hat er dem Wissen einfach eine ungeheure Wichtigkeit gegeben? – Das meine ich.
7:22 Warum? Weil darin Sicherheit liegt?
7:26 Man fühlt sich geschützt?
7:31 Das ist wohl ein Grund, dass es Sicherheit zu bieten scheint. Aber irgendwie ist Wissen an die Stelle des Absoluten getreten. Korrekterweise sollte Wissen als relativ angesehen werden. Aber dieses geistige Wissen, das psychische Wissen über das Selbst oder das verwandte religiöse Wissen … – Ich verstehe das, Sir,
7:57 aber sie beantworten nicht meine Frage. Ich bin ein gewöhnlicher Mensch. Ich erkenne das, sehe die Bedeutung und den Wert von Wissen auf den verschiedenen Ebenen. Aber in der Tiefe, im Inneren ist dieses Wissen äußerst zerstörerisch.
8:19 Schon, aber es liegt da eine Selbsttäuschung vor. Das Wissen macht dem Geist etwas vor, sodass ein Mensch nicht erkennt, dass es zerstörerisch ist.
8:31 Hängen die Menschen deshalb so fest daran?
8:35 Sie können einfach nicht … Wir wissen nicht, wie es anfing, aber wenn es anfängt, ist der Geist normalerweise unfähig, das zu sehen, weil er diese Frage vermeidet. Es gibt einen starken Verteidigungsmechanismus, um dem Anschauen dieser ganzen Frage zu entkommen.
8:59 – Warum? – Weil es so aussieht, als stünde etwas äußerst Wertvolles auf dem Spiel.
9:05 Man ist sehr intelligent in anderen Sachen, fähig und effektiv, geschickt, aber hier, wo die Ursache des Übels liegt, warum können wir das nicht durchschauen? Was hindert den Geist daran? Sie sagen, er hat dem Wissen einen hohen Stellenwert gegeben. Dem stimme ich zu, aber er hält sich daran fest.
9:37 Sie wissen das sicher! Nachdem das geschehen ist, wird das Wirken von Intelligenz wohl mechanisch verhindert.
9:49 Was kann ich also tun? Was kann ich als gewöhnlicher Mensch tun? Ich schätze das technische Wissen usw., aber das innerlich angesammelte Wissen, das trennend wirkt, zerstörerisch, das ist so belanglos. Und trotzdem halte ich daran fest. Ich sehe ein, dass ich es loslassen muss, aber ich kann nicht. Was soll ich tun? Ich glaube, jeder durchschnittliche Mensch hat dieses Problem. Es taucht auf, wenn man anfängt, diese Sache etwas ernsthafter zu betrachten. Ist es Mangel an Energie? Nicht hauptsächlich. Die Energie wird durch den Prozess verschleudert.
10:55 Wenn ich einen Großteil meiner Energie verloren habe, habe ich keine mehr,
11:02 hiermit umzugehen. – Sie wäre schnell wieder da, wenn wir da rauskämen. Energie wird dauernd vergeudet, jemand ist erschöpft, aber er würde sich erholen, wenn das aufhörte. Das ist nicht der Hauptpunkt.
11:16 Das ist nicht der Hauptpunkt. Was kann ich als Mensch tun, wenn ich einsehe, dass dieses Wissen natürlicherweise, unvermeidlich zu einem Trott führt, dem ich dann folge? Meine nächste Frage ist: Wie komme ich aus diesem Trott raus?
11:40 Das ist Menschen nicht so klar im allgemeinen, dass dieses Wissen dazu führt, und außerdem, dass das Wissen Wissen ist. Es könnte als ein Wesen aufgefasst werden, als das Selbst, das Ich. Das Wissen wird erfahren als etwas Existierendes. Dieses Wissen erschafft das Ich. Das Ich wird erfahren als etwas Existierendes, nicht als Wissen, sondern als Wesen.
12:10 Wollen Sie sagen, dieses Wesen ist verschieden vom Wissen?
12:15 – Es scheint so, es tut so. – Aber ist es das?
12:20 – Nein, aber es hat eine sehr ausgeprägte Kraft. – Aber das ist einfach meine Konditionierung!
