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SD70T2 - Kann der menschliche Geist völlig frei von Angst sein?
2. Öffentliche Rede
Staatliche Hochschule San Diego, USA
6. April 1970



0:17 Man muss ernsthaft sein. Nur diejenigen, die wirklich ernsthaft sind, können richtig leben, können ein Leben führen, das vollständig und ganz ist. Und diese Ernsthaftigkeit schließt die Freude nicht aus. Aber so lange man Angst hat, ist es nicht möglich, ernsthaft zu sein und Freude zu empfinden, oder zu wissen, was große Freude ist. Und Angst scheint eine der häufigsten Dinge im Leben zu sein, und seltsamerweise haben wir dies als eine Art zu Leben akzeptiert, genauso, wie wir die Gewalt als eine Art zu Leben akzeptiert haben, haben wir auch akzeptiert, und uns daran gewöhnt, uns sowohl psychisch, als auch physisch zu fürchten.
1:58 Und an diesem Abend, wenn es möglich ist, werden wir dieser Frage nachgehen. Wir sollten dieser Frage so vollständig nachgehen, dass wir sie so vollkommen verstehen, dass wir beim Verlassen dieses Saals oder dieses Ortes, von dieser Angst befreit sein sollten. Ich denke, dass dies möglich ist, es ist nicht bloß eine Theorie oder eine Hoffnung, sondern, wenn man, wie wir es gerade tun, seine vollkommene Aufmerksamkeit dieser Frage nach der Angst widmet, bin ich mir ziemlich sicher, dass man durch die Erforschung der Ursachen, und auch der Herangehensweise an diese, wie auf diese zu schauen ist, wie sie vollständig beendet werden kann, damit unser Geist, der menschliche Geist, der so viel gelitten hat, der so viel Schmerzen ertragen hat, der mit so viel Leid und Angst gelebt hat, sich vollständig von dieser Sache namens Angst befreien kann.
4:11 Und, um diese verstehen zu können, müssen wir uns untereinander relativ gut verständigen können. Verständigung bedeutet, das Wort selbst bedeutet, ein gemeinsamen Erschaffen, ein gemeinsamen Verständnis, eine gemeinsame Arbeit, und nicht, dass Sie einfach dem Redner zuhören, ein paar Worte oder Ideen hören, sondern, dass Sie mit dem Redner gemeinsam eine Reise unternehmen, und dieses komplexe Problem der Angst verstehen lernen. Und, um uns zu verständigen, um diese Reise gemeinsam zu unternehmen, dürfen Sie weder akzeptieren, noch ablehnen, Sie sollten nicht sagen, dass es unmöglich ist, sich von der Angst zu befreien, oder die Angst rationalisieren, oder diese akzeptieren, Sie benötigen einen freien Geist, um der Frage nachzugehen, einen Geist, der keine Schlussfolgerungen hat, der weder sagt, dass es möglich ist, noch, dass es unmöglich ist. Denn wir untersuchen und erforschen gemeinsam. Also müssen Sie frei sein, um untersuchen zu können. Das ist absolut notwendig. Damit man keine Vorurteile hat, die verhindern, die Wahrheit der Sache zu verstehen, von dem "was ist".
6:42 Es gibt viele Formen der Angst, physische, psychische und psychosomatische Ängste. Und, um jeder dieser Formen nachgehen zu können, bräuchte man sehr viel Zeit, eine Vielzahl an Tagen, um jedem Aspekt jeder Angst nachzugehen. Aber ich denke, dass man die Qualität der Angst, der allgemeinen Angst beobachten kann, nicht einer bestimmten Angst, sondern die Natur der Angst, die Struktur der Angst, ohne sich in den Details einer bestimmten Form der eigenen Ängste zu verlieren. Denn, wenn wir die Natur und die Struktur der Angst verstehen, können wir dieses Verständnis dazu nutzen, oder können mit Hilfe dieses Verständnisses den bestimmten Ängsten begegnen. Man hat vielleicht Angst vor der Dunkelheit, physisch, oder man hat Angst vor der eigenen Frau oder dem Mann, oder Angst davor, was die Öffentlichkeit denkt oder sagt. Oder man hat Angst vor dem Gefühl der Einsamkeit, oder der Leere des Lebens, oder der bedeutungslosen Existenz, die man selbst führt. Oder man hat Angst vor der Zukunft, dem Morgen, der Ungewissheit, der Unsicherheit, der Bombe. Oder man hat Angst vor dem Tod, das Ende des eigenen Lebens.