12:26 – Ja, aber wie lösen wir die Konditionierung auf? – Darum geht es.
12:31 Weil sie einen eigenen Seinszustand erschafft mit dem Anspruch, realistisch zu sein.
12:39 Sehen Sie,
12:42 es gibt mehrere hundert
12:45 Millionen Katholiken,
12:49 viele Millionen Chinesen. Verstehen Sie? Das ist deren wesentliche innere Bewegung. Es sieht total hoffnungslos aus! Ich sehe die Aussichtslosigkeit und sage, ich kann nichts machen. Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, taucht die Frage auf: Ist es möglich, ganz ohne psychisches Wissen in dieser Welt zu funktionieren? Das ist mir sehr wichtig, weil ich glaube, wo man auch hingeht, ob Kalifornien, Indien, hier oder irgendwo, das ist die zentrale Angelegenheit, die gelöst werden muss. – Das stimmt.
14:08 Aber Sie können darüber sprechen oder das jemandem erzählen und er sagt vielleicht, dass es vernünftig klingt. Aber wenn sein Status gefährdet ist, und wir sagen, das liegt am psychischen Wissen, dann sieht er es nicht nur als Wissen, sondern als mehr als das. Er sieht nicht, dass sein Wissen über seinen Status das Problem ist. Wissen erscheint ihm erstmal als etwas Passives, etwas, das man benutzt, wenn man will, und das man ansonsten beiseite lassen kann. So sollte es ja eigentlich sein.
14:49 – Aber wenn es drauf ankommt, … – Zurück beim Alten.
14:53 sieht das Wissen nicht mehr wie Wissen aus. – Angenommen, Sie würden mit einem Politiker reden … – Oh!
15:15 Ich glaube, jemand wollte mal, dass Sie mit Mao Tse Tung reden. – Sie würden wahrscheinlich nichts erreichen. – Gar nichts!
15:26 Die Politiker und die Leute in Machtpositionen werden nicht mal zuhören, so wie die religiösen Leute nicht zuhören wollen, sogenannte religiöse Leute. Es sind höchstens die Menschen, die unzufrieden sind, die frustriert sind, die den Eindruck haben, alles verloren zu haben. Vielleicht hören sie zu. Aber sie werden nicht so zuhören, als sei es eine richtig brennende Sache.
16:01 Wie geht man am besten vor? Nehmen wir an, ich habe mich verabschiedet von den Religionen, diesem Unsinn. Und ich habe einen Beruf, ich weiß, dafür brauche ich Wissen. Aber als ein in dieser Welt lebender Mensch sehe ich, wie wichtig es ist, nicht in diesem psychischen Wissen gefangen zu sein. Und dennoch kann ich es nicht loslassen! Es versteckt sich immer vor mir. Ich spiele höchstens damit. Es ist eine Art Versteckspielen. Okay. Dann sprachen wir von einer Wand, die ich niederreißen muss. Wir nähern uns dem jetzt anders. Das ist die Wand, nicht "ich reiße sie nieder", sie muss niedergerissen werden. Und wir sagten, sie kann niedergerissen werden durch Liebe und Intelligenz. Reden wir da nicht von etwas enorm Schwierigem?
17:25 Es ist schwierig.
17:28 Ich befinde mich auf dieser Seite der Wand, und Sie verlangen von mir, diese Liebe und Intelligenz zu haben, die die Wand zerstören wird. Aber ich weiß nichts über Liebe und Intelligenz, weil ich auf dieser Seite der Wand gefangen bin. Und ich erkenne mit meinem Verstand, was Sie sagen. Als einfacher Mensch sehe ich, dass es zutreffend ist, wahr, logisch und sehe auch die Wichtigkeit ein, aber die Wand ist so stark, dominierend und mächtig, dass ich nicht darüber hinaus komme. Und wir sagten auch, dass diese Wand niedergerissen werden kann durch Einsicht. Wir haben das erläutert. Diese Einsicht wird zu einer Vorstellung. – Ja.
18:39 Sie ist nicht wirklich erreicht. Ich sage zwar, "Ich verstehe es, ich sehe es", aber
18:46 wenn Sie die Einsicht beschreiben, ob es möglich ist, wie man sie erreicht usw., mache ich daraus sofort etwas Abstraktes. Ich gehe also weg von der Tatsache, und das Abstrakte wird zum Wichtigen. Und das heißt Wissen.
19:06 – Sie verstehen? – Die Aktivität des Wissens.
19:08 – Wieder beim Alten! – Das wesentliche Problem ist, Wissen ist nicht einfach nur vorhanden
19:15 als Information, sondern es ist hochaktiv, ist am Erleben jedes Moments beteiligt, es formt jeden Moment unter Zugrundelegung der Vergangenheit. Selbst wenn man diesen Punkt anspricht, beteiligt sich das Wissen dabei. – Es wartet ständig. – Wartet, um mitzumachen.
19:33 Die grundsätzlich vorherrschende Sichtweise ist, Wissen ist vorhanden, aber nicht aktiv.
19:38 – Hochaktiv! – Ja, aber die Menschen haben eine andere Vorstellung davon.
19:42 Sie glauben, es sei einfach da. Stattdessen wartet es darauf, sich zu beteiligen.
19:49 Und wenn man versucht, daran etwas zu ändern, beteiligt sich das Wissen auch daran. – Wenn man erkannt hat, dass das ein Problem ist, hat das Wissen sich schon eingemischt. – Ja.
20:03 Erkenne ich, dass das ein Problem ist, oder ist es eine Vorstellung, der ich folge? Sehen Sie den Unterschied?
20:15 Wissen macht automatisch aus allem ein Vorhaben, das umgesetzt werden muss. Es ist so gebaut.
20:22 – Ich habe so gelebt! – Wissen kennt gar nichts anderes.
20:27 Wie komme ich da raus, wenn auch nur für eine …
20:38 Vielleicht, wenn man es mal sehen könnte,
20:42 es bewusst wahrnehmen, wenn Wissen sich seines Wirkens bewusst sein könnte. Wissen scheint jedoch unbewusst zu wirken. Es wartet einfach und wirkt dann. Und sobald es eingegriffen hat, hat es bereits die Ordnung im Gehirn gestört.
21:08 Diese Sache ist mir sehr wichtig, weil ich das überall erlebe, wo ich hinkomme. Und es ist zu einem Problem geworden. Nicht für mich, aber es ist etwas, das gelöst werden muss. Würden Sie sagen, dass die Fähigkeit zuzuhören viel wichtiger ist als diese Dinge, irgendwelche Erklärungen, Logik? Zuhören können.
22:03 – Das ist dasselbe Problem. – Nein, ich versuche …
22:07 Ich will herausfinden, ob es die Möglichkeit gibt, dass wenn ich zuhöre, dem, was Sie sagen, so vollständig zuhöre, die Wand in sich zusammenfällt. Verstehen Sie? Ich versuche es herauszufinden, Sir. Ich bin ein gewöhnlicher Mensch. und Sie erzählen mir all das. Und ich erkenne, dass das stimmt, was Sie sagen. Und es ist mir wichtig, ich beschäftige mich wirklich intensiv mit dem, was Sie sagen. Und irgendwie springt die Flamme nicht über. Es ist genug Brennstoff da, aber es kommt nicht zu einem Feuer. Was soll ich als gewöhnlicher Mensch tun? Das ist mein nicht endender Aufschrei.
23:24 Wenn es um die Fähigkeit des Zuhörens geht, dann geht es darum, dass der gewöhnliche Mensch voller Meinungen ist, also nicht zuhören kann. – Wer mit seinen Meinungen zuhört, kann genauso gut tot sein!
23:38 Das ist vollkommen sinnlos!
23:41 Ich glaube, Wissen hat viele Arten von Verteidigungsmechanismen. Wenn man vorhat, die Möglichkeit zu schaffen, dass der gewöhnliche Mensch diese Wahrnehmung hat, das wollen Sie doch? – Jedenfalls die, die interessiert sind. – Ja.