9:51 Also gibt es verschiedene Formen der Angst, neurotische, als auch vernünftige, rationale Ängste, insofern Angst überhaupt rational oder vernünftig sein kann. Aber scheinbar haben die meisten von uns neurotische Angst, sowohl vor der Vergangenheit, vor dem Heute und vor dem Morgen, die Dinge, die man in der Vergangenheit getan hat. Oder auf Grund von Krankheiten und Schmerzen, die man gehabt hat, und man möchte nicht, dass sich diese wiederholen, und daher fürchtet man sich davor. Man hat Angst vor der Zeit, dem Altwerden, Angst senil zu werden, von anderen abhängig zu sein.
11:11 Also ist da die Angst vor der Zeit, Angst vor der Vergangenheit und Angst vor der Zukunft. Und die Angst vor der Einsamkeit, vor dem Tod, vor öffentlichen Meinungen, und diesen nicht zu entsprechen, nicht in der Lage zu sein, erfolgreich zu werden, nicht in der Lage zu sein, sich zu verwirklichen, ein niemand in dieser dummen Welt zu sein, und so weiter. Und es gibt so viele Ängste, nicht nur bewusste Ängste, Ängste, denen man sich bewusst ist, sondern auch Ängste, die tief innen liegen, unentdeckt, unerforscht, in entlegenen Winkeln unseres Geistes.
12:42 Die Frage ist also nicht nur, wie man mit den bewussten Ängsten umzugehen hat, sondern auch mit den Ängsten, die verborgen sind, die Angst vor der Zeit, vor dem Gestern, vor den Dingen, die man getan hat, die Wiederholung dieses Elends, vor dem Morgen, der Ungewissheit, der Unsicherheit, sowohl psychisch, als auch physisch. Und da gibt es die Ängste vor der großen Einsamkeit, und die Flucht, vor dieser Einsamkeit. Gewiss ist die Angst eine Bewegung weg von dem, "was ist", der Flug, die Flucht, die Vermeidung von dem, "was tatsächlich ist", diese Bewegung davon weg, erzeugt die Angst. Daher, wenn es einen Vergleich irgendeiner Art gibt, brütet dieser Vergleich die Angst, sich selbst mit einem anderen zu vergleichen, den man für größer, weiser und nobler hält. Und der Vergleich von dem, was Sie sind und dem, was Sie sein sollten.