24:02 Wissen hat viele Verteidigungsmechanismen. Es wehrt sich dagegen, das wahrzunehmen. Es hat sich so entwickelt, ist so konstruiert, dass es das nicht sieht. Es hat außerdem noch Meinungen, die auch unmittelbar wirken.
24:21 Ich verstehe das, Sir. Aber ich will etwas finden. Keine Droge, keine Medizin, keine Methode, sondern es muss eine Kommunikation zwischen Ihnen und mir, dem gewöhnlichen Menschen geben, eine Kommunikation, die so stark ist, dass mein Zuhören und Ihr Kommunizieren mit mir eine Wirkung hat. Sie verstehen? – Ja,
25:03 man muss da eindringen, durch die Meinung hindurch, durch die ganze Struktur. – Natürlich.
25:09 Deshalb bin ich hierhergekommen. Ein gewöhnlicher Mensch, deshalb bin ich her. Ich habe die Kirchen usw. verlassen. Ich habe sie weggeworfen, ich habe damit Schluss gemacht. Ich bin also hergekommen und erkenne, was hier gesagt wird, ist wahr. Ich brenne danach, es herauszufinden. Wenn Sie mit mir kommunizieren, das ist so stark, so wirklich! Sie sprechen nicht aus dem Wissen heraus, vertreten keine Meinung. Sie sind wirklich ein freier Mensch, der versucht, mit mir zu kommunizieren. – Richtig. Und kann ich mit der gleichen Intensität zuhören, mit der Sie mit mir kommunizieren?
26:13 Wir müssen die Frage stellen, ob, der gewöhnliche Mensch voll davon ist.
26:19 Ah, nein. Das ist er nicht. Er geht lieber einen trinken. Nein, ich als gewöhnlicher Mensch habe all das hinter mir und bin hierher gekommen. Das andere ist vorbei. Ich habe auch eingesehen, dass ich mit Meinungen wachse, mich ausdehne, Meinungen ansammle, die teilweise Vorurteile sind usw. Ich sehe das alles. Und ich möchte jemandem zuhören, der die Wahrheit sagt. Und während er spricht, findet in mir etwas statt. Und weil ich so leidenschaftlich zuhöre, geschieht es. Hat das einen Sinn, was ich sage?
27:24 Immerhin sind Sie ein bedeutender Wissenschaftler und ich bin Ihr Schüler. Sie wollen mir etwas sagen. Sie sprechen von etwas, das offensichtlich außerordentlich wichtig ist, weil sie dem Ihr Leben gewidmet haben. Und als Schüler habe ich vieles aufgegeben, nur um hierher zu kommen. Ist es Ihre Schuld, der Sie mit mir kommunizieren, dass ich es nicht sofort verstehe? Verstehen Sie? Oder liegt es daran, dass ich nicht fähig bin, Ihnen wirklich zuzuhören?
28:17 Angenommen, ich bin unfähig zuzuhören, was kann man dann tun?
28:27 Dann kann man nichts machen. Sehen Sie, das ist das Problem. Wenn ich nicht zuhören kann, weil ich voller Vorteile bin und Meinungen, Urteile, Abwehr, alles, was sich so aufgebaut hat, werde ich Ihnen einfach nicht zuhören.
28:48 Sagen wir, hier kommt jemand, der manche seiner Abwehrmechanismen überwunden hat, aber der nicht alle Mechanismen durchschaut hat. Es ist nicht alles so einfach.
29:01 Ich glaube, es ist einfach. Ich glaube, es ist erschreckend einfach, irgendwie. Ich glaube, wenn ich zuhören könnte mit meinem ganzen Sein, meiner ganzen Aufmerksamkeit, würde es stattfinden. So einfach ist es, glaube ich. Sehen Sie, Sir, Sie sagen mir etwas und ich nehme es auf. Also gibt es eine Zeitspanne zwischen Ihrem Sprechen und meinem Aufnehmen. – Ist das klar? – Ja.
30:00 Und in dieser Zeitspanne liegt die Gefahr. Wenn ich es nicht aufnehme, sondern total zuhöre mit meinem ganzen Sein, ist es erledigt. Liegt es daran, dass darin nicht die Spur eines Vergnügens zu finden ist? Verstehen Sie? Sie bieten mir keinerlei Vergnügen an, nichts, was mir Befriedigung verspricht. Sie sagen, "Es ist so. Nimm es!" Aber mein Geist ist so auf Vergnügen eingestellt. Das Zuhören muss Vergnügen bereiten. – Verstehen Sie? – Ja.
31:02 Ich höre nicht zu, wenn mir etwas nicht totale Befriedigung verspricht. Ich bin mir auch der Gefahr dessen bewusst.
31:15 – Gefahr? – Des Suchens nach Befriedigung, Vergnügen. Also sage ich, "Okay,
31:21 ich lasse das. Ich sehe, was ich tue." Also höre ich auch damit auf: kein Vergnügen, keine Belohnung, keine Bestrafung beim Zuhören, sondern nur reines Beobachten.
31:37 Wir sind wieder da angelangt: Ist reines Beobachten, also wirkliches Zuhören, ist dieses reine Beobachten Liebe? Ich glaube, dass es das ist. – Wiederum … – Wiederum was?
32:04 Sie haben es beschrieben, und mein Geist sagt, ich als gewöhnlicher Mensch, bin hergekommen, mein Geist sagt sofort, "Geben Sie es mir! Sagen Sie mir was ich tun soll!" Wenn ich Sie frage, was ich tun soll, bin ich wieder im Bereich des Wissens. Das passiert sofort. Also weigere ich mich, zu fragen, was ich tun soll. Wo stehe ich dann? Sie haben mir gesagt, Wahrnehmung ohne irgendeine Absicht, Richtung, reine Wahrnehmung ist Liebe. Und diese Wahrnehmung, Liebe, ist Intelligenz. Es sind nicht drei verschiedene Dinge, sie sind ein und dasselbe. Ich habe dafür ein Gefühl. Sie haben mich sehr sorgfältig dahin geführt. Nicht "geführt", es mir sorgfältig aufgezeigt, Schritt für Schritt. Und ich bin da angelangt, ich habe ein Gefühl dafür. Ich bin empfänglich genug, weil ich dem zugehört habe. Ich bin an dem Punkt, wo ich das Gefühl habe, "Mein Gott, das stimmt!" Aber es geht so schnell wieder weg. Dann fange ich an: "Wie komme ich da wieder hin?" Die Erinnerung ist da, und das ist Wissen, und sie verhindert es.
34:10 Sie sagen also, dass jedesmal, wenn Kommunikation stattfindet, fängt das Wissen zu arbeiten an, und zwar auf viele verschiedene Weisen.
34:22 Sehen Sie, es ist enorm schwierig, frei zu sein von Wissen.
34:31 Ja. Man könnte fragen, warum das Wissen nicht wartet, bis es gebraucht wird.
34:39 Ah, dazu braucht es, Das heißt, im Psychischen frei sein von Wissen, und stattdessen wenn eine entsprechende Situation auftaucht, handelt man aus dem Freisein,
35:00 nicht aus dem Wissen heraus. – Das Wissen stellt lediglich Information zur Verfügung. Es dient dem Handeln als Orientierung, es steuert es nicht.
35:10 Das ist, um es in ganz knappen Worten zu sagen, Freiheit vom Wissen. Und wer frei ist, kommuniziert von dieser Freiheit aus, nicht aus dem Wissen. – Ja.
35:30 Das heißt, aus der Leere gibt es Kommunikation. Man gebraucht immer noch Worte, Sprache, die aus Wissen heraus entstanden ist, aber es geschieht aus diesem Zustand vollkommener Freiheit.
35:52 Ja. Und jetzt findet Kommunikation statt, und zwar über die Bedeutungslosigkeit von Wissen, von psychischem Wissen. Das ist die Kommunikation. – Ja.