15:24 Also ist Angst eine Bewegung weg von dem Tatsächlichen, von dem "was ist", die Bewegung, nicht das Objekt, vor dem man flüchtet. Und die Angst entsteht durch Vergleichen. Und es gibt die Angst, tief in einem verborgen, der man sich nicht bewusst ist. Also sind all diese Probleme sehr komplex. Und keine Angst kann mit dem Willen aufgelöst werden, indem man sagt: "Ich werde keine Angst haben". Der eigene Wille hat keine Bedeutung. Ich hoffe, dass Sie alledem folgen. Dies ist kein Spiel, das ich mit Ihnen spiele, oder, das Sie mit mir spielen. Wir befassen uns mit sehr ernsten Problemen, und daher müssen Sie diesen Ihre Aufmerksamkeit schenken. Und das können Sie nicht tun, wenn Sie interpretieren oder übersetzen, oder das Gesagte mit dem vergleichen, das sie bereits darüber wissen, Sie müssen zuhören. Und die Kunst des Zuhörens muss man erlernen, denn man hört überhaupt nicht zu, man ist ständig am Vergleichen und Bewerten, Beurteilen und Ablehnen. Damit hindern Sie sich daran, wirklich zuzuhören. Einem anderen so vollkommen zuzuhören, impliziert, dass Sie ihm Ihre ganze Aufmerksamkeit schenken, es bedeutet nicht, dass Sie zustimmen oder ablehnen, denn es gibt keine Zustimmung oder Ablehnung, wenn wir gemeinsam untersuchen. Eventuell ist das Mikroskop, durch das Sie schauen, unklar oder blind. Wenn Sie ein Präzisionsinstrument haben, dann werden Sie das selbe sehen, das auch ein anderer sieht. Also stellt sich die Frage von Zustimmung oder Ablehnung nicht. Also versuchen wir diese Frage
19:05 nach der Angst zu untersuchen, also müssen Sie Ihre Aufmerksamkeit benutzen, denn es ist Ihr Leben, denn die Angst betäubt den Geist, sie macht den Geist gefühllos und stumpf. Wie kann ein Geist, der Angst hat, lieben? Was kann ein Geist, der abhängig ist, von Freude wissen, außer Angst? Also
19:47 sowohl bewusste, als auch verborgene Ängste. Wie beginnt man die Untersuchung, wie offenbart man die verborgenen Ängste? Und, wenn man sie offenlegt, wie wird man sich von ihnen befreien, wie kann sich der Geist von ihnen befreien? Das ist die erste Frage. Bitte folgen Sie dem, Sie müssen es selbst tun, Sie müssen es selbst beobachten, der Redner gibt Ihnen nur hinweise. Wie gelingt es, die verborgenen Ängste zu öffnen,
20:48 diese offen zu legen? Man kennt die bewussten Ängste, und wie man mit diesen umgeht, besprechen wir in Kürze. Aber es gibt die verborgenen Ängste, die vielleicht noch wichtiger sind. Wie beschäftigt man sich mit diesen, wie legt man diese offen?
21:15 Darf ich meinen Anzug ausziehen? Haben Sie etwas dagegen?
21:21 Also untersuchen wir, wie die tiefen Schichten der verborgenen Ängste offengelegt werden können. Können diese durch Analyse offengelegt werden? Diese analysieren und ihre Ursachen sehen. Wird die Analyse den Geist von der Angst befreien, nicht von einer bestimmten neurotischen Angst, sondern von der gesamten Struktur der Angst. Analyse? Die Analyse impliziert Zeit, viele, viele Tage, Jahre oder Ihr ganzes Leben, und am Ende verstehen Sie vielleicht ein wenig davon, aber Ihr Leben ist dann schon fast vorbei. Und die Analyse impliziert auch den Analysator. Wer ist der Analysator? Ist es der Therapeut, der Experte, der einen Titel hat, der Ihre tiefen verborgenen Ängste analysieren wird? Und er wird auch Zeit in Anspruch nehmen und daher auch Ihr Geld.
23:21 Also impliziert die Analyse den Analysator, der der Zensor ist, der das Resultat von vielen Arten an Konditionierungen ist. Und er wird die Angst analysieren, die er selbst erschaffen hat. Richtig? Ich hoffe, dass Sie alledem folgen, denn unsere Absicht ist es, dass Sie beim Verlassen dieses warmen Saales, keine Form der Angst mehr haben. Es ist machbar. Und dann werden Sie ein ganz anderes Leben kennenlernen, Sie werden wahrhaftige Freude kennen, einen Geist, der vollständig frei von dieser furchtbaren Sache ist, die wir Angst nennen. Und, um davon frei zu sein, müssen wir gemeinsam den Weg gehen. Sie werden genauso hart daran arbeiten, wie es der Redner tut.