36:13 Nun Sir, kann ich mit Ihnen kommunizieren aus Freiheit heraus? Angenommen, ich bin als Mensch zu diesem Punkt gekommen, wo in mir vollständige Freiheit von Wissen herrscht, und aus dieser Freiheit heraus findet eine Kommunikation mithilfe von Worten statt. Nun, werden Sie, ein Wissenschaftler, eine große wissenschaftliche Berühmtheit usw., ich will nicht … Ich bin einfach höflich, werden Sie mit mir kommunizieren? Kann ich mit Ihnen kommunizieren ohne eine Barriere zwischen uns? Verstehen Sie, Sir? Sie verstehen, ich versuche nicht … Kann ich mit einem anderen kommunizieren? Oder anders gesagt, da ist ein Mensch, der vollkommen frei ist von Wissen. Er benutzt Wissen, aber nur als Mittel zur Kommunikation. Kann ich in einem solchen Geisteszustand sein, dass ich diese Kommunikation empfange?
37:48 Ja nun., wenn Wissen lediglich angesehen wird als Information. Wissen scheint uns aber mehr zu sein als Information. Wissen selbst ist offensichtlich nicht frei. Und das sieht man normalerweise nicht.
38:07 – Wissen ist nie frei. – Aber es scheint so, als könne man frei damit umgehen. – Natürlich.
38:13 Aber es ist nicht frei.
38:17 Jede Wissensaktivität kommt aus der Unfreiheit.
38:20 Natürlich. Um mich zu verstehen, muss ich frei schauen können.
38:25 Und Wissen erschwert das Schauen. Wissen verhindert das Schauen.
38:29 Das ist so offenkundig!
38:31 Ab einer gewissen Stufe sieht man das wohl, aber im allgemeinen sehen Menschen das nicht. Sie sehen darüber einfach hinweg.
38:44 Wenn ich voller Meinungen, Verurteilungen und Beurteilungen bin, um mich anschauen zu können, muss ich frei davon sein. Das ist ganz klar!
38:57 Ja, man sieht aber wohl nur manche Arten von Wissen als gefährlich an, wie Vorurteile, und man glaubt, andere sind nicht gefährlich. – Nein, das ganze Zeug.
39:09 Es ist alles eine Struktur.
39:11 Es ist unmöglich, an einer Stelle Vorurteile zu haben und woanders nicht.
39:24 Wie können Sie mit mir kommunizieren, der an einem gewissen Punkt angelangt ist, der es wirklich wissen will, hofft,, danach brennt, zu empfangen, was Sie sagen? So vollständig, dass es damit erledigt ist? Bin ich, der hierher gekommen ist, wirklich in diesem Zustand? Oder mache ich mir etwas vor?
40:06 – Das ist die andere Sache, Wissen macht sich ständig etwas vor. – Natürlich.
40:12 Ich würde nicht sagen, dass ich mir etwas vormache,
40:16 sondern die Tendenz wohnt dem Wissen inne, sich etwas vorzumachen.
40:26 Sir, heißt das, mein Geist betrügt sich selbst dauernd? – Diese Tendenz ist immer da,
40:34 wenn Wissen sich ins Psychische einmischt.
40:37 Was kann ich also tun? Zurück zur alten verdammten Frage.
40:41 Was die Frage der Selbsttäuschung angeht, da geht es wieder um das gleiche: zuhören.
41:01 Warum hören wir nicht zu? Warum verstehen wir diese Sache nicht unmittelbar, sofort? Warum? Man kann das erklären, aber es hilft nichts. Woran liegt es? Alter, Konditioniertheit, Trägheit. Zehn verschiedene Gründe, die alle zutreffen. – Das ist oberflächlich. – Sinnlos.
41:40 Wäre es nicht möglich, die tiefere Ursache zu benennen?
41:44 Wissen! Da sind wir wieder bei der selben Sache.
41:51 – Ist es so, dass das Wissen, was das Ich ist … – Ja, das ist der Punkt.
41:58 das Wissen, was das Ich ist,
42:01 so ungeheuer stark ist? Unsere Vorstellung davon, nicht tatsächlich.
42:07 Ja, ich verstehe. Es ist nur unsere Vorstellung davon. Das ist es, was ich sagen wollte, diese Vorstellung hat eine ungeheure Wichtigkeit und Bedeutung. Wenn jemand die Vorstellung eines Gottes hat, gewinnt das eine ungeheure Macht.