25:14 Also impliziert die Analyse Zeit und den Analysator. Bitte sehen Sie diese Wahrheit, nicht als eine Meinung der Redners, der sie Ihre eigene gegenüberstellen, oder die Meinung oder das Wissen eines anderen, sehen Sie die Tatsache, dass eine Analyse Zeit benötigt. Und das Intervall zwischen dem, das Sie analysieren und dessen Ende bedingt einen Zeitverlauf und daher jede Menge anderer Faktoren, die der Sache eine andere Richtung geben. Der Analysator ist ein Fragment unter vielen anderen Fragmenten, die das "Selbst", das "Ich", das "Ego" ausmachen.
26:15 Also wird er zum Analysator, er übernimmt die Autorität des Analysators, und seine Analyse muss jedes Mal vollständig sein, denn was für einen Sinn hat sonst eine Analyse? Also führt die Analyse, die Zeit und Fragmentierung impliziert nicht zum Ende der Angst. Ist das ein einigermaßen klar? Wenn Sie dies erkennen, bedeutet dies, dass Sie die Idee einer schrittweisen Veränderung komplett beiseite gelegt haben, denn der Faktor der Veränderung, ist einer der Hauptursachen der Angst. Sind Sie alle fasziniert? Denn für mich, für den Redner, ist dies eine sehr wichtige Sache, daher hat er starke Gefühle, er spricht intensiv, er macht keine Propaganda, Sie können keiner Sache beitreten, es gibt nichts, an das Sie glauben können, Sie können nur beobachten und lernen und sich damit von der Angst befreien.
28:15 Also ist Analyse keine Lösung. Wissen Sie, was es bedeutet, wenn Sie die Wahrheit darin erkennen? Es bedeutet, dass Sie nicht länger aus der Sicht des Analysators denken, der untersuchen wird, der analysieren wird, der beurteilen und bewerten wird, daher ist Ihr Geist von dieser Last der Analyse befreit, daher hat er die Möglichkeit direkt zu beobachten. Und,
29:29 wenn Analyse nicht die Lösung und daher der falsche Weg ist, wie sollen Sie dann auf die Angst schauen? Wie werden Sie die ganzen Zusammenhänge erkennen, all die verborgenen Teile der Angst? Durch Träume? Träume sind die Fortsetzung der Stunden des Wachseins, während des Schlafes. Oder nicht? Folgen Sie alledem? Ich weiß nicht, ob Sie bemerkt haben, dass es in den Träumen immer lebhaft zugeht, man tut etwas oder etwas passiert, was das selbe ist, wie in den Stunden des Wachseins. Die Fortsetzung der Stunden des Wachseins, durch die Träume, während man schläft, ist immer noch ein Teil der ganzen Bewegung. Also sind Träume wertlos. Akzeptieren Sie all dies? Ich hoffe sehr, ich bin mir sicher, dass Sie es nicht tun, aber das macht nichts. Denn Sie sehen, was passiert, wir eliminieren die Dinge, an die Sie gewohnt sind: Analyse, Träume, Wille, Zeit, und wenn Sie diese eliminieren, wird der Geist außerordentlich feinfühlig. Und durch diese Eliminierung, wird er nicht nur feinfühlig, sondern auch intelligent.
32:07 Nun werden wir mit dieser Feinfühligkeit und Intelligenz auf die Angst schauen. Richtig? Gehen wir den Weg gemeinsam? Wissen Sie, es ist ein großer Spaß, wenn Sie sich wirklich darin vertiefen, denn Sie drehen sich dann weg, und Sie kehren der sozialen Ordnung Ihren Rücken zu, in der Zeit, Analyse und der Wille funktionieren.
32:53 Was also ist Angst? Was ist Angst, wie entsteht sie? Die Angst hat immer einen Bezug zu einer Sache, sie existiert nicht allein für sich. In Bezug zu etwas, das dauerhaft ist, zu einer anderen Sache, die ebenfalls dauerhaft ist. Richtig? Man hat Angst, vor dem, was gestern passiert ist, und, dass es sich morgen wiederholen könnte, sei es nun ein Schmerz oder eine andere Sache, es gibt immer einen fixen Punkt, zu der ein Bezug besteht. Wir werden dieser Sache gleich nachgehen.
34:14 Wir haben also gesagt, dass Angst nur in Bezug zu einer anderen Sache existiert. Ansonsten gibt es keine Angst. Ein Bezug zur Vergangenheit. Die Erinnerung an die vergangenen Schmerzen, und man möchte nicht, dass sich diese morgen oder heute wiederholen. Also ein Bezug, zu einer Sache, die bereits geschehen ist. Und was ist Angst? Sie hatten gestern Schmerzen, das ist offensichtlich, Sie haben diese gehabt. Oder es gibt einen Plan für morgen, der vielleicht nicht zustande kommt.
35:21 Also gibt es Angst vor dem gestrigen Tag, und es gibt Angst vor dem morgigen Tag. Wie entsteht diese Angst? Nicht ich stelle diese Frage, sondern Sie. Also arbeiten Sie hart daran. Ich hatte gestern offensichtlich Schmerzen, und ich habe Erinnerungen daran, und ich möchte die Schmerzen morgen nicht erneut haben. Wie kommt nun die Angst ins Spiel? Das Denken über die Schmerzen von gestern, die Erinnerungen an die Schmerzen von gestern, das Denken projiziert die Schmerzen auf morgen und somit entsteht die Angst vor morgen. Also erzeugt das Denken die Angst. Richtig? Nein? Folgen Sie mir? Das Denken weckt und erzeugt die Angst, und das Denken kultiviert auch das Vergnügen. Um die Angst verstehen zu können, müssen Sie auch das Vergnügen verstehen, denn diese hängen zusammen, ohne die eine Sache zu verstehen, können Sie die andere nicht verstehen. Sie können zum Beispiel nicht sagen: "Ich darf nur Vergnügen haben und keine Angst". Denn die Angst ist die andere Seite der Medaille, die wir Vergnügen nennen. Richtig? Folgen wir einander?
37:48 Man hatte gestern Vergnügen, sexuell oder auf eine andere Art, Sie denken darüber nach, über das Bild, und Sie wiederkäuen das Vergnügen, Sie denken darüber nach. Und Sie werden es morgen vielleicht nicht mehr haben. Also erzeugt das Denken die Angst. Ich denke, dass das ziemlich klar ist, oder?
38:33 Also hält das Denken nicht nur das Vergnügen aufrecht, sondern nährt auch die Angst, und das Denken hat sich als der Analysator abgespalten, denn die Sache, die man analysiert, ist auch Teil des Denkens. Also spielt sich das Denken selbst einen Streich. Daher lautet die Frage: Wenn das Denken all diese Dinge tut, das Denken, das es ablehnt die verborgenen und unbewussten Ängste zu untersuchen, das Denken, das den Analysator von der analysierten Sache getrennt hat, das Denken, das die Zeit ins Spiel gebracht hat, als ein Mittel, um der Angst zu entkommen, aber diese aufrecht erhält, und das Denken, das das Vergnügen nährt, was überhaupt nichts mit Freude zu tun hat, denn die Freude ist kein Produkt des Denkens, es ist kein Vergnügen. Sie können das Vergnügen kultivieren, Sie können endlos darüber nachdenken, und daran großes Vergnügen finden, aber mit der Freude können Sie das nicht tun. In dem Augenblick, in dem Sie es versuchen, ist sie verschwunden. Dann wird es zu einer Sache, von der Sie Vergnügen ableiten, und daher zu einer Sache, die Sie Angst haben zu verlieren.
41:07 Also ist das Denken für beides, dem Vergnügen und der Angst, verantwortlich. Und das Denken hat auch Angst davor vollkommen allein zu sein. Das Denken hat es bereits verurteilt, und daher erfindet das Denken einen Weg, um vor der Einsamkeit zu flüchten, durch verschiedene Formen der religiösen Unterhaltung, oder kulturell, oder auf eine andere Art, die endlose Suche nach weiteren und tieferen Abhängigkeiten.