42:27 Genauso, wenn ich mich einer Nation zuordne, das gibt mir Energie. – Und es
42:34 führt zu einem körperlichen Zustand, der das wesentliche Sein des Selbst zu sein scheint. Der Mensch erlebt das nicht lediglich als Wissen, sondern erstmal fühlt er etwas sehr Mächtiges, das ihm nicht wie Wissen vorkommt. – Ja.
42:53 Drehen wir uns im Kreis? Es sieht so aus.
43:00 Ich frage mich, ob es etwas gibt, das kommuniziert werden könnte zu diesem überwältigenden Machtgefühl, das mit Wissen und dem Selbst einherzugehen scheint.
43:15 Mit Identifikation. Das könnte man sich mal anschauen.
43:21 Ich habe es vergessen, was ist nochmal die eigentliche Bedeutung von "Identifikation"?
43:26 – Nun, "immer das gleiche". – Es ist immer das gleiche, ja.
43:30 Das ist es, sehen Sie?
43:36 Es ist immer das gleiche. Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
43:45 Es bedeutet, das Selbst ist immer das gleiche. Es versucht, immer gleich zu bleiben im wesentlichen, vielleicht nicht in Einzelheiten.
43:57 Das ist wohl, was beim Wissen schief läuft.
44:01 Wissen versucht, in sich unverändert zu bleiben, um Bestand zu haben. Natürlich, es ist immer dasselbe.
44:09 Wissen will das finden, was beständig ist, was perfekt ist und immer gleich.
44:15 Sogar unabhängig vom einzelnen Menschen. Es ist gewissermaßen eingebaut in die Funktionsweise der Zellen.
44:28 Von da ergibt sich die Frage: Ist es möglich, sich einer Sache zuzuwenden? Ich nehme mal das Wort "sorgfältig". Ist es möglich, sich einer Sache sorgfältig zuzuwenden? "Sorgfalt" im Sinne von genau sein, gründlich sein. – Es ist auch mit einem Bemühen verbunden.
45:02 Man macht sich die Mühe,
45:05 und nimmt das Ganze. Sir, es muss einen anderen Weg geben, ohne dieses ganze intellektuelle Zeug! Wir haben unsere intellektuellen Fähigkeiten benutzt und diese intellektuellen Fähigkeiten haben zu der leeren Wand geführt. Ich nähere mich aus verschiedenen Richtungen, letztendlich ist da die Wand. Sie ist das Ich. Mit meinem Wissen, meinen Vorurteilen und all dem anderen. Ich. Und das Ich will das dann ändern, aber das ist immer noch das "Ich".
46:03 Es will das selbe bleiben und gleichzeitig anders sein.
46:07 Ja, anders. Sich andere Kleidung zulegen. Es ist immer das selbe. Also, der Geist, dem das Ich zugrunde liegt, ist immer der selbe Geist. Lieber Gott! Wieder beim alten!
46:33 Dieses "immer das selbe" gibt einem viel Kraft. Ist es möglich, das gehen zu lassen, dieses "immer das selbe"?
46:49 Sehen Sie, wir haben alles versucht: Fasten, alle möglichen Techniken, um von diesem Ich loszukommen mit seinem Wissen, seinen Illusionen usw. Man versucht, sich mit etwas anderem zu identifizieren; das ist immer noch dasselbe. Ein ernsthafter Mensch hat also all das probiert und landet wieder bei der grundlegenden Frage: Was bringt diese Wand vollständig zum Verschwinden? Ich glaube, Sir, es ist nur möglich, wenn dem, was Sie sagen, meine vollständige Aufmerksamkeit widmen kann. Es gibt kein anderes Mittel, um diese Wand niederzureißen. Weder der Verstand noch Emotionen, nichts von diesen Sachen. Wenn jemand, der sich jenseits der Wand befindet, dadurch gegangen ist, sie niedergerissen hat, sagt, "Um Gottes Willen, hör zu!" Wenn ich Ihnen zuhöre, ist mein Geist leer. Damit ist es erledigt! Verstehen Sie, was ich sage?
48:50 Im allgemeinen wird man denken, okay, es ist erledigt, aber etwas wird passieren und es wird zurückkommen.