42:10 Also ist das Denken verantwortlich. Was soll man nun tun? Ich hoffe, dass Sie all dies verstehen. Was soll man tun, wenn man erkennt, dass das Denken, das die Reaktion des Gedächtnisses auf jede noch so kleine oder große Herausforderung ist, die das Vergnügen und die Angst aufrecht erhält, das sind alles Fakten und nicht die Erfindungen des Redners, oder seine sonderbare Philosophie oder Theorie, dies sind absolute und täglich beobachtbare Fakten. Dann ist die nächste Frage: Was soll man tun? Das Denken ist da, Sie können es nicht töten, Sie können es nicht zerstören, Sie können nicht sagen: "nun ja, ich werde es vergessen", Sie können nicht widerstehen, wenn Sie es tun, ist das erneut eine Form des Denkens. Das Denken ist die Reaktion des Gedächtnisses. Und Sie benötigen dieses Gedächtnis, um täglich funktionieren zu können, um ins Büro zu gehen, um nach Hause zu gehen, um sprechen zu können, dieses Gedächtnis, ist das Lager Ihres technischen Wissens. Also brauchen Sie dieses Gedächtnis.
44:40 Und Sie sehen auch, dass das Gedächtnis die Angst stärkt, durch das Denken, indem Sie gestern Vergnügen hatten, Sie haben die Schönheit des Sonnenuntergangs gesehen, und Sie möchten die selbe Erfahrung erneut wiederholen, entweder mit Hilfe von Drogen, oder indem Sie an diesen bestimmten Ort gehen, und in das wunderbare Licht schauen. Und, wenn es nicht erneut eintritt, erleiden Sie Schmerzen, Enttäuschung und Frust. Also Denken. Sie benötigen das Gedächtnis mit der Klarheit des Denkens auf eine bestimmte Art, technisch, um täglich funktionieren zu können, um den Lebensunterhalt zu verdienen und so weiter. Und Sie sehen auch die Tatsache, dass das Denken die Angst weckt.
46:09 Was soll man tun? Was soll der Geist tun? Haben Sie die Frage verstanden? Ist sie klar? Sie stellen sich die Frage selbst, ich stelle Ihnen die Frage nicht. Wenn Sie die Frage des Redners annehmen, dann ist es nicht Ihre Frage. Wenn es Ihre Frage ist, und sie muss es sein, nach dieser Untersuchung, wenn sie es nicht ist, sind Sie eingeschlafen. Wenn es Ihre eigene Frage ist, wie werden Sie diese beantworten? Wie werden Sie diese Frage beantworten, nachdem Sie die verschiedenen Fakten der Analyse, der Zeit, der Flucht und der Abhängigkeiten gesehen haben, Sie sehen, dass die Bewegung weg von dem "was ist" bereits Angst ist, diese Bewegung selbst ist die Angst. Nachdem Sie all dies beobachtet haben, und die Wahrheit dieser Dinge erkennen, keine Meinung, keine lässige Bewertung, was ist Ihre Antwort auf diese Frage, dass das Denken höchst effizient funktionieren muss, vernünftig, und zur gleichen Zeit auch eine Gefahr darstellt, denn sie erzeugt auch die Angst.
48:40 Bevor Sie nun diese Frage beantworten, in welchem Zustand befindet sich der Geist, der durch diese Untersuchung gegangen ist? Verstehen Sie, was ich meine? Wie tief ist das Verständnis Ihres Geistes, des Geistes, der all diese verschiedenen Dinge untersucht und entlarvt hat, die erklärt oder beobachtet wurden, wie ist der Zustand Ihres Geistes jetzt, denn auf diesem Zustand basierend werden Sie antworten. Wenn Sie den Weg nicht mitgegangen sind, haben Sie keine Antwort. Aber wenn Sie den Weg Schritt für Schritt mitgegangen sind, und jeder Sache nachgegangen sind, die wir angesprochen haben, dann werden Sie sehen, dass Ihr Geist außerordentlich intelligent und feinfühlig geworden ist, denn er hat sich von allen Lasten befreit, die er angesammelt hatte.