49:01 Mir fehlt jedes Gefühl für die Hoffnung darauf, zurückzukommen oder es in Zukunft noch zu haben. Es ist leer und deshalb lauschend. Es ist erledigt.
49:49 Wir sollten aufhören. Wir sind an einem Punkt angelangt. Es ist egal. Fünf Minuten sind genug. Sir, ich möchte es mal von einer anderen Seite angehen. Sie sind ein Wissenschaftler. Um etwas Neues zu entdecken, müssen Sie in sich eine gewisse Leere haben, aus der heraus Sie eine andere Wahrnehmung haben.
50:49 Der Unterschied ist der, dass die Fragestellung üblicherweise begrenzt ist. – Und bezüglich dieser Frage mag der Geist leer sein. – Eine spezielle Frage, ja.
51:02 Und erlaubt Entdeckungen und Einsichten bezüglich dieser Frage.
51:07 Ja, gut,
51:11 dieser Geist hat sich spezialisiert und kann deshalb, wenn er etwas erforschen will, leer werden und aus dieser Leere heraus etwas Neues entdecken. Das verstehe ich. Aber, ohne irgendeine Spezialisierung ist diese Leere dann offen für alles andere?
51:42 Ich weiß nicht. Aber wir müssen bedenken, dass wir nicht ein spezielles Gebiet neu betrachten wollen, sondern das gesamte Gebiet des Wissens.
51:57 Es ist etwas Außerordentliches, wenn man es versucht.
52:01 Und das ist das Ende des Wissens, Vedanta.
52:05 Das ist die wirkliche Antwort.
52:13 Wenn jemand diese wissenschaftliche Haltung zur Gesamtheit des Wissens einnehmen kann …
52:18 Oh, natürlich.
52:25 Aber wir halten Wissen für erforderlich, um anderes Wissen infrage zu stellen. Einige würden wohl verstört fragen, "Mit welchem Wissen soll ich mein Wissen infrage stellen?"
52:37 Ja. Mit welchem Wissen stelle ich mein Wissen infrage? Genau.
52:54 Unser Wissen kommt vom Durchschauen der Struktur. Wir haben sie logisch, rational untersucht und gesehen, dass sie unvernünftig ist, in sich widersprüchlich und ohne Bedeutung. Das Gebilde des psychischen Wissens hat keine Bedeutung. Das haben wir irgendwie hinter uns.
53:15 Würden Sie dann sagen, von da aus, aus dieser Leere heraus: Gibt es einen Grund oder eine Quelle, von der aus alles seinen Anfang nimmt? Materie, Menschen, ihre Fähigkeiten, ihre Dummheiten, die ganze Bewegung beginnt da.
53:42 Ja, so könnte man es sicherlich sehen. Versuchen wir mal, das klarer zu fassen. Wir haben also die Leere. – Ja,
53:55 Leere ohne jegliche Bewegung des Denkens in Form von Wissen.
54:02 – In Form von psychischem Wissen. – Natürlich.
54:05 Okay. So, nun dann – Und deshalb
54:10 keine Zeit.– Keine psychische Zeit. – Ja, keine psychische Zeit.
54:14 – Wir haben dennoch Uhren. – Ja, natürlich.
54:17 Darüber sind wir hinaus.
54:19 Ich meine nur, dass
54:22 Worte verwirren können, verschiedene Bedeutungen haben.
54:25 Psychische Zeit. Es gibt keine psychische Zeit, keine Bewegung des Denkens. Und ist diese Leere der Anfang aller Bewegung?
54:44 Ist dann die Leere der Grund?
54:47 Das ist meine Frage. Lassen Sie uns da langsam vorgehen. Oder sollen wir das verschieben?
54:55 – Vielleicht sollten wir das behutsamer angehen. – Behutsam, richtig. Wir hören besser auf.
55:15 Nur noch eins. In Kalifornien sagten wir,
55:19 da ist diese Leere und jenseits davon ist der Grund.
55:24 – Genau. Darüber ein andermal. – Wir lassen es jetzt mal.
55:28 – Wann treffen wir uns wieder? – Übermorgen,
55:31 am Samstag. – In zwei Tagen. – Ja.
55:38 In Ordnung, Sir.