50:10 Dann stellt sich die Frage, wie Sie den gesamten Prozess des Denkens beobachten? Denken Sie aus einem Zentrum heraus? Bitte folgen Sie alledem. Das Zentrum, das der Zensor ist, derjenige, der urteilt, bewertet, verurteilt und rechtfertigt. Denken Sie immer noch aus diesem Zentrum heraus? Oder es gibt überhaupt kein Zentrum mehr, aus dem heraus man denkt, und dennoch denken Sie. Richtig? Sehen Sie den Unterschied? Wird Ihnen das zu viel? Bitte sagen Sie es mir.
51:28 Nein? Das wundert mich, denn ich fürchte, dass Sie mir kaum zuhören.
51:42 Schauen Sie. Das Denken hat ein Zentrum in Form des "Ich" erzeugt. Ich, meine Meinung, mein Land, mein Gott, meine Erfahrungen, mein Haus, meine Möbel, meine Frau, meine Kinder, mein Land, Sie wissen schon, ich, ich und ich. Das ist das Zentrum, von dem aus Sie handeln und denken. Dieses Zentrum erzeugt eine Trennung. Und wegen dieses Zentrums und dieser Trennung muss es zu Konflikten kommen. Wenn Ihre Meinung der Meinung eines anderen gegenübersteht, mein Land, dein Land und diese Dinge. Trennung. Das bedeutet, dass dieses Zentrum immer trennend wirkt. Und, wenn Sie von diesem Zentrum heraus denken, und die Angst von diesem Zentrum heraus beobachten, sind Sie in der Angst gefangen, denn dieses Zentrum hat sich von dieser Sache, die es Angst nennt, getrennt. Und daher sagt dieses Zentrum: "Ich muss davon loskommen", "ich muss es analysieren", "ich muss es überwinden und dagegen ankämpfen". Und dadurch verstärken Sie die Angst.
53:26 Kann also der Geist auf die Angst schauen, was wir etwas tiefer untersuchen werden, ohne dieses Zentrum zu verwenden? Können Sie auf diese Angst schauen, ohne diese zu benennen? Denn sobald Sie es als Angst bezeichnen, handelt es sich bereits um die Vergangenheit, denn Sie haben es benannt. Folgen Sie alledem? Trennen Sie nicht eine Sache, indem Sie diese benennen? Die Weißen und die Schwarzen, und die Braunen und die Kommunisten, ist es nicht so? Und diese Trennung ist eine Form des Widerstandes, des Konfliktes und der Angst.
54:33 Also lautet die Frage: ohne das Zentrum zu beobachten, und diese Sache namens Angst nicht zu benennen, wenn sie auftaucht. Dies alles verlangt enorme Disziplin. Sie wissen, dass das Wort Disziplin bedeutet, dass man etwas von jemandem lernt. Aber Sie lernen nicht von dem Redner, sondern Sie lernen von sich selbst.
55:18 Und, wenn Sie all dies sehr genau und mit Sorgfalt beobachten, was Zuneigung und Aufmerksamkeit bedeutet, dann schaut der Geist ohne das trennende Zentrum, an welches es sich gewöhnt hat. Daher findet die Angst ein Ende, sowohl die verborgene, als auch die sichtbare. Falls Sie es heute Abend nicht getan haben, nehmen Sie es nicht mit nach Hause, um darüber nachzudenken. Die Wahrheit ist etwas, das Sie unmittelbar sehen müssen. Und, um etwas klar und unmittelbar sehen zu können, muss man sein Herz, seinen Verstand und sein ganzes Sein geben